
Lichtenau. Vor sechs Jahren schaffte ein Dreier-Bündnis die Sensation in Lichtenau. SPD, FDP und Grüne hievten 2014 Josef Hartmann als ersten SPD-Bürgermeister auf den Chefsessel im Rathaus – mit 57 Prozent der Stimmen. Ein Zweierbündnis von SPD und FDP soll im Herbst 2020 für eine Wiederholung sorgen – mit der parteilosen Kandidatin Ute Dülfer aus Kleinenberg an der Spitze.
Die 48-Jährige ist Sachgebietsleiterin in der Paderborner Stadtverwaltung und beschreibt sich selbst als „ergebnisorientiert, zielstrebig und ehrgeizig“. Dazu passt, dass sie die Initiative übernahm, als klar war, dass Hartmann nicht mehr antritt. Kurzerhand bewarb sie sich selbst in ihrer Heimatstadt bei SPD-Stadtverbandschef Wolfgang Scholle um die Rolle als Zugpferd im Wahlkampf. „Unter Josef Hartmann hat es sechs Jahre lang eine super Arbeit gegeben. Daran möchte ich anknüpfen“, sagt die Ur-Kleinenbergerin, die als Tochter von Bau-Unternehmer Willi Hagelüken zunächst eine Maurer-Lehre absolvierte, danach ein Bauingenieur-Studium abschloss und seit 2008 in der Paderborner Verwaltung arbeitet. Mittlerweile führt sie beim städtischen Gebäudemanagement das Team für Bau-Unterhaltung mit 28 Mitarbeitern.
Als Themenschwerpunkte ihrer Bürgermeister-Kampagne in Lichtenau nennt sie die Digitalisierung, den Erhalt der Bildungs-Infrastruktur mit Kitas und Schulen sowie notwendige Aufforstungen des Kommunalwaldes. In Lichtenau ist viel in Bewegung, allen voran der Klimacampus der Realschule. Laut Wolfgang Scholle werden in den kommenden Jahren mehr als 20 Millionen Euro für öffentliche Vorhaben verbaut. Bürgermeister-Kandidatin Dülfer sagt: „Wir haben großes Potenzial, um Familien nach Lichtenau zu locken.“ Immerhin sind die Bodenpreise hier für viele noch erschwinglicher als im Norden des Kreises.
2009 auf dem Kleinenberger Schützenthron
Die Kandidatin sei „ein Glücksfall“ loben SPD-Stadtchef Scholle, Fraktionsvorsitzender Gerd Bauer und FDP-Stadtverbands- und -Fraktionschef Uwe Kirschner bei der Vorstellung Dülfers in der Begegnungsstätte Lichtenau. „Aufgrund ihrer Qualifikation und ihres angenehmen Umgangs sind wir begeistert“, freut sich Scholle über die Frau, die sich mit exponierten Positionen auskennt. Schließlich bildete sie 2009 gemeinsam mit ihrem Mann Dirk das Kleinenberger Schützenkönigspaar.
Die Bewerbung um den Rathaus-Chefsessel hat sie sich rund fünf Monate lang überlegt und viele Gespräche geführt – auch mit Amtsinhaber Hartmann. Sie war zwar vor mehr als einem Jahrzehnt nach eigenen Angaben mal ein Jahr lang CDU-Mitglied, doch dorthin streckte sie ihre Fühler diesmal nicht aus. Um die CDU-Kandidatur bewerben sich Fraktionschef Josef Eich (Henglarn), Andreas Rehermann (Hakenberg) und Ralf Zumbrock (Atteln). Claudia Keiter (Grundsteinheim) hat ihre Bewerbung zurückgezogen. Zur Neuauflage des Dreierbündnisses mit den Grünen könnte es für SPD und FDP frühestens in einer Stichwahl kommen. Die Grünen nominierten die stellvertretende Bürgermeisterin Martina Wolf-Sedlatschek.
Dülfer will auch im Fall des Wahlsiegs keiner Partei beitreten, doch im Wahlkampf kann sie sich auf die Unterstützung von SPD und FDP verlassen. Wegen Corona setzt sie auf Informationen über Internet und Social Media. Doch um in allen 15 Orten präsent zu sein, stellt sie sich auch Vorstellungsrunden in den jeweiligen Dorfgaststätten vor.
Dort muss die sportliche Frau vom Bau dann die Lichtenauer im direkten Gespräch überzeugen – und hat davor keinen Bammel. Sie attestiert sich selbst „eine gute Menschenkenntnis“ und sagt, sie könne „gut mit Leuten umgehen“. Dies sind genau die Faktoren, mit denen Josef Hartmann 2014 die Wahl gewonnen hat. Im Unterschied zu ihm vor sechs Jahren hat Ute Dülfer noch keine Erfahrung in der Kommunalpolitik („Da werde ich noch einiges lernen“), dafür hat sie Hartmann die Verwaltungskarriere voraus.