Nach Lügen-Vorwurf: Verfahren vor Gericht nimmt überraschende Wende

Rahden. Haben ein Vater und sein Sohn mit einem Feuerzeug die Klingel der Nachbarin angekokelt? Das behauptet zumindest die Klägerin. Wegen der Sachbeschädigung wurden Vater und Sohn von der Staatsanwaltschaft Bielefeld vorgeladen und saßen nun in Rahden auf der Anklagebank. Beide bestritten gegenüber Richterin Hildebrand den Vorwurf - die Nachbarin, eine Juristin, wiederholte ihre Aussage. Das könnte für sie nun Folgen haben.Laut Anklage sollen der Vater (59) und sein Sohn (29) in der Nacht zum 13. Juni 2021 in der Espelkamper Innenstadt ein Feuerzeug an die Klingel der Nachbarin gehalten haben. Mit der Kokelei verursachten sie laut Anklageschrift einen Sachschaden von zehn Euro. Zunächst war offenbar von einer versuchten Brandstiftung die Rede, angeklagt wurde dann eine Sachbeschädigung.Angeklagten überrascht von der AnklageVater und Sohn bestritten den Vorwurf vehement: Sie seien gar nicht vor Ort gewesen. Von der angeblichen Tat hätten sie erst durch die Einladung des Amtsgerichts erfahren. Weder die Polizei noch die Nachbarin hätten sie darauf angesprochen, sagten die beiden Männer. Beide erklärten, die Nachbarin auch lange nicht gesehen zu haben.Die Jutistin (61) erklärte, in jener Nacht schlecht geschlafen und Geräusche vor ihrer Tür gehört zu haben. Die Angeklagten habe sie gehört und gesehen, erklärte die Frau im Zeugenstand. "Die sprangen vor der Tür herum und brüllten was." Ihr Sohn und sie seien heruntergegangen, die Angeklagten hätten gelacht, geschimpft, gedroht und ein Feuerzeug an die Klingel gehalten. "Der ältere Herr hatte auch ein Messer dabei", sagte die Zeugin. Die von ihrem Sohn gerufene Polizei sei aber nicht gekommen.Was der Vater der Richterin vorlegteIhr Sohn und sie hätten den Angeklagten gesagt, dass sie verschwinden sollten und hier nichts zu suchen hätten. "Die haben Hausverbot. Seit sieben Jahren werde ich von denen tyrannisiert." Rausgegangen sei sie in jener Nacht nicht, erklärte die Frau. Ihr Sohn und sie, so behauptete sie dann gegenüber der Richterin, seien von den Angeklagten schon mal zusammengeschlagen worden.Die Zeugin sollte schon fast entlassen werden, da wandte sich der Vater an die Richterin und an die Staatsanwältin. "Das ist eine Lüge", erklärte er und zeigte auf die Zeugin. Er sei in der fraglichen Zeit in der Türkei gewesen. Als Beweis legte er neben einem Flugticket auch seinen Reisepass vor, in dem die türkischen Behörden Einreise- und Ausreisestempel gesetzt hatten. Die Staatsanwältin wandte sich darauhin direkt an die Zeugin: "Was sagen Sie dazu?" Sie habe ebenso wie ihr Sohn den Angeklagten gesehen, so die Juristin. "Dann muss er einen Doppelgänger haben."Weiteres Verfahren angekündigtZwei Jahre lang habe die Nachbarin die Familie terrorisiert, sagten dann Vater und Sohn. "Sollen wir Anzeige erstatten?", fragten sie. Das werde wohl von Amts wegen kommen, deutete die Staatsanwältin an. Die Nachbarin verbreite Lügen und Verleumdungen, sagten Vater und Sohn.Die Nachbarin habe sogar anonyme Briefe an das Jugendamt geschrieben und die Unterschrift seiner Frau gefälscht, erklärte der angeklagte Sohn und zweifache Vater. "Wir wissen ziemlich genau, dass sie das war." Es gebe noch ein weiteres Verfahren, sagte dann Richterin Hildebrand. Bei diesem Verfahren werde auch die Unterschrift untersucht.Vater und Sohn freigesprochen Die Frau des angeklagten Sohnes wurde dann auch noch in den Zeugenstand gebeten. "Mein Mann hat mit der Sache nichts zu tun", sagte die 26-Jährige. Nachts gehe ihr Mann grundsätzlich nicht raus.Der Nachweis, dass Vater und Sohn die Tat begingen, habe nicht erbracht werden können, erklärte die Staatsanwältin und beantragte Freispruch. Der Vater habe den Nachweis erbracht, dass er zur Tatzeit in der Türkei war. Damit falle die Aussage der Zeugin in sich zusammen. "Sie hat gelogen, es wird ein Verfahren eingeleitet."Er sei aus Wohneigentum in eine viel kleinere Mietwohnung gezogen, nur um Ruhe zu haben von der Nachbarin, erklärte im letzten Wort der angeklagte Sohn. Vater und Sohn betonten, in Espelkamp sehr zufrieden zu sein. So etwas aber wie mit der Nachbarin, das hätten sie noch nicht erlebt. "Sie soll uns in Ruhe lassen."Richterin Hildebrand sprach die beiden Männer frei. Sie dürften aber wohl nicht das letzte Mal im Gericht auf ihre Nachbarin getroffen sein.

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