Kritik an hohen Kosten: „Nach 40 Jahren zahlen die Enkel das Krankenhaus noch ab“

Rahden. Die kreiseigenen Mühlenkreiskliniken (MKK) wollen die beiden Krankenhäuser Lübbecke und Rahden bekanntlich in einem möglichen Neubau in der Espelkamper Gabelhorst zusammenführen. Gegen den möglichen Neubau und die Schließung der Krankenhäuser Rahden und Lübbecke wehrt sich eine Bürgerinitiative (BI). Deren Vorsitzender Klaus Peitzmeier übte am Dienstagabend während eines Info-Abends im Bahnhof Rahden scharfe Kritik an MKK und Kreis. Angesichts der Schließung von Krankenhäusern in der Region würden die Wege immer weiter. BI-Vertreter bezeichneten Bereiche mit schlechter Klinik-Erreichbarkeit als Sahel-Zone und sehen auch das Lübbecker Land auf dem Weg dorthin. Die BI hofft auf Klagen der Kommunen gegen die MKK-Pläne und verweist auf Andeutungen aus Lübbecke. Die Tage des Krankenhauses Rahden sind wohl gezählt. Der kleinste Standort der kreiseigenen Mühlenkreiskliniken (MKK) erhält ab dem 1. Januar 2025 keinen Versorgungsauftrag mehr durch das NRW-Gesundheitsministerium. Damit ist auch eine Abrechnung mit den Krankenkassen nicht mehr möglich. Eine stationär-medizinische Versorgung wäre in Rahden damit Geschichte. BI-Vertreter Arno Kuge widersprach Aussagen von Landrat Ali Dogan (SPD), dass das mögliche neue Krankenhaus in Espelkamp auch in 40 Jahren noch den Enkeln gute Dienste leiste. &bdquo;Nach 40 Jahren zahlen die Enkel das Krankenhaus noch ab. Aber es ist fraglich, ob sie daran Freude haben.“ Ein Krankenhaus Espelkamp, das sei seine Vermutung, werde abgewickelt, bevor es gebaut werde. Kuge: Laumann-Aussage bis heute gültig Das Krankenhaus Rahden sei für die Versorgung unerlässlich, sagten Klaus Peitzmeier und Arno Kuge. Das habe 2009 NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in den Bewilligungsbescheid für die Förderung des Umbaus in Rahden geschrieben und das sei bis heute gültig. Arno Kuge verwies auch darauf, dass Laumann erklärt habe, genau darauf zu achten, dass 90 Prozent der Bevölkerung binnen 20 Minuten Fahrzeit ein Haus der Grundversorgung erreichen müssten. Rahdens Bürgermeister wäre nach Angaben Kuges nicht mehr am Leben, hätte es das Krankenhaus Rahden nicht gegeben. &bdquo;Krankenhaus-Medizin ist keine Rettungswagen-Medizin“, merkte Kuge an. Ein Krankenhaus sei auch einem noch so gut ausgestatteten Rettungswagen überlegen. Den Landtagsabgeordneten Bianca Winkelmann (CDU) und Benjamin Rauer (Grüne) hielt Kuge mit Blick auf deren Bemühungen zum Erhalt der stationär-medizinischen Versorgung &bdquo;eine Durchschlagskraft von null Prozent“ vor. In Diepholz und Sulingen würden die Krankenhäuser geschlossen, merkte er mit Hinweis auf den zentralen Neubau in Twistringen an. Rahden solle schließen und nun auch Ostercappeln. Die Wege würden weit, durchaus auch 40 Minuten. Man könne nur hoffen, dass das Krankenhaus in Damme erhalten bleibe, so Kuge. Die Gebiete mit weiten Wegen zu Krankenhäusern bezeichnete Kuge als Sahel-Zone und in die falle unter anderem Petershagen. Nach dem Aus für Sulingen, Diepholz, Rahden und Ostercappeln werde die Sahel-Zone immer größer. &bdquo;Lübbecke baut sich selbst ab“ Auch für das Krankenhaus Lübbecke fürchtet Arno Kuge, der 40 Jahren in verantwortlicher Position in Kliniken arbeitete, Ungemach und diese Ansicht teilt auch Klaus Peitzmeier. &bdquo;Lübbecke baut sich selbst ab, weil Espelkamp als Projekt da steht.“ Die Beschäftigten wüssten, dass der Standort auslaufe und dann gingen sie, ergänzte Kuge. Das sei in Rahden und auch in Ostercappeln zu beobachten. Die Planungen für ein mögliches neues Krankenhaus in Espelkamp bezeichnete Kuge als &bdquo;Mist“, weil es weniger Abteilungen habe als Lübbecke und beispielsweise auch keine Urologie. Der mögliche Neubau habe weniger Betten als Lübbecke und keine robotergestützte OP-Möglichkeit. Zudem gebe es in der Umgebung anders als jetzt in Lübbecke keine Betriebs-Kita und keine Dialyse. &bdquo;Espelkamp ist weniger als Lübbecke.“ Peitzmeier und Kuge verwiesen erneut darauf, dass das Klinikum Minden der große Verlustbringer bei den MKK sei, Lübbecke dagegen schwarze Zahlen schreibe. Schwarze Zahlen hält die BI auch für einen Verbund Lübbecke-Rahden für möglich und erneuerte ihre Forderung, in Rahden die Geriatrie zu konzentrieren. Die bislang in Rahden versorgten Fälle in der allgemeinen Chirurgie und der Inneren Medizin seien nicht weg, sie würden nach Lübbecke und Minden verlagert. Kuge behauptete, dass die vom Ministerium dem Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) in Bad Oeynhausen zugewiesenen 5.052 Fälle der Grundversorgung bei allgemeiner Chirurgie und Innerer Medizin nur auf dem Papier versorgt würden. Die Auguste-Viktoria-Klinik (AVK) in Bad Oeynhausen sei eine sehr gute orthopädische Klinik, könne aber ans Klinikum Minden verlagert werden, weil dort Platz sei. Einem Neubau des Krankenhauses Bad Oeynhausen an der AVK erteilte Kuge mit Verweis auf die schnelle Erreichbarkeit der Kliniken in Minden, Herford und Bünde eine Absage. Kritiker erwarten nur einen geringen Zuschuss Zudem erneuerte die BI ihre Kritik, das MKK-Projekt sei nicht bezahlbar, treibe die Kommunen in die Haushaltssicherung und bedeute für die Bürger deutlich höhere Steuern. Kreis und MKK hielt die BI einen fehlenden Finanzierungsplan vor. Die BI würde gern klagen, merkte Klaus Peitzmeier an, könne das aber nicht. Privatpersonen könnten nicht klagen. Bürger aber hätten die Möglichkeit, Bürgeranträge nach der Gemeindeordnung zu stellen, wenn Kommunen wie Espelkamp wegen der Klinik-Bauten die Steuern erhöhten. Klagen könnten die Kommunen, sagte Peitzmeier und verwies auf entsprechende Andeutungen aus Lübbecke. Dort sei darauf hingewiesen worden, dass es nicht in Ordnung sei, wenn eine Kommune Steuern erhöhen müsse für Ausgaben, für die sie nicht zuständig sei. Die Klinik-Finanzierung sei nicht Aufgabe der Kommunen, sondern Aufgabe des Landes, sagte Peitzmeier. Zudem verweisen Kuge und Peitzmeier auf Aussagen aus dem NRW-Gesundheitsministerium aus dem Jahr 2022, dass bei einem möglichen Zuschuss von bis zu 178 Millionen Euro der Eigenanteil des Kreises nicht mehr als 25 Prozent betragen dürfe. Die MKK dürften demnach 237 Millionen Euro investieren, seien aber schon bei 350 Millionen Euro und Kuge wollte auch 500 Millionen Euro nicht ausschließen. MKK und Kreis würden dennoch weitermachen und das sei wettbewerbsverzerrend und verstoße gegen Grundgesetz und EU-Recht. Dazu gebe es auch ein Gutachten. Zudem geht die BI nach eigenen Angaben nur von einer höchsten geringen Förderung aus, da eine Verlagerung von Abteilungen nicht gefördert werde.

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