Lichtenau-Dalheim. Genug gehört und alles gesagt? Dann könnte ein Besuch im LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Dalheim eine passende Abwechslung sein. Wer am Tag des Schweigens am Sonntag, 9. März, die Klausur des ehemaligen Klosters Dalheim betritt, macht es wie die Dalheimer Ordensleute im Mittelalter und spart sich jedes Wort.
Zum Beginn der Fastenzeit lässt die Stiftung Kloster Dalheim laut einer MItteilung des LWL die klösterliche Tradition des Schweigens wieder aufleben: Mehr als 20 Stationen laden die Museumsgäste zur „Schweige-Challenge“ ein. Sie reichen demnach vom „stillen Chillen“ in der Klosterkirche über einen kleinen japanischen Zen-Garten zum Mitgestalten bis hin zum Balance-Brett im Miniatur- und Großformat. Auch das Klosterwirtshaus macht mit: Hier gibt es die Möglichkeit, im Stillen zu speisen.
Die Veranstaltung baut auf die preisgekrönte Dauerausstellung in der mittelalterlichen Klausur des Klosters auf, die den Alltag der Ordensleute in den Mittelpunkt rückt. „Der Tag des Schweigens geht noch einen Schritt weiter und lässt das Lebensgefühl der Dalheimer Ordensleute hinter die Klostermauern zurückkehren“, ist Museumsdirektor Ingo Grabowsky überzeugt: „Was bis heute in vielen Klöstern Realität ist, dürfen die Museumsgäste hier im Selbstversuch ausprobieren. Mit dem ’Tag des Schweigens’ beruft sich das Kloster Dalheim auf eine der ältesten Tugenden klösterlichen Lebens und knüpft gerade damit an die Gegenwart an. Dabei geht es um das bewusste Innehalten und den Verzicht in Zeiten, in denen wir ständig smalltalken, livestreamen, tiktoken, facetimen und Sprachnachrichten senden“, so Grabowsky.

Mitmach-Stationen verstärken Wirkung des Schweigens
Wenn die Besucherinnen und Besucher am Sonntag die Dalheimer Klausur betreten, wird es ernst mit dem Schweige-Experiment: „Der ,Tag des Schweigens’ bietet die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven zur Kunst des Schweigens kennenzulernen“, erläutert die Kulturvermittlerin Christiane Wabinski den Ansatz der Veranstaltung. Dabei machten die Mitmach-Stationen auch auf die unterschiedlichen Aspekte und Wirkungen der Stille aufmerksam.
Für die sechste Auflage hat das Team der Stiftung 23 Mitmach-Stationen für Gäste zusammengestellt: Der Versammlungssaal des Konvents, der Kapitelsaal, erinnert an den Ursprung des klösterlichen Schweigens in der rund 1.500 Jahre alten Benediktregel. In der Klosterkirche lässt die eigene Wortlosigkeit die traditionellen klösterlichen Chorgesänge wirken.
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Im Kreuzgang erfahren Museumsgäste, wie lang sich eine Minute ohne Worte anfühlen kann, und was Dichter und Denker über das Schweigen zu sagen haben. Bei einem Balance-Tischspiel und auf einem Balance-Brett üben sie sich in Geduld, Ausgeglichenheit und Geschick.
In einem Raum darf gesprochen werden
Die eigene Entspannung kann beim Gestalten eines japanischen Zen-Gartens bewusst erlebt werden: Das Formen des kleinen Steingartens lädt zur Meditation ein und im Kräuterkeller verrät Hildegard von Bingen, was gegen Stress hilft. Aber auch für Quasselstrippen und Dampfplauderer ist gesorgt: Wie im Mittelalter darf im Parlatorium - einem Raum mitten in der Klausur - gesprochen werden.
Außergewöhnlich geht es auch im Klosterwirtshaus zu: Im Schonlau-Saal werden von 12 bis 17 Uhr frische regionale Gerichte mit der Möglichkeit serviert, diese schweigend zu bestellen und zu genießen - ein stilles Wasser gibt es gratis dazu.
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INFORMATION
Schweigen als Ordensregel
Bereits bei den ägyptischen Mönchsvätern im dritten Jahrhundert nach Christus hatte das Schweigen eine große Bedeutung, heißt es vom LWL. Sie glaubten, dass zu viele Worte der Erfahrung Gottes im Wege stünden. Auch der Heilige Benedikt legte in seiner Klosterregel von 540 an mehreren Stellen fest, dass die Ordensleute - außer während der Liturgie - schweigen sollten. An ein solches Schweigegelübde halten sich Brüder und Schwestern vieler Ordensgemeinschaften bis heute.
Im Zuge des Schweige-Experiments will das LWL-Museum seine Besucherinnen und Besucher auch einladen, über unterschiedliche Dimensionen des bewussten Verzichts gestern und heute zu reflektieren. So verbrachten die Augustiner-Chorherren in Dalheim einen Großteil ihres Klosterlebens im Schweigen. Sie verzichteten aber nicht nur auf das Sprechen, sondern mit dem Eintritt ins Kloster auch auf ihre alte Identität oder ihren privaten Besitz.