Beverunger in Höxter vor Gericht: Hat der Familienvater zugeschlagen?

Höxter/Beverungen. Nervös sei er, sagt der hagere Mann, der auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger Olaf Schilasky (Paderborn) sitzt. Der muss ihn schon vor Sitzungsbeginn beruhigen. &bdquo;Herr V., (Name geändert) bleiben Sie mal ruhig. Wir machen das.“ Gestenreich diskutiert der 42-Jährige dennoch immer wieder. Mal grummelt er vor sich hin, unterbricht die Vorsitzende Richterin bei deren Ausführungen, rollt die Augen, verzieht das Gesicht und wirft die Hände in die Höhe bei den Aussagen der Zeugin, um dann seufzend den Kopf darauf abzustützen. So übernimmt sein Anwalt das Reden – die Einlassung zu den durchaus schwerwiegenden Vorwürfen gleich zu Beginn – für ihn. Ganz sachlich. War es ein Schlagstock oder nur eine Luftpumpe fürs Fahrrad? Denn es geht an diesem Montagmorgen am Amtsgericht Höxter um gefährliche Körperverletzung und Bedrohung. Und um Klarheit über das, was sich am 23. August 2024 am Ulmenweg in Beverungen zugetragen haben soll. Hat Daniel V. mit einem Schlagstock auf Peter B. eingeschlagen und ihn verletzt? Oder nur mit einer Kinderfahrrad-Luftpumpe vor ihm herumgewedelt? Hat er später am Abend B. erst in die Hecke geschubst, dann getreten und geschlagen sowie übelst beschimpft? Hat er eine Zeugin, die mit B. unterwegs war, bedroht? So sieht es jedenfalls die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift. Klar ist: Es verbindet V. und B. eine Vorgeschichte, die nicht als freundschaftlich bezeichnet werden kann. Unklar ist hingegen, ob und welcher Sohn des gebürtigen Bad Driburgers, der als Beruf &bdquo;Hausmann“ angibt, denn eigentlich hätte zur Verhandlung geladen werden sollen. Drei Kinder hat er, der Jüngste (8) ist mit der Ehefrau im Gericht dabei. Aber die beiden sitzen hinten um Zuhörerraum. Lesen Sie auch: Schwere Körperverletzung: Mann aus Brakel räumt Vorwürfe ein Der Vater wirft ihm Küsschen von der Anklagebank zu Der Junge drückt sich immer wieder an seine Mutter. Der Vater wirft ihm Küsschen von der Anklagebank zu und flüstert ab und zu: &bdquo;Alles gut, mein Schatz“. Der Kleine ist es aber nicht, der hier aussagen soll – der Große, der bereits volljährig ist und wohl das Geschehen im August als Beobachter dabei war, ist nicht geladen. Worum geht es nun? Zwei Vorfälle sind es, die offenbar eskalierten. Zwei Menschen können nicht miteinander, geraten aneinander. Alkohol ist bei dem einen mit im Spiel, möglicherweise körperliche Aggression bei dem anderen. Auf jeden Fall aber ein heftiger verbaler Schlagabtausch, der harmlos begann und den Daniel V. harmlos schildert. Das sagt der Angeklagte Er habe seinem Sohn den Fahrradreifen aufpumpen wollen, die kleine Luftpumpe habe dafür aber nicht ausgereicht. Also das Rad zurück in den Keller, wo ihn eine Nachricht auf dem Handy erreicht habe: Herr B. habe vor dem Haus seinen wartenden Sohn bei der Hand genommen. Wobei auch B. laut seinem Kontrahenten wohl kein unbeschriebenes Blatt sei und Ärger mit der Polizei gehabt habe. Jedenfalls habe ihm sein Sohn gesagt, &bdquo;der große Mann“ habe ihn an der Hand genommen. Die Nachricht auf dem Handy &bdquo;B. hat Deinen Sohn angefasst“ liest der Verteidiger vor. &bdquo;Und da bin ich laut geworden“, sagt V. Sehr sauer. Gebrüllt habe er: &bdquo;Komm meiner Familie nicht zu nahe.“ Und dabei mit der Luftpumpe vor B.s Nase herumgewedelt. &bdquo;Nein, ich habe ihn nicht berührt“, bekräftigt er mit weit aufgerissenen Augen auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Christina Brüning. Sicher? &bdquo;Eine Million prozentig.“ Das Ganze ging dann spät abends in Runde zwei. Dabei will er aber gar nicht in Beverungen, sondern bei einem Kumpel in Holzminden gewesen sein, dem er beim Umzug half und erst gegen 23.30 Uhr zurückkam. Auch der älteste Sohn sei nicht dort gewesen, nur die Frau und der Kleine in der Wohnung. Das könnte Sie interessieren: Altenpfleger aus dem Kreis Höxter hat Bewohner geschlagen und gewürgt Das sagt die Zeugin Die Zeugin H., eine ehemalige Nachbarin, mittlerweile in eine andere Stadt umgezogen, hat beide Vorfälle ganz anders in Erinnerung: Sie und B. hätten den weinenden Sohn in den Abendstunden des 23. August vor dem Haus getroffen: Er habe sich ausgesperrt, ob sie ihm helfen könnten. Sie konnten. V. habe sich sogar noch bedankt, sie gebeten zu warten. Als der Sohn im Haus war, &bdquo;ging es los“: &bdquo;Er hat geschimpft, gepöbelt, war aggressiv. Es kam zu einer Rauferei.“ Warum? Das wisse sie nicht. Er habe aus der Wohnung &bdquo;eine Stahlrute, einen Schlagstock“ mitgebracht, auf B. eingeschlagen und diesen am Bein getroffen – was die Polizei bei Runde zwei am späteren Abend auch mit Foto dokumentiert habe. Sie selbst habe V. beschimpft und bedroht. &bdquo;Ich hatte Angst, wollte nur nach Hause.“ Runde zwei hat für sie mit dem Zigarettenholen begonnen. Am späteren Abend. Als plötzlich V. wieder auf der Bildfläche erschienen sei, dazu drei Männer in einem &bdquo;kleinen Auto“ mit HX-Kennzeichen. Was mit Schubsen in die Hecke begann, sei in Tritte und Schläge des Angeklagten gegen B. ausgeartet. V.s ältester Sohn habe den Vater beruhigen wollen: &bdquo;Lass gut sein“ – ohne Erfolg. Die Richterin hakt bei der Zeugin nach Der wiederum habe Drohungen ausgestoßen: &bdquo;Ich mach Dich alle. Ich mach Dich fertig.“ Weshalb die Zeugin zunächst starr vor Schreck war, sich habe verstecken wollen und die Polizei ein zweites Mal an diesem Tag gerufen habe. B. sei verletzt worden, weshalb ein RTW kam. &bdquo;Er hatte ein zerrissenes T-Shirt, Verletzungen an Händen und Rippen“, schildert sie. Ob sie den Angeklagten jetzt im Gericht wiedererkenne – oder die Schilderungen nur von B. gehört habe?, hakt die Vorsitzende Richterin Brüning nach. &bdquo;Ich kannte ihn vom Sehen, aber einen Namen konnte ich nicht zuordnen“, so die 42-Jährige. Frage: &bdquo;Sind Sie sicher, dass es diese Person war?“ Antwort: &bdquo;Ja“. &bdquo;Keine Verwechslung?“ Antwort: &bdquo;Nein.“ B. habe Alkohol getrunken gehabt? Antwort: &bdquo;Ja“. Und Sie selbst? Antwort: &bdquo;Ich trinke nicht!“ Ob sie die Familie V. kenne? &bdquo;Nein, nicht vorher mit ihnen geredet.“ Sie wisse nur von B., dass der Kleine der Sohn sei, den sie nach Haus gebracht hätten und der Große derjenige, der sie am Abend ansprach und fragte, was den zuvor passiert sei. Und die drei Männer aus dem Auto? Nein, die kenne sie gar nicht und könne sie auch nicht beschreiben: &bdquo;Es war dunkel.“ Er bekommt ein Ordnungsgeld von 150 Euro Zwei Versionen einer Geschichte. Welche ist glaubhaft? Weil gleich drei der vier vorgeladenen Zeugen nicht im Amtsgericht erschienen waren – darunter übrigens auch B. selbst – , war klar, dass es an diesem Morgen kein Urteil geben kann. Richterin Brüning verhängte zunächst ein Ordnungsgeld gegen B. in Höhe von 150 Euro – wegen des Nichterscheinens. Und sie will ihn zum nächsten Verhandlungstag polizeilich bei Gericht vorführen lassen, &bdquo;wenn wir wissen, wo er ist“. Das wird aufgrund von Urlauben aber erst am Montag, 30. Juni, um 11 Uhr sein.

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