Wasserstoff-Zukunft für OWL wird im Kreis Paderborn gemacht

Lichtenau. Manchmal muss man auch Glück haben. In Lichtenau ist es das Glück der passenden Infrastruktur zur richtigen Zeit. Die Energiestadt ist nicht nur Hochburg der Windkraft im Paderborner Land, unter der Erde liegt auch eine sechs Kilometer lange Erdgashochdruckleitung. Beides sind Grundlagen für ein Pionierprojekt der Wasserstofferzeugung, in das Netzbetreiber Westfalen Weser (WW) sowie Stadt und Stadtwerke Lichtenau Millionen investieren. Jetzt ist klar: Mitte 2027 soll die Produktion beginnen. Nach Jahren der Planung wird die Sache konkret. Westfalen-Weser-Chef Andreas Speith will für den Wirtschaftsstandort OWL einen Wasserstoff-Markt etablieren und sagt zudem: &bdquo;Wasserstoff ist die einzige Chance, um die volatile Wind- und Sonnenenergie in Langzeitspeichern zu lagern.“ Die Erfahrungen aus Lichtenau würden in der Energiebranche deutschlandweit genau beobachtet. Bürgermeisterin Ute Dülfer (parteilos) sieht im Projekt &bdquo;einen Meilenstein für die Stadt“. Das Vorhaben &bdquo;Schlafender Riese“ soll rund 29,2 Millionen Euro kosten und ein Modellprojekt für die Energiewende und die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger sein. Die überregionale Bedeutung wird durch die Landesförderung von 11,2 Millionen Euro deutlich. Von den restlichen 18 Millionen trägt WW knapp 90 Prozent, die Stadt bringt sich mit dem Grundstück ein, den Rest steuern die Stadtwerke aus Gewinnen der sechs eigenen Windräder zu. Ausschreibung für Lichtenauer Projekt läuft Im Dezember haben Westfalen Weser, Stadtwerke und Stadt nun eine gemeinsame Gesellschaft gegründet. Geschäftsführer ist Westfalen-Weser-Mann Steve Flechsig. Mittlerweile läuft schon die europaweite Ausschreibung des Anlagenbaus. Zudem gibt es Gespräche, noch weitere Partner, etwa aus der Industrie, ins Boot zu holen. Die Idee des Projekts: Ein Zehn-Megawatt-Elektrolyseur soll mithilfe von Windkraft und Wasser grünen Wasserstoff für die umliegende Industrie und auch für Wasserstofftankstellen produzieren. Entstehen wird die Anlage bis Mitte 2027 auf einem 6.000-Quadratmeter-Grundstück im neuen Abschnitt des Gewerbegebiets am Masenheimer Weg. Lastwagen sollen dort künftig die gasförmige Fracht abholen können. Lesen Sie auch: NRW vergibt elf Millionen Euro für Wasserstoff-Großprojekt nach Lichtenau Die vorhandene Erdgashochdruckleitung wird zusätzlich für den Transport und die temporäre Speicherung ertüchtigt. Georg Wigge, Geschäftsführer der Stadtwerke Lichtenau, sagt: &bdquo;Mit der Wasserstoffproduktion investieren wir in eine zukunftsträchtige Möglichkeit, Sektoren wie Strom mit Wärme und Verkehr zu koppeln.“ Geprüft werde im Betrieb auch, ob die Abwärme des Elektrolyseurs als Quelle für ein Nahwärmesystem in Lichtenau dienen kann. Diese Idee fließt in die anstehende Wärmeplanung der Stadt ein. Verläuft die Prüfung positiv, könnte ein solches Netz zum Ende des Jahrzehnts in Betrieb gehen. Auch die Beimischung von Wasserstoff ins Erdgasnetz ist eine der Projektaufgaben. Windräder sollen weniger still stehen Der Windstrom für die Wasserstofferzeugung kommt aus dutzenden Windrädern rund um Lichtenau - mit Umweg über das Umspannwerk in Henglarn. Dieses ist nach Einschätzung von Projektchef Flechsig das am häufigsten abgeriegelte in NRW, weil die Windräder mehr Strom liefern, als die Netzkapazität hergibt. Auch Windriesen werden dadurch regelmäßig ausgebremst. &bdquo;Durch den Elektrolyseur bekommen wir aber einen neuen Abnehmer, so dass wir mehr grünen Strom nutzen können“, sagt WW-Chef Speith. Das Besondere: Wasserstoff wird nicht nur &bdquo;grün“ erzeugt. Er dient in der dicken Sechs-Kilometer-Leitung auch zur Speicherung von Energie aus Windkraft, die während Netzüberlastungen nicht ins Stromnetz gespeist werden kann. Ende 2024 habe der TÜV die Erdgashochdruckleitung überprüft und die Maßnahmen zur Ertüchtigung festgelegt. Flechsig sagt: &bdquo;Wenn wir einen solchen Speicher noch hätten anlegen müssen, würde er uns rund 15 Millionen Euro kosten.“ Auch interessant: Codename &bdquo;Schlafender Riese“: Großes Wasserstoff-Projekt in OWL startet Gerade die Speicherung sei neben dem Netzausbau die größte Herausforderung in der Energiewende, analysiert Speith. Funktioniert der &bdquo;Schlafende Riese“ wie erhofft, könnte er, je nach Bedarf der Industrie, noch vergrößert werden. Ziel der Projektpartner ist es auch, ein Modell zu schaffen, das an Interessenten weiterverkauft werden kann. Die Hoffnung aller Beteiligten: &bdquo;Wenn immer mehr Infrastruktur entsteht, werden auch die Preise des Wasserstoffs als Energieträger immer wirtschaftlicher.“

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