Ausstellung im Kloster Dalheim: Als die Nazis Weihnachten abschaffen wollten

Lichtenau-Dalheim. Aktuell stehen schon viele Weihnachtsbäume festlich geschmückt in den Häusern, viele Menschen sind noch unterwegs, um die letzten Weihnachtsbesorgungen zu tätigen und auch noch auf dem letzten Drücker Geschenke zu besorgen. Viele Heilige Messen, vor allem die Christmette, werden über die Weihnachtsfeiertage zelebriert. Und auch der Nikolaus und das Christkind gehören für viele zum Advent und zu Weihnachten – das alles sollte aber vor knapp 100 Jahren verschwinden. Die Nationalsozialisten wollten das christliche Weihnachten abschaffen und stattdessen ein eigenes Fest einführen: das skandinavisch und heidnisch geprägte Julfest. &bdquo;In den 1920er-Jahren wurde die neu-heidnische Bewegung immer lauter und einflussreicher. Ideologen wie Alfred Rosenberg spielten da eine Rolle. Man wollte eine Volksreligion, die sich von den Germanen ableitet, aufbauen“, erklärt Museumsleiter Ingo Grabowsky. Daher bot sich das nordische Julfest an. Im Kloster Dalheim erinnert die Ausstellung &bdquo;Und vergib uns unsere Schuld?“ an die Kirchen und Klöster im Nationalsozialismus. Dabei werden auch die Vorstellung und Pläne der Nazis vom Julfest erläutert und auch mit Exponaten eindrucksvoll gezeigt (noch bis Mai 2025). &bdquo;Man wollte eine Volksreligion, die sich von den Germanen ableitet, aufbauen“ &bdquo;Die Nazis wollten das Christentum durch eine neue völkisch-nationale Religion ersetzen. Das Weihnachtsfest sollte von der christlichen Tradition gelöst werden“, erklärt Museumsleiter Ingo Grabowsky in einer Mitteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Führende Nationalsozialisten wie Hitler oder Goebbels seien antichristlich und antikirchlich eingestellt gewesen. Allerdings hätten sie sich öffentlich anfangs mit ihren Ansichten zurückgehalten, um die Menschen nicht gegen sich aufzubringen. Auch sei Hitler nie aus der Kirche ausgetreten. &bdquo;Die Nazis haben die Kirche sicher auch als Konkurrenz gefürchtet“, nennt Grabowsky auch einen weiteren Beweggrund und fügt an: &bdquo;Zu der Zeit waren 99 Prozent der Deutschen kirchlich gebunden.“ In den 1930er-Jahren seien zwei Drittel der Deutschen evangelisch gewesen. Weil die Weimarer Verfassung die enge Verbindung von Staat und evangelischer Kirche aufgelöst hatte, fühlten sich viele Protestanten untergebuttert, so Grabowsky, und hofften auf Hitler und die Nazis. Sehr viele evangelischen Pfarrer seien auch Mitglied der NSDAP gewesen.Die Nazis wollten aber nach und nach ihr Vorhaben umsetzen. Weihnachtsschmuck, Gebäck oder Lieder sollten von christlichen Bezügen bereinigt werden, auch ein sogenannter Vorweihnachtskalender sollte den Adventskalender ersetzen. Nikolaus und Christkind sollten durch Sagengestalten ersetzt werden &bdquo;Auch wurde versucht, den Nikolaus und das Christkind durch den Weihnachtsmann und andere Gestalten der Sagenwelt zu ersetzen“, erklärt der Museumsleiter. Das habe aber trotz eines riesengroßen Aufwands der Nazis nicht wirklich funktioniert. In den allermeisten Stuben feierten die Menschen ihr Weihnachtsfest wie immer. Die christlichen Traditionen seien so stark gewesen, dass der Erfolg dieser Politik überschaubar blieb. &bdquo;Christliche Traditionen und der Glaube gaben vielen Menschen auch die Kraft, um die Kriegsjahre zu überstehen.“ Wohl feierten SS-Leute mit ihren Familien statt Weihnachten das Julfest mit Julleuchtern. &bdquo;Die SS hatte sogar ein eigenes Glaubensbekenntnis, das im Grunde genommen eine üble Parodie des christlichen Glaubensbekenntnisses war“, weiß Grabowsky. Die Nazis waren auch schon so weit mit ihrer neuen Religion, dass &bdquo;Taufen“ von SS-Männern übernommen wurden, auch Hochzeiten. Grabowsky: &bdquo;Ziel war es unter anderem, den Einfluss der Priester abzuschaffen. Im Krieg bemühte sich Hitler aber zunächst um einen Burgfrieden im Innern. Eine Abrechnung mit den Kirchen plante er für die Zeit nach Kriegsende.“ Zudem sollte das Weihnachtsfest zu einem &bdquo;Fest der allgemeinen Mutterschaft“ umgedeutet werden. &bdquo;Die Nazis wollten Weihnachten nutzen, um den Mutterkult zu feiern. Wie einen zweiten Muttertag. Nicht zuletzt wurde das sogenannte Mutterkreuz zu Weihnachten 1938 ins Leben gerufen“, erklärt der Museumsleiter. Die Nazis wollten Weihnachten nutzen, ?um den Mutterkult ?zu feiern“ Neben den Julleuchtern und Julkugeln mit Hakenkreuzsymbolen am Weihnachtsbaum sollten noch viel mehr christliche und jüdische Symbole verschwinden. Innerhalb der evangelischen Kirche bemühte sich die den Nationalsozialisten nahestehende Bewegung der Deutschen Christen darum, die Kirchengesangbücher &bdquo;judenfrei“ zu machen. &bdquo;Zum Beispiel wurden die Begriffe Cherubim und Seraphim getilgt. Bei der Bibel hat die sogenannte &bdquo;Entjudung“ aber nicht funktioniert. Da war der Widerstand innerhalb der Kirche zu groß“, erklärt der Museumsleiter. Unter dem Strich sei es den Nationalsozialisten in ihrer Herrschaftszeit von gut zwölf Jahren aber nicht gelungen, christliche Traditionen zu beseitigen. &bdquo;Spuren ihrer Politik sind aber bis heute zu finden“, betont Ingo Grabowsky. Zum Beispiel werde das bekannte Sternsingerlied &bdquo;Es ist für uns eine Zeit angekommen“ bis heute meist in einer von den Nationalsozialisten bereinigten Form gesungen, die keine religiösen Bezüge mehr enthält. Für das Singbuch &bdquo;Deutsche Kriegsweihnacht“ hätten die Nazis das Lied zu einem Winterlied umgedichtet. Heino singt heute noch ein Lied mit Bezug zum Nationalsozialismus Auch das 1936 veröffentlichte Winterlied &bdquo;Hohe Nacht der klaren Sterne“ wird heute noch gesungen, unter anderem vom Schlagerstar Heino. &bdquo;Dabei ist gerade bei diesem Lied der Bezug zum Nationalsozialismus augenfällig. Klarer geht es kaum. Es wurde von Hans Baumann gedichtet, der auch das NS-Kampflied &bdquo;Es zittern die morschen Knochen“ geschrieben hat“, berichtet Dalheims Museumsleiter, der auch bedauert, dass &bdquo;der Weihnachtsmann uns heute noch allerorten begegnet“.

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