Kreis Paderborn

Neue Heimat für die Ju52 am Flughafen Paderborn

Das wohl bekannteste Flugzeug Deutschlands, die 84 Jahre alte „Tante Ju“ der Lufthansa-Berlin-Stiftung, wird schon bald in den Quax-Hangar am Airport einziehen. So kam es zum Coup.

Nach tausenden Flugstunden folgt jetzt die Zeit als Ausstellungsstück. Die Ju52 mit der Kennung D-AQUI wird die Krönung für den Quax-Hangar. | © Luftsportverein Archiv

16.08.2020 | 16.08.2020, 10:51

Büren-Ahden. Ihre Fans halten sie für unsterblich - die Junkers Ju52 der Lufthansa-Berlin-Stiftung. Seit 1986 flog sie mehr als 250.000 Rundfluggäste über Deutschland. Die Lufthansa gab allerdings überraschend im April 2019 bekannt, dass die Maschine nicht mehr fliegen werde. Sie solle stattdessen künftig in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Jetzt wurde bekannt: Der Verein "Quax-Flieger” am Flughafen Paderborn/Lippstadt erhält den begehrten Zuschlag. Im Hangar in Ahden soll die berühmte Junkers zukünftig ausgestellt werden. Für den Verein um Präsident Peter Sparding ist das wie ein Sechser im Lotto. Und am Flughafen ist es in Zeiten schwerer finanzieller Turbulenzen endlich mal wieder eine gute Nachricht.

Die Quax-Vereinsmitglieder betreiben zahlreiche Oldtimerflugzeuge und gehen mit ihnen regelmäßig in die Luft. Die Ju52 wird allerdings nicht mehr fliegen. Vielleicht wird sie aber zumindest soweit hergerichtet, dass sie aus eigener Kraft ihrer drei Pratt&Whitney-Sternmotoren wieder rollen kann.

Bereits früher war die Ju52 mit dem historischen Kennzeichen D-AQUI öfter in Paderborn, entweder zu Passagierflügen oder für das jährliche Pilotentraining vor der Flugsaison, zuletzt vor zwei Jahren. Die engagierten Quax-Flieger haben seit einiger Zeit bereits eine Messerschmitt Bf 108 und eine Dornier Do27 der Lufthansa-Berlin-Stiftung in ihrer Obhut. Die guten Beziehungen haben wohl auch dazu geführt, dass sich die Stiftung, die weiter Eigentümerin der D-AQUI bleibt, zur Ju-Leihgabe an die Enthusiasten im Kreis Paderborn entschlossen hat.

"Ein Stück Luftfahrtgeschichte"

Dass die Freude über diese einzigartige Maschine in Paderborn gewaltig ist, wird aus der Stellungnahme der Quax-Flieger deutlich: "Schon letztes Jahr hat die Deutsche-Lufthansa-Berlin-Stiftung ihre Me108 und ihre Do27 in unsere Hände gegeben und wir freuen uns riesig, dass wir das in uns gesetzte Vertrauen offenbar erfüllen konnten.” Den Neuzugang erwarten sie "in den nächsten Wochen". Die begeisterten Oldtimerflieger versprechen zudem: "Wir werden auch diesem Stück Luftfahrtgeschichte ein warmes und wohliges Zuhause bieten und uns liebevoll um dieses schöne Stück Wellblech kümmern.”

Zur Charakteristik des berühmten Flugzeugs gehört seine Wellblechverkleidung. - © Jürgen Schelling
Zur Charakteristik des berühmten Flugzeugs gehört seine Wellblechverkleidung. | © Jürgen Schelling

Bereits ab Mitte der Flugsaison 2015 war die Ju52 für längere Zeit wegen eines Mittelholmbruchs gegroundet gewesen. Dieser musste aufwendig repariert werden. 2018 hob der Oldie wieder ab, der mehr als 11.000 Flugstunden für die Lufthansa-Berlin-Stiftung absolvierte. Womöglich beeinflusst vom Absturz einer schweizerischen Ju52 im August 2018 in den Alpen mit 20 Todesopfern entschloss sich die Lufthansa aber 2019, ihren finanziellen Zuschuss zum Betrieb der Maschine an die Stiftung einzustellen. Damit war der Flugbetrieb der Ju52 nicht mehr möglich. Der zerlegte Oldtimer ist seither in einer Halle in Bremen eingelagert.

Die D-AQUI – gebaut 1936 bei den Junkers-Werken in Dessau – hatte aber auch früher schon bewegte Zeiten und gleich mehrere Wiedergeburten erlebt. Anfangs als Wasserflugzeug auf Schwimmern bei der damaligen "Luft Hansa" eingesetzt, ging die Ju schon nach zwei Monaten Einsatz nach Norwegen zur dortigen Fluggesellschaft DNL. 1940 dann die Rückkehr zur Luft Hansa, um nach Kriegesende erneut bei der DNL in Skandinavien eingesetzt zu werden.

In den USA auf Airshows unterwegs

Bereits 1956 drohte der damals gerade 20 Jahre alten Maschine zum ersten Mal der Zwangs-Ruhestand. Doch der wurde abgewendet, denn ein südamerikanisches Luftfahrtunternehmen hatte Bedarf für ein robustes Frachtflugzeug, die Paradedisziplin einer Ju52. Anstelle der Schwimmer bekam die Ju im ecuadorianischen Quito wieder Räder montiert und flog so im Amazonasgebiet. Ende der 1960er Jahre wurde die Maschine in die USA verkauft. Dort flog sie später unter dem Namen "Iron Annie” in einer imaginären Luftwaffen-Lackierung auf Airshows. Verantwortliche der Lufthansa holten die Maschine in den 80er Jahren zurück nach Deutschland. In der Hamburger Werft der Kranich-Linie folgte eine Totalüberholung. Passend zum 50. Geburtstag der D-AQUI und 60 Jahre nach dem ersten Linienflug der alten Luft Hansa war die Maschine 1986 wieder flugtüchtig. Sie besaß aber keine originalen BMW-Motoren mehr, sondern einfacher zu wartende und gebräuchlichere US-Motoren. Dennoch wurde sie überall am charakteristischen Fluggeräusch erkannt.

Für die Piloten, Flugingenieure und Kabinenbesatzung der Lufthansa war es ein besonderes Privileg, die D-AQUI fliegen zu dürfen. Denn hier gab es weder Computer noch Autopilot an Bord. Lediglich moderne Satellitennavigation unterstützte die zweiköpfige Pilotencrew im reinen Sichtflugbetrieb. Zwischen den Piloten saß auch immer ein Flugingenieur, der genau wie früher zum Betrieb der Ju52 vorgeschrieben und vor allem mit der Bedienung der drei Kolbenmotoren beschäftigt war.

Von mehr als 4.800 gebauten Maschinen einschließlich Lizenzbauten ist heute nur noch eine Ju52 des fliegenden Museums La Ferté Alais in Frankreich wirklich flugtüchtig. Die Chancen stehen aber nicht schlecht, neben der dann stehenden Ju52 in Paderborn auch relativ bald wieder eine Maschine am Himmel erleben zu können. Eine der drei nach dem Absturz gegroundeten Ju52 der eidgenössischen Ju-Air wechselte vor kurzem den Eigentümer. Sie wird derzeit am schweizerischen Bodensee-Flughafen St. Gallen-Altenrhein für die Junkers Flugzeugwerke AG und ihren deutschen Chef, den Kölner Unternehmer und Ex-Rimowa-Eigentümer Dieter Morszeck, restauriert und modernisiert. Läuft alles nach Plan, könnte sie bereits 2022 wieder abheben.

Aber erst einmal überwiegt nun die Freude bei den Quax-Fliegern, die legendäre D-AQUI bald in ihrem Hangar am Flughafen Paderborn präsentieren zu können.