Antrag gegen höhere Steuern in Stemwede: Würde das die Bürger wirklich entlasten?

Stemwede. Über Jahrzehnte war die Grundsteuer nicht reformiert worden. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber muss das nun gemacht werden, denn die alten Werte sind laut Urteil verzerrt und damit verfassungswidrig. Für die Bürgerinnen und Bürger hat die Reform der Grundsteuer Folgen: Sie werden in vielen Fällen höhere Steuern bezahlen müssen. In Stemwede dagegen sollen die Grundsteuern im kommenden Jahr dagegen unverändert bleiben. Ein entsprechender Antrag von CDU, FDP und FWG-Ratsherr Jürgen Lückermann fand eine Mehrheit im Hauptausschuss. SPD und Grüne stimmten dagegen. Zuvor hatte es allerdings scharfe Kritik am Antrag von CDU, FDP und FWG gegeben, es gab den Vorwurf des &bdquo;vergifteten Wahlgeschenks“. Damit aber nicht genug: Es gab auch scharfe Kritik am Verhalten des Kreises Minden-Lübbecke und an den Planungen für einen möglichen Klinik-Neubau. Die CDU, die FDP und FWG-Ratsherr Jürgen Lückermann möchten, dass im kommenden Jahr einmalig die Hebesätze bei den Grundsteuern unverändert bleiben. Das betrifft die Grundsteuer A für landwirtschaftlich genutzte Flächen, die Grundsteuer B für bebaute Flächen und die Gewerbesteuer. Ihren Antrag hatten die drei Ratsgruppen damit begründet, die Bürgerinnen und Bürger und auch die Gewerbetreibenden im kommenden Jahr entlasten zu wollen. Die 400.000 Euro Einnahme-Verlust, die das für die Gemeinde Stemwede bedeutet, könne die Kommune verkraften. SPD spricht von &bdquo;unsozialem Antrag“ Der Antrag erscheine auf den ersten Blick verlockend, sagte im Hauptausschuss Jonas Schmidt (SPD). Auf den zweiten Blick aber erscheine er kurzsichtig, unsozial und reiße bei einem schon historischen Defizit ein weiteres Loch in die Gemeindekasse. Wegen dieses Antrags würden 400.000 Euro auch für freiwillige Leistungen fehlen, merkte Jonas Schmidt an. Die Anpassung der Hebesätze solle das bisherige Steueraufkommen der Gemeinde sicherstellen. Der Antrag der drei Gruppen aber sei auch unsozial, weil Besitzer von Immobilien profitieren und alle anderen das bezahlen würden, sagte Schmidt und bezeichnete den Antrag als &bdquo;vergiftetes Geschenk“. Die bittere Pille folge im Jahr 2025, wenn die Hebesätze für 2026 deutlich erhöht werden müssten. Die SPD wolle einen einheitlichen Satz, langfristig aber eine differenzierte Grundsteuer B prüfen lassen und dabei auch die rechtlichen Aspekte betrachten. Vom Rat wünscht sich Jonas Schmidt, dass dieser dem populistischen Antrag von CDU, FDP und FWG entgegentrete. Er finde es auch bemerkenswert, dass zwei Parteien, die sonst die &bdquo;Schwarze Null“ vertreten, hier mehr Schulden in Kauf nähmen. Grüne beklagen Bevorteilung für Reiche Auch die Grünen sind für einen einheitlichen Satz und eine Grundsteuer von 631 Prozentpunkten. Über mögliche Ermäßigungen solle man sprechen, sagte Uta Gesenhues (Grüne). Die Verschiebungen – mal zu Gunsten, mal zu Ungunsten von Grundstücksbesitzern – seien vom Bundesverfassungsgericht gewollt. Gesenhues kritisierte, dass der Antrag von CDU, FDP und FWG keinen Vorschlag zur Refinanzierung der 400.000 Euro beinhalte. Das bedeute Verluste für die Gemeinde und habe Auswirkungen auf freiwillige Leistungen. Lesen Sie auch: Wegen Grundsteuerreform: Drei Stemweder Parteien sagen &bdquo;Nein“ zu Erhöhung der Hebesätze Für Gesenhues ist es soziale Gerechtigkeit, dass Grundstücke, die an Wert gewonnen haben, auch höher belastet werden. Auch Stemweder mit &bdquo;schmalem Einkommen“ würden mit dem Antrag der CDU, FDP und FWG mitbezahlen für die besser verdienenden Stemweder. CDU und FDP weisen Vorwürfe zurück Marco Quebe (FDP) wies die Kritik zurück. Die rechtlichen Unsicherheiten bei einer differenzierten Grundsteuer B wolle man nächstes Jahr umgehen. Zudem würden nicht nur reiche Grundbesitzer entlastet. Außerdem verringere sich das für dieses Jahr erwartete Minus der Gemeinde Stemwede um rund eine Million Euro und deshalb seien die 400.000 Euro verkraftbar, meinte Quebe und so sagte es auch Andreas Weingärtner (CDU). An die Vereinsförderung wolle man nicht ran. &bdquo;Wir verteilen keine Wahlgeschenke“, widersprach Weingärtner Jonas Schmidt und Uta Gesenhues. &bdquo;Wir wissen auch, dass wir diese 400.000 Euro gut gebrauchen könnten.“ Bei der Grundsteuer-Reform werde an zwei Schrauben gedreht – den Messbeträgen und den Hebesätzen. Bei den Hebesätzen sei die Kommune gefordert. CDU, FDP und FWG würden aber auch sagen, dass man im kommenden Jahr an die Steuersätze heranmüsse, so Weingärtner. Welche Einschätzung der Kämmerer hat Der Antrag gelte nur für ein Jahr und dann habe man andere Wissenstände und andere rechtliche Kenntnisse, merkte Kämmerer Dieter Lange an. &bdquo;In den folgenden Jahren werden wir über Steuern reden müssen.“ Dann erwarte die Gemeinde Millionen-Defizite und gegen die seien die 400.000 Euro ein kleiner Teil. Grundsätzlich brauche man eine andere Finanzierung. Die chronische Unterfinanzierung der Kommunen und immer neue Aufgaben ohne entsprechenden Ausgleich sind aus Sicht von Bürgermeister Kai Abruszat (FDP) das Problem. Willi Riesmeier (SPD) beklagte die &bdquo;goldenen Zügel“ des Landes: Geld gebe es nur, wenn man mache, was das Land wolle. Das langjährige Kreistagsmitglied beklagte auch, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Kreis-Beschäftigten von knapp 1.000 auf nun 1.600 gestiegen sei. Die Kommunen aber wüssten, dass das, was der Kreis mache, nicht funktioniere. Das gelte auch für die Krankenhaus-Planung. Die Neubau-Finanzierung sei Sache des Lands, nicht des Kreises. Was denn der SPD-Landrat zur SPD-Kritik zum Stellenplan sage, fragte Andreas Weingärtner. Der Landrat winke doch ungeprüft Stellenpläne durch. Gut 200 Stellen sind aus seiner Sicht überflüssig, &bdquo;wo man sich mit Gedöns beschäftigt“. 1.600 Beschäftigte würden auch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Es werde nicht mehr lange dauern, da werde man wegen Platzmangel einen Anbau am Kreishaus fordern, spekulierte Weingärtner. &bdquo;Manche fühlen sich mundtot gemacht“ Kreishaus und Klinikum Minden seien mit ihren langen Fluren Fehlkonstruktionen, meinte Riesmeier dazu. Der Landrat müsse umsetzen, was beschlossen sei, hielt er Weingärtner vor. &bdquo;Der Kreistag ist verantwortlich, das ist Rot-Grün.“ Uta Gesenhues beklagte, dass CDU, FDP und FWG mit ihrem Antrag an die Öffentlichkeit gegangen seien, ohne vorher mit den anderen zu sprechen. &bdquo;Manche fühlen sich deswegen mundtot gemacht.“ Dass sich Fraktionen vorher positionierten, das sei normal, merkte dazu der Bürgermeister an. Er trete dem Eindruck entgegen, dass keine offene Diskussion möglich sei.

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