Minden-Lübbecker auf der Alm: Sebastian Wiese ist Stadionsprecher von Arminia Bielefeld

Bielefeld/Porta Westfalica. Mitch Kniat war nicht eingeladen. Er kam trotzdem. Für den Trainer des Fußball-Zweitligisten DSC Arminia Bielefeld war der Weg aber auch nicht weit. Er musste lediglich aus den Katakomben der Schüco-Arena in eine der Logen kommen. Dort feierte Sebastian Wiese am vergangenen Samstag die Taufe seines zweiten Sohnes Milan zusammen mit seiner Familie und engen Freunden. Allerdings nicht ganz freiwillig. Sebastian Wiese ist der Stadionsprecher von Arminia Bielefeld. Seit 2018 macht der Mann, der in Eisbergen aufgewachsen und am Gymnasium Porta sein Abitur abgelegt hat, diesen Job. Am vergangenen Samstag hatte er frei. Die Taufe stand schließlich schon länger fest als das Testspiel des Zweitliga-Aufsteigers gegen den französischen Erstligisten AS Monaco. Doch dann kam alles anders als geplant. &bdquo;Ich habe einen Stellvertreter, der an dem Tag allerdings auch keine Zeit hatte“, erzählt Wiese. Eine Lösung musste her. &bdquo;Arminia hat uns dann eine Loge angeboten“, sagt der 41-Jährige, &bdquo;ich bin super dankbar, dass ich die Taufe und das Spiel miteinander verbinden konnte. Für mich ist es alles andere als selbstverständlich, dass wir im Stadion feiern durften.“ Auch interessant: &bdquo;Almgeflüster“ mit Sebastian Wiese – der Stimme hinter Arminia Bielefeld Alm-Stadionsprecher unterbindet Platzsturm Nach der Kirche ging es also zur Alm statt ins eigene Wochnzimmer. Für Wiese ist die Schüco-Arena aber eh fast dasselbe. &bdquo;Normalerweise bin ich zwei Stunden vor dem Anpfiff im Stadion. Gegen Monaco bin ich dann nach dem Mittagessen zur Besprechung gegangen.“ Mit dem Regie-Team geht er noch einmal den Ablauf des Spieltags durch. Wer ist der Interviewgast? Was passiert in der Pause? Mit einem Knopf im Ohr ist der Stadionsprecher während der gesamten Spielzeit mit seinen Kollegen auf der Tribüne verbunden, um spontan reagieren zu können. In der Verlängerung des DFB-Pokal-Halbfinals gegen Bayer Leverkusen gab es beim Stand von 2:1 für Bielefeld die Ansage: &bdquo;Lass uns mal kurz über einen möglichen Platzsturm sprechen.“ Die Regie hatte dieses Szenario durchgespielt. Tatsächlich liefen nach dem Schlusspfiff einige Fans auf den Rasen. Wiese konnte das mit seinen Durchsagen unterbinden. Dafür erhielt er von vielen Seiten Lob. Bereits als Kind stand der zweifache Familienvater gerne vor Publikum. Alles begann mit der Theater-AG in der Schule. Zunächst war der kleine Sebastian noch sehr nervös und schüchtern, doch das legte sich schnell. &bdquo;Irgendwann hat der Spaß die Oberhand gewonnen“, erzählt Wiese. Er wurde Stufensprecher und hielt die Abschlussrede auf der Abifeier. Danach ging er zum Studieren nach Bielefeld. Germanistik und Erziehungswissenschaften. Stadionsprecher von Arminia arbeitet auch bei Radio Bielefeld Plan A war, Lehrer zu werden. &bdquo;Ich habe großen Respekt vor dem Beruf. Aber ich habe diesen Plan nach dem ersten Praktikum verworfen“, erzählt der Portaner. Er schwenkte um und machte seinen Master in Interdisziplinären Medienwissenschaften. Aber viel wichtiger als die Vorlesungen und Klausuren an der Uni: Sebastian Wiese entwickelt während des Studiums zwei Leidenschaften, die ihn nicht mehr loslassen sollten. Die eine ist Arminia, die andere das Radio. Der 41-Jährige absolvierte 2010 ein Praktikum bei Radio Bielefeld. Seitdem gehört er zum Inventar des Senders an der Niedernstraße. Nach seinem Volontariat wurde er als Redakteur angestellt und moderiert aktuell die Morningshow. Bereits wenige Monate nach seinem Praktikum war er als Arminia-Reporter unterwegs. Sein erstes Interview führte er mit dem damaligen Trainer und ehemaligen Nationalspieler Christian Ziege. &bdquo;Das war noch mit zitternder Stimme“, erinnert er sich. Die Bindung zu Arminia war seitdem von Berufswegen eng. 2014 stieg Wiese als Stadionmoderator ein. Vier Saisons später war er auch Stadionsprecher. Ungeplant. Schließlich war Lothar Buttkus seit 35 Jahren Arminias Stimme. Eine Legende. Doch Buttkus verstarb plötzlich im August 2018. Nur wenige Tage später sagte Sebastian Wiese im Spiel gegen Dynamo Dresden die Torschützen und Auswechslungen zum ersten Mal an. &bdquo;Es war für den Übergang geplant, aber dann war Arminia mit meiner Arbeit zufrieden und mir hat es unglaublich viel Spaß gemacht“, blickt Wiese zurück. Jetzt ist er Arminias Stimme. Arminia-Stadionsprecher war beim Pokalfinale in Berlin Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sebastian Wiese (@derwiese84) Seitdem spürt der &bdquo;Lautsprecher“, wie sich die Energie der mehr als 20.000 Fans den Weg von den Tribünen auf das Spielfeld bahnt. Wenn er die Aufstellung verliest, hat er alle Bielefelder Anhänger hinter sich. Wiese hat mit der Arminia Aufstiege gefeiert und bei Abstiegen mit ihr gelitten. Und dann kam sie: die Saison 2024/2025. Es war eine der erfolgreichsten und emotionalsten Spielzeiten in der 120-jährigen Vereinsgeschichte des Deutschen Sportclubs. Arminia holte die Drittliga-Meisterschaft, den Westfalenpokal – und drang bis ins DFB-Pokalfinale vor. Berlin. Dort sollte auch Sebastian Wieses Reise hingehen. Traditionell sagen die Stadionsprecher der beiden Vereine im Olympiastadion die jeweilige Aufstellung an. Einen Tag vor dem Endspiel fuhr Wiese mit seiner Frau Jacqueline in die Hauptstadt. &bdquo;Da habe ich zum ersten Mal gedacht: Was mache ich eigentlich hier?“ Vom Hotel aus ging es direkt zum Alexanderplatz. Dort moderierte der Portaner vor einem Meer aus schwarz-weiß-blauen Fahnen und Schals den Fanabend. Am Samstagvormittag ging es erneut zum &bdquo;Alex“. Zusammen mit seinem Kollegen Tim Donsbach führte er durch das zweite Fanfest. &bdquo;Das war eine ganz eigene Welt. Ich war total geflasht und habe es so sehr genossen“, erzählt Wiese. Lesen Sie auch: So dramatisch schildern die Arminia-Fans das Einlass-Chaos beim Pokalfinale in Berlin Trainer Kniat bei Taufe vom Sohn des Stadionsprechers Doch dann wurde es stressig. Nach der Besprechung mit dem DFB musste Wiese quer durch die Stadt bis zum Olympiastadion fahren. Der Verkehr stockte, die Polizei sperrte eine Straße nach der anderen. &bdquo;Wir sind dann viel zu spät und abgehetzt angekommen.“ Von jetzt auf gleich musste der 41-Jährige die Generalprobe durchziehen. &bdquo;Ich wäre alles vorher noch einmal gerne durchgegangen.“ Dafür fand Wiese vor dem Anstoß dann doch noch Zeit und ließ den legendären Satz &bdquo;Niemand erobert den Teutoburger Wald” in seine Moderation einfließen. Alles passte, nur das Ergebnis nicht. Arminia verlor 2:4 gegen den VfB Stuttgart. Aber Sebastian Wiese bleiben nicht nur die Spiele der vergangenen zwölf Monate in Erinnerung. Er freut sich auch darüber, dass sein erster Sohn Levi von dessen Lieblingsspieler Louis Oppie ein Trikot geschenkt bekommen hat. Dass Mitch Kniat vor jedem Spiel jeden Mitarbeiter auf dem Weg zur Bank abklatscht und dass der Cheftrainer zu Milans Taufe plötzlich in der Loge stand und gratulierte. &bdquo;Ein Mitarbeiter meinte dann noch, wir sollten mit Milan einmal unter den Sprenger gehen, damit er auch das heilige Arminia-Wasser abbekommt“, sagt Wiese und lacht. Aber ganz so weit geht die Liebe zum Deutschen Sportclub Arminia Bielefeld dann doch nicht. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sebastian Wiese (@derwiese84)

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