Stemweder erheben schwere Vorwürfe gegen Planer - und die sticheln zurück

Rahden/Stemwede. Wie soll in der nächsten Zeit der öffentliche Nahverkehr organisiert werden? Damit befassen sich derzeit die Städte und Gemeinden, damit befasst sich die Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV). Die MHV plant und koordiniert im Auftrag der Kreise Minden-Lübbecke und Herford den öffentlichen Nahverkehr. Bei den Beratungen über den neuen Nahverkehrsplan aber ist im Nordkreis Feuer unterm Dach: Im Stemweder Rat gab es schwere Vorwürfe gegen die MHV. Das Angebot sei schlecht, aber die Personalkosten der MHV explodierten. Im Gegenzug gab es am Donnerstagabend im Rahdener Bauausschuss von der MHV Sticheleien gegen die Stemweder. Kritik an fehlenden Antworten aus der MHV-Zentrale Uta Gesenhues (Grüne) kritisierte im Stemweder Rat den Zeitdruck. &bdquo;Für eine Neukonzeption des Nahverkehrs wäre es besser, alles über Bord zu werfen und neu aufzubauen." Das aber sei in der Kürze der Zeit nicht möglich. &bdquo;Wie sollen wir Routen planen, wenn wir gar keine Zahlen haben?" Zahlen hätten Verkehrsunternehmen nicht genannt. Welche Linien stark seien, das sei nicht ersichtlich, kritisierte Uta Gesenhues und regte an, Bürger nach deren Wünschen zu befragen. Unmut in Sachen MHV gibt es auch bei Andreas Weingärtner (CDU). Er habe von der MHV wissen wollen, &bdquo;ob die auch im eigenen Stall Sparmöglichkeiten prüfen". Eine Antwort habe er nicht erhalten. Weingärtner teilte auch die Kritik der Grünen an fehlenden Daten. Wie die FDP mehr Fahrgäste gewinnen will Jährlich müssten die Städte und Gemeinden zusammen ein Defizit im sechsstelligen Bereich tragen, sagte Dierk Möller-Nolting (FDP). Die MHV sehe nun Leistungsminderungen durch weniger Abfahrten an Schulen vor. &bdquo;Uns geht es darum, mehr Fahrgäste zu gewinnen." Dem Vorschlag der FDP, auch den Kindern Tickets zu geben, die weniger als zwei Kilometer von der Schule entfernt wohnen und deshalb bislang keine Tickets bekamen, stimmte der Rat zu. Davon profitieren nach Angaben von Jörg Bartel von der Gemeinde Stemwede rund 180 Kinder. Der Gemeinde entstehen durch die zusätzlichen Tickets Kosten von rund 27.000 Euro. Diese Kosten aber mindern das von den Stemwedern zu tragende Defizit. MHV soll mehr auf Kommunen zugehen Die FDP lehnt wie auch die anderen Fraktionen eine Verminderung der Leistungen ab. Rund 80 Prozent des Busverkehrs in Stemwede sei eben Schülerverkehr, sagte Jürgen Gläscher (SPD). Er hätte sich Zahlen auch von den Schulen gewünscht, ob Abfahrten gestrichen werden könnten. Die Frage sei, ob etwa die Linie 622 (Grundschulverkehr Stemwede) wegfallen könne – er meine nein. Gläscher wünscht sich, &bdquo;dass die MHV mehr auf die Kommunen zugeht". "In der privaten Wirtschaft wären die in zwei Jahren pleite" Grundschulen seien gegen die Streichung von Abfahrten nach der vierten Stunde, sagte Jörg Bartel, der Stemwede in der MHV-Gesellschafterversammlung vertritt. &bdquo;Das sind Erstklässler, das geht nicht." Die Stemweder-Berg-Schule habe nur eine Abfahrt, die sie nicht brauche. Er habe in der Gesellschafterversammlung nach den MHV-Personalkosten gefragt. Die seien von 490.000 Euro im Jahr 2015 auf 706.800 Euro im Vorjahr gestiegen – ein Plus von 44 Prozent. Trotzdem seien die Einstellung eines stellvertretenden MHV-Geschäftsführers und einer weiteren Person geplant. Die Kosten, die durch den Antrag der FDP auf Tickets auch für Kinder in Schulnähe entstehen, habe ihm die MHV nicht nennen können. &bdquo;Das haben wir dann selbst berechnet." "Wir können keine Fahrgäste zählen" Das brachte dann Andreas Weingärtner auf die Palme: &bdquo;Der Kostenexplosion bei der MHV muss man doch Einhalt gebieten." Die Kostenexplosion führe nicht einmal zu einem verbesserten Angebot. Das sei überall der Fall, wo die öffentliche Hand tätig sei. &bdquo;In der privaten Wirtschaft wären die schon in zwei Jahren pleite." MHV-Geschäftsführer Achim Overath weiche Antworten aus, die Personalkosten explodierten &bdquo;und wir haben nach wie vor ein minimales Angebot. Da bin ich sauer." Die Zuständigkeit liege nicht bei der Gemeinde Stemwede, sagte Bürgermeister Kai Abruszat. &bdquo;Wir als kleine Verwaltung können keine Linien planen und Fahrgäste zählen." Das sei die Zuständigkeit der Kreise. Die bekämen dafür Geld vom Land und die hätten dafür die MHV gegründet. Die Kreistags-Fraktionen hätten nach der Wahl gesagt, im Nahverkehr neue Akzente setzen zu wollen. Was Stemwede vom Kreis fordert Abruszat: &bdquo;Aber neue Akzente kann nicht bedeuten, in Stemwede weniger Busse fahren zu lassen. Wir erwarten vom Kreis ein Mobilitätskonzept, das auch den ländlichen Raum im Blick hat. Und wir erwarten Solidarität bei der Finanzierung." Der ländliche Raum sei ja auch solidarisch, wenn es darum gehe, Sozialausgaben in Ballungsgebieten zu tragen. Abruszat rief die Ratsmitglieder auf, mit ihren jeweiligen Kreistagsfraktionen zu reden. Ein MHV-Vertreter nahm an der Ratssitzung in Stemwede übrigens nicht teil. Am Tag danach war mit Henning Wollny dann ein MHV-Vertreter im Rahdener Bauausschuss zu Gast. Seinen Angaben zufolge sind die elf Rahdener Linien mit 262.000 Fahrplan-Kilometern verbunden. Davon entfielen 51 Prozent auf den Schülerverkehr, 25 Prozent auf den Regionalverkehr und 14 Prozent auf Bedarfsverkehre. In Rahden gebe es Erlöse von 2,63 Euro je Kilometer und einen Kostendeckungsgrad von 85 bis 90 Prozent. Das sei nah dran am MKB-Gesamtnetz, so Wollny. "In Stemwede ist das Jux und Dollerei" Einsparpotenzial gebe es im Schülerverkehr – und zwar ein &bdquo;vorabgestimmtes" Potenzial von 27.000 Euro. Das trifft vor allem die Linie 636 zwischen Espelkamp, Rahden, Pr. Ströhen und Tielge. Hinzu komme ein &bdquo;offenes Einspar-Potenzial" von 5.700 Euro, sagte Wollny. Leere Fahrten würden gestrichen, bei den nur eine Person im Bus saß – und wo 15 Minuten später eine andere Fahrt möglich sei, sagte Bürgermeister Bert Honsel. Henning Wollny warb damit, dass man flexibel sei und jederzeit über Änderungen sprechen könne. Seine anschließende Bemerkung in Rahden aber dürfte weiteres Öl ins Feuer unterm Dach gekippt haben. Stemwede leiste sich &bdquo;üppige Fahrten zu den Schulen". Laut einer von Wollny aufgelegten Folie gibt es zu allen Stemweder Schulen Fahrten zu mehr als drei Schulschlusszeiten. In Rahden gilt das nur für Gymnasium und Sekundarschule. &bdquo;In Stemwede ist das Jux und Dollerei", sagte Wollny. Manche Fahrten zu den Schulen dort seien auch Altlasten und könnten geändert werden,

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