
Preußisch Oldendorf. Von weißen Weihnachten keine Spur: Stattdessen gab es an den Feiertagen viel Regen. Der Stimmung im Zug der Museumseisenbahn Minden aber tat das keinen Abbruch. Mit zwei Fahrten zwischen Pr. Oldendorf und Bad Essen verkürzten die ehrenamtlichen Eisenbahner vielen Familien an Heiligabend die Zeit bis zur Bescherung. Das Angebot wird immer besser genutzt. Beide Züge waren voll besetzt, mitunter wurden Sitzplätze sogar knapp. Aber gut ausgelastete Züge – darüber freuen sich die Eisenbahner. Mit der Jahresbilanz sind sie ausgesprochen zufrieden.
Es regnete und der Wind war deutlich spürbar. „Aber in den Waggons regnet es ja nicht“, lacht Peter Stockmann von der Gruppe Pr. Oldendorf der Museumseisenbahn Minden (MEM). Viele Familien wollten sich die nostalgischen Bahnfahrten nicht entgehen lassen und muckelig warm war es in den Waggons, die aus den 1930 Jahren und teilweise sogar noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stammten. So ließ es sich aushalten und in überschaubarem Tempo zog die 1958 von der Maschinenfabrik Kiel (MaK) gebaute Diesellok DL2 den Kleinbahnzug über die Gleise der alten Wittlager Kreisbahn.
Lok mit 240 PS bewegt Kleinbahnzug
Von der dreiachsigen Variante dieser kleinen Diesellok mit 240 PS baute Mak nur 14 Exemplare, sagt Lokführer Andreas Wolf. Sohn Arne half ihm beim Rangieren. Die DL2 sei damals fabrikneu zur Wittlager Kreisbahn gekommen. „Größtenteils hat sie ihre Strecke nie verlassen“, merken Andreas und Arne Wolf an. Die Ausnahme waren Werkstatt-Termine.
Andreas Wolf hat aus der Lok heraus den besten Überblick, während sich die Fahrgäste in geselliger Atmosphäre in den Waggons auf die Feiertage einstimmen. Der Zug zuckelt über die Hunte, die Hochwasser führt. An vielen Strecken links und rechts der Strecke sind Felder und Äcker überflutet. „Wir fahren durch die Wittlager Seenplatte“, meint Peter Stockmann.
Fahrt durch die „Wittlager Seenplatte“
Zu den vielen Fahrgästen an diesem Tag gehören Loretta und Jannik Schimschal aus Bad Essen-Wimmer. Für ihren Sohn Lex (2) ist das die erste Bahnfahrt überhaupt. „Er ist schon etwas aufgeregt“, merken die Eltern an. Das Angebot der Museumsbahn an Heiligabend sei super und im kommenden Jahr seien sie wieder mit dabei, kündigt die Familie an.

„Wir wollen auch die Museumsbahn unterstützen. Das ist Kulturgut“, sagen sie. Sie stammten eigentlich aus Pr. Oldendorf und würden den historischen Bahnbetrieb kennen – auch jene Zeiten, als die MEM unter Dampf auf der Wittlager Kreisbahn unterwegs war.
100 Jahre alte Dampflok wird restauriert
Züge mit Dampflok an der Spitze – in Zukunft soll das auch wieder der Fall sein. Nur auf eine zeitliche Prognose mag sich Peter Stockmann nicht festlegen. Die Eisenbahner arbeiten eine rund 100 Jahre alte Dampflok des preußischen Typs T3 (Baureihe 89) auf, die von den Linke-Hofmann-Werken in Breslau gebaut worden war. Der Kessel ist immer noch zur Aufarbeitung bei einer Fachfirma in Wetzlar. Wann er wiederkommt, ist noch offen. Die Zeit bis dahin nutzen die Pr. Oldendorfer Museumsbahner, um am Fahrwerk und an den Wasserkästen zu arbeiten.
Die Saison auf den Gleisen der früheren Wittlager Kreisbahn, heute Verkehrsgesellschaft Landkreis Osnabrück (VLO), sei sehr gut gewesen, freut sich Peter Stockmann. „Es stellt sich immer mehr heraus, dass die Menschen ein Event suchen.“ Das gelte etwa für die Osterfahrten mit Eiersuche oder die Nikolausfahrten. Die Heiligabend-Fahrten seien ebenfalls zunehmend gefragt. In diesem Jahr war das auch konkurrenzlos – denn mangels offener Geschäfte am Sonntag konnten auch keine Last-Minute-Geschenke mehr gekauft werden.
„Zeit nach Corona gibt uns Auftrieb“
Bei der Harpstedter Museumseisenbahn gibt es Heiligabend-Fahrten schon sehr lange. Als die Aktiven der MEM-Gruppe Pr. Oldendorf das vor einigen Jahren auch starteten, hätten ihre Frauen ihnen noch den Vogel gezeigt, meint Peter Stockmann. „Wer soll denn da mitfahren?“, habe es geheißen. Sehr viele Menschen – das lässt sich mittlerweile sagen.

„Die Zeit nach Corona gibt uns Auftrieb“, betont Peter Stockmann. „Nach zwei Jahren mit fast nichts haben die Menschen wieder Lust, etwas zu unternehmen.“ Viele Familien nutzten das Angebot – nicht nur an Heiligabend. Sehr gut liefen inzwischen auch die Teddybär-Fahrten. Kinder mit Kuscheltier fahren dann gratis mit. Das spare den Eltern das Geld für Fahrkarten – und durch die Beschlüsse der Politik werde das Geld bei den Menschen ja nicht unbedingt mehr, merkt Peter Stockmann an.
„Dezember ist der wichtigste Monat“
Fahrten wie die zu Ostern, die Teddybären-Fahrt, die Nikolaus-Fahrten oder eben die an Heiligabend seien starke Tage. Früher sei bei den Museumsbahnen zwischen Oktober und Ostern Pause gewesen. Stockmann: „Aber das hat sich geändert. Der Dezember ist für uns inzwischen der wichtigste Monat.“ Hinzu kommen die Fahrten zu Veranstaltungen in Bad Holzhausen, Bohmte, dem Lintorfer Wandertag oder dem historischen Markt Bad Essen.
„Museumsbahn ist Familiensache“, betont Peter Stockmann. Die Familien der Eisenbahner helfen mit - sei es im Buffetwaggon, beim Fahrkartenverkauf oder bei vielen anderen Tagen, an denen Bahnbetrieb herrscht.