Müssen Rahdener Museumshof und das Freibad wegen Klinik-Kosten schließen?

Rahden. Die geplanten neuen Windräder sorgen für Diskussionen in Rahden, aber auch die medizinische Versorgung. Das Krankenhaus Rahden der kreiseigenen Mühlenkreiskliniken (MKK) soll zum Jahresende geschlossen werden. Zudem gibt es Kritik an den Planungen des Landes für Kitas und offenen Ganztag. Dazu äußern sich im Interview Bianca Winkelmann, Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Rahden und Landtagsabgeordnete sowie Guido Peitsmeier, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat. Frau Winkelmann, Herr Peitsmeier, das Krankenhaus Rahden steht vor dem Aus. Es gibt Ärztemangel. Muss man künftig froh sein, einen Tierarzt in der Nähe zu haben? Bianca Winkelmann: Wenn man mit Leuten in Großstädten spricht, hört man Hinweise, dass es dort wegen der Fachärzte zum Teil deutlich schlechter ist. Wegen des Ärztemangels legen die Mühlenkreiskliniken Standorte zusammen, das war einer der Beweggründe dafür. Guido Peitsmeier: Gegen den Ärztemangel haben wir gut gearbeitet mit dem Gesundheitszentrum. Aber was uns natürlich umtreibt, das ist die notärztliche Versorgung. Wir können deshalb überhaupt nicht damit einverstanden sein, dass das Krankenhaus geschlossen wird. Winkelmann: Es gibt auch noch keinerlei Aussagen der MKK, was aus dem Gebäude wird und was mit der Erstversorgung der Menschen aus Rahden, Stemwede und Espelkamp wird. Peitsmeier: Es gab die Idee, aus fünf Standorten drei zu machen. Die Krankenhäuser Rahden und Lübbecke sollen an einem gemeinsamen Standort zusammengelegt werden. Da gab es die Zusage der früheren Landrätin Anna Bölling, dass Rahden so lange am Netz bleibt, bis der neue Standort in Betrieb geht. Darauf haben wir uns verlassen und das ist nun einseitig aufgekündigt worden. Und deshalb klagen wir als Stadt Rahden dagegen. Winkelmann: Wir müssen nun aufpassen, dass das, was mit dem Standort Rahden passiert, nicht auch mit dem Standort Lübbecke passiert. Auch deshalb klagt Rahden als Standort-Kommune. Bei Gesprächen mit dem NRW-Gesundheitsministerium fragte ich, was mit der Grundversorgung im Nordkreis passiert. Sowohl das Ministerium als auch ich wandten uns an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe. Sie ist für die Notfallversorgung zuständig. Mehr zum Thema: Das bedeutet die Krankenhausplanung für die MKK-Standorte Die Stadt Rahden wird ihren Zuschuss für den Umbau des Krankenhauses anteilig zurückfordern. Muss die Stadt Geld in die Hand nehmen, was die Nachnutzung des Krankenhauses angeht? Winkelmann: Die Frage müsste geklärt werden. Die Gebäude gehören den MKK, da müsste mal was kommen. Aber da kommt nichts. Also könnte es doch sein, dass sich die Stadt selbst Gedanken machen muss. Bleiben wir bei der Infrastruktur. Kita-Träger bemängeln nach wie vor die unzureichende finanzielle Ausstattung. Die Folge der dünnen Personaldecke sind – und da ist Rahden keine Ausnahme – eingeschränkte Betreuungszeiten, Gruppenschließungen und Notbetreuung. Wann ändert sich da was? Winkelmann: Das ist von zwei Seiten zu betrachten. Der Fachkräftemangel ist da. Dass durch die Änderung der Personalverordnung zukünftig eine Erzieherin oder ein Erzieher 60 Kinder betreut, ist Quatsch und eine Fehlinterpretation. Es geht darum, in Ausnahmesituationen die Betreuung sicherzustellen und für Eltern mehr Verlässlichkeit zu bieten. Dafür sollen Ergänzungskräfte flexibler eingesetzt werden können. Kinderpfleger und Alltagshelfer sind Menschen mit pädagogischer Erfahrung, die im tagtäglichen Kita-Alltag zu Hause sind. Sie haben zwar nicht die Ausbildung wie Erzieherinnen und Erzieher. Sie sind aber nicht unqualifiziert. Aber es fehlt doch Personal. Zur Bekämpfung des Nachwuchsmangels finde ich es positiv, dass wir in Espelkamp am Berufskolleg die praxisintegrierte Ausbildung (PIA) haben. Das führt zum einen zur Entlastung der Kitas und hilft auf der anderen Seite den jungen Menschen festzustellen, ob der Beruf die richtige Entscheidung ist. Dann ist da die Finanzierung. Da hat das Land NRW schon Anpassungen an die gestiegenen Personalkosten vorgenommen. In 2011 ist das Land gestartet mit einer Milliarde Euro für die Kitas. Jetzt sind wir bei 5,6 Milliarden, die das Land pro Jahr auszahlt. In Rahden werden die Trägeranteile für freien Träger komplett von der Kommune übernommen. Bei den kirchlichen Trägern wird der Anteil in zwei Stufen bis 2026 bis auf 75 Prozent angepasst. Lesen Sie auch: Ratsherr spricht bei Kita-Finanzierung von Staatsversagen Nach jüngsten Auswertungen spricht ein Drittel der Kinder zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchungen nicht altersgerecht. Auch bei der motorischen Entwicklung hinken viele Kinder hinterher. Was sagen Sie dazu? Winkelmann: Umso unverständlicher ist, dass sich der Bund aus der Sprachförderung zurückgezogen hat. Das Land NRW ist in die Bresche gesprungen und hat das bis 2027 sichergestellt, denn Sprachförderung ist wichtiger denn je. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, würde ich mir die Vorschule und ein kostenloses Mittagessen für jedes Kind wünschen. Allerdings kann man nicht alles umsetzen. Ab 2026 gibt es an Grundschulen einen bundesweiten Rechtsanspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag. Auf verbindliche Standards möchte sich die NRW-Landesregierung jedoch nicht festlegen. Damit entscheidet über die Qualität die Kassenlage in Rahden. Wie kann das sein? Winkelmann: Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass die Ausführung in ein Gesetz gegossen wird. Das ist nicht umgesetzt worden. Es gibt nun eine Richtlinie. Das ist aus meiner Sicht auch richtig. Der Offene Ganztag an unseren Grundschulen ist so unterschiedlich aufgestellt. Das fängt in Rahden an. Wir haben auch hier unterschiedliche Standards. Zum jetzigen Zeitpunkt würden verbindliche Standards viele Schulen und Träger vor Probleme stellen. Fachkräfte fehlen ja auch in der OGS. Vorrangiges Ziel muss es sein, zur Erfüllung des Gesetzesanspruchs erst einmal genügend Plätze, Fachkräfte, Betreuer und auch Mensen zu schaffen. Erst danach sollten wir über verbindliche Standards reden. Der Ausbau der Windkraft ist umstritten, schadet das Verhalten der CDU-Ratsherren Sven Reimers und Ralf Möller der CDU, da sich beide in dem RWP-Projekt engagieren und gleichzeitig im Rat sind? Peitsmeier: Grundsätzlich haben sie sich immer fair verhalten. Sie haben sich auch immer für befangen erklärt. Die Beschlussfassung, städtische Flächen im Nuttelner Bruch nicht zur Verfügung zu stellen, ist mit großer Mehrheit erfolgt. Da hat es keine Einflussnahme gegeben. Ich finde es auch richtig, dass sich Reimers und Möller engagieren. Wir befürworten den Ausbau der Windenergie, wenn es im Einklang mit den Bürgerinteressen steht. Ein Bürgerwindpark ist eigentlich ein richtiges Ziel. Es ist ja gelebte CDU-Politik, dass diejenigen, die es betrifft, auch darüber entscheiden. Die Wildwest-Methode aber muss aufhören, es werden uns Steine in den Weg gelegt durch das Baugesetzbuch und das Erneuerbare-Energien-Gesetz des Bundes. Für jeden Radweg muss ein Planfeststellungsverfahren erfolgen, aber Windräder brauchen das alles nicht. Das Land wollte steuern, aber Einzelanträge sind weiter möglich. Winkelmann: Wir wollten steuern. Bis zur Rechtskraft des Regionalplanes Wind sollte auf Beschleunigungsflächen privilegiert gebaut werden können. Da wäre Rahden raus gewesen, aber auch der restliche Teil des Kreises. Aber das wurde leider durch das Gericht gekippt und damit das ganze Land auf Grundlage des von der Ampel gemachten Erneuerbare-Energien-Gesetzes aufgemacht. Das ist das, was wir als Kommunal- und auch als Landespolitiker kritisieren, dass uns die Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand genommen wurden. Ein Wort zum Engagement unserer Parteikollegen: Es ist besser, wenn örtliche Investoren aktiv sind als auswärtige. In der Region verwurzelt zu sein und zu leben ist anders, als wenn man hier nur geschäftlich unterwegs ist. Das Nuttelner Bruch aber ist nicht geeignet? Peitsmeier: Meine persönliche Meinung ist, dass das wegen der Bebauung nicht machbar ist. Eigentlich muss es 1.000 Meter Abstand zu allgemeinen Siedlungsbereichen geben. Leider sieht die Gesetzeslage des Bundes das nicht vor und legt nur die zweifache Höhe als Mindestabstand fest. Es gibt nun Meinungen in der Bevölkerung, dass hier eine Verquickung von öffentlichen Ämtern und privatwirtschaftlichen Interessen vorliegen könnte. Was sagen Sie dazu? Peitsmeier: Sie machen nichts, was in irgendeiner Weise verfänglich ist. Sie halten sich an alle Regeln. Da muss ich ganz klar widersprechen: Es wird nichts gemauschelt. Es ist alles transparent und die Sitzungen sind öffentlich. Außerdem sind es zwei von 34 Ratsmitgliedern. Da wird nichts gemauschelt. Und mit mir wird nicht gemauschelt, ich bin ja Fraktionsvorsitzender. Winkelmann: Es gibt keine Geheimabsprachen. Das zeigt ja auch die Abstimmung zur Positiv-Planung und zu den städtischen Flächen. Peitsmeier: Das ist eine Unterstellung, die ist uns gegenüber nicht fair und auch gegenüber den beiden Fraktionskollegen nicht fair. Sie haben sich in keinster Weise unredlich verhalten. Winkelmann: Dass das Ringen um die besten Windrad-Standorte zu Kontroversen führt, das war klar. Und das wir in Rahden geeignetere Flächen haben als im Nuttelner Bruch, das ist klar. Wir als Rat der Stadt Rahden haben es aber nicht in der Hand, zu steuern. Da sehen wir die neue Bundesregierung in der Pflicht. Mehr Infos: Hier sollen die ersten neuen Windräder stehen Der Stemweder Bürgermeister Kai Abruszat sprach von einem Zickzackkurs der höheren Ebenen, der beendet werden müsse. Packen Sie das im Jahr 2025 im Land an? Winkelmann: Wir versuchten, das auf der Landesebene mit den Beschleunigungsflächen und dem Regionalplan Wind mit 1.000 Metern Abstand anzupacken. Aber die Ursache ist letztlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz des Bundes. Die Kassenlage der Stadt ist desaströs und wird es wohl noch länger bleiben. Wie sicher sind freiwillige Leistungen wie die Bäder und der Museumshof? Peitsmeier: Natürlich wollen wir so viele freiwillige Leistungen wie möglich noch erhalten. Das Problem sind nicht die freiwilligen Leistungen. Selbst wenn wir die alle streichen würden, wäre der Haushalt nicht ausgeglichen. Winkelmann: Wir werden in der Haushaltskommission sprechen. Die sollte im nächsten Jahr regelmäßig tagen. Die Haushaltskonsolidierung ist ein zähes Geschäft und taugt nicht für politische Geländegewinne. Das geht nur gemeinsam mit allen. Peitsmeier: Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Winkelmann: Wir müssen auch über unsere Einnahmen sprechen. Ein guter Wirtschaftsstandort ist das A und O. Man muss Gewerbeflächen vorhalten. Das kostet auch Geld, ist aber wichtig, wenn wir als attraktive Standort-Kommune gelten wollen. Peitsmeier: Wir wollen uns ja nicht zu Tode sparen. Investive Maßnahmen, die Arbeitsplätze sichern und schaffen, sind wichtig und muss es weiter geben. Der Kreis und die MKK planen weiterhin den Klinik-Neubau. Dafür werden die Kommunen einstehen müssen. Wird sich die Frage stellen, die Stadtbücherei oder das Freibad zu schließen zugunsten der Klinik-Finanzierung über die Kreisumlage? Peitsmeier: Das sehe ich noch nicht. Für die Gesundheitsversorgung, und die ist ein hohes Gut, brauchen wir den Neubau. Sonst wäre es ein Sterben auf Raten, wenn Lübbecke nicht mehr sanierungsfähig ist. Dann wäre es ein &bdquo;Minden plus null.“ Für den Nordkreis ist es jetzt schon eine schlimme Situation. Deshalb muss der Neubau kommen. Wichtig ist, ein Haus zu haben, das sich trägt. Es darf kein Haus für dauerhafte Subventionen sein, sondern muss sich dauerhaft wirtschaftlich tragen können. Dann haben wir auch kein Problem mit der Umlage.

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