Möbel-Riese XXXLutz übernimmt Porta: Die Hintergründe zur Übernahme

Porta Westfalica. Tag eins nach der Nachrichtenflut zum Verkauf der Porta-Unternehmensgruppe. Im Stammhaus am Porta-Markt in Barkhausen läuft alles wie immer: Um zehn gehen die Türen auf, die ersten Kunden betreten das riesige Einrichtungshaus. Sie sind auf der Suche nach Teppichen, Handtüchern, Porzellan, vielleicht einem Möbelstück. Eine Frau kauft vier Tassen. Reinigungskräfte beseitigen die letzten Laubreste im Eingangsbereich, während die ersten Kunden den Laden schon wieder verlassen. Von dem großen Medienecho des Vorabends: keine Spur. Doch fernab des Porta-Marktes ist deutlich mehr Bewegung zu spüren. Der Verkauf des in zweiter Generation geführten Familienunternehmens ist an vielen Küchentischen, auf der Straße, in sozialen Netzwerken Tagesgespräch. Für die einen ist der Deal, der in der Branche als einer der größten in Deutschland gilt, ein nie für möglich gehaltener Schritt. Für die anderen, die tiefer in der Materie sind, hat er sich der Verkauf längst angekündigt. Die Reaktionen sind auch am Tag nach der offiziellen Verkündung immer vielfältig. Landrat zeigt sich schockiert über Porta-Übernahme Minden-Lübbeckes Landrat Ali Dogan (SPD) wurde bereits am Montagabend von Achim Fahrenkamp über den Verkauf des Familienunternehmens informiert. Der geschäftsführende Gesellschafter habe sich telefonisch bei Dogan gemeldet. &bdquo;Ich war schockiert“, sagt der Landrat. Lesen Sie auch: Nachteile für Kunden: Möbelhersteller aus OWL kritisieren geplante Porta-Übernahme Er sei aber über die Tatsache froh, dass die Immobilien-Gesellschaft von der Porta-Gruppe fortgeführt werde und nicht Teil des Verkaufs an XXXLutz sei. &bdquo;Porta ist ein traditionelles Familienunternehmen und eng mit der Region verbunden. Wenn so eine Firma übernommen wird, dann tut das immer weh“, sagt der Landrat. Er wünsche sich jetzt vor allem, dass möglichst viele Arbeitsplätze in der Region gesichert werden. Zukünftig würden nur wenige große Möbelhändler Marktanteile gewinnen, lassen sich die Gesellschafterfamilien Gärtner und Fahrenkamp in einer offiziellen Stellungnahme zitieren: &bdquo;Wir haben im Gesellschafterkreis sehr genau analysiert, ob wir die Porta-Unternehmensgruppe aus eigener Kraft nach vorne bringen oder ob wir mit einer starken Allianz eine neue Marktposition erlangen können.“ Alle Gesellschafter seien davon überzeugt, dass die Allianz mit XXXLutz für das Unternehmen und die Mitarbeitenden die beste Option ist. So erklären die Beteiligten die Porta-Übernahme Die Entscheidung sei allen Beteiligten sehr schwergefallen. &bdquo;Für uns ist das hochemotional, wie für die meisten von ihnen sicherlich auch“, sagt Achim Fahrenkamp in einer Videobotschaft an die Belegschaft, die dem &bdquo;Mindener Tageblatt“ vorliegt. Übernahmeangebote habe es genug gegeben. Er stellt mit Blick darauf klar: &bdquo;Wir haben nie im Traum daran gedacht.“ Doch die Zeiten hätten sich komplett geändert. &bdquo;Es geht jetzt um die Zukunft dessen, was sie gemeinsam mit uns aufgebaut haben“, sagt Fahrenkamp und wird deutlich: &bdquo;Es geht vor allem um den Erhalt der Arbeitsplätze.“ &bdquo;Die Verträge sind unterschrieben“, sagt er weiter und erklärt, dass die Zustimmung des Kartellamtes noch ausstehen würde. &bdquo;Das wird ein paar Monate dauern.“ Die operative Führung werde weitestgehend Paul de Jong und dem Management-Team überlassen. XXXLutz könnte Lücke zu Ikea verringern Sollte die Übernahme der Porta-Gruppe abgesegnet werden, stärkt XXXLutz seine Position als Nummer zwei auf dem deutschen Markt und verringert die Lücke zum Branchenprimus Ikea. Die Schweden haben 2023 in Deutschland gut 6,4 Milliarden Euro umgesetzt, wie das Onlineportal Statista unter Berufung auf Zahlen des Magazins &bdquo;Möbelkultur“ berichtet. Mit knapp vier Milliarden folgt Lutz, zu denen auch die Poco-Märkte gehören. Gemeinsam mit Porta läge der Umsatz demnach bei rund 5,3 Milliarden Euro. Mit dabei in den Top 5 sind Otto, Höffner und Jysk. Konkrete Zahlen zur Porta-Gruppe sind immer erst mit zeitlicher Verzögerung in den einschlägigen Registern einsehbar. Abgesehen davon würden Geschäftszahlen nicht veröffentlicht, heißt es auf Anfrage. In den vergangenen zehn Jahren lagen die Erlöse bis auf eine Ausnahme 2021 stabil über der Milliardengrenze. Rückschlüsse auf die Profitabilität lassen sich daraus aber nicht ziehen. Mehr Rabattaktionen als sonst Ob der Umsatz bei Porta selbst zuletzt stark eingebrochen war, wie die &bdquo;MT“-Redaktion aus Firmenkreisen hörte, bleibt ebenfalls unkommentiert. Die Werbeaktionen 2024 deuten aber zumindest darauf hin. Allein am Standort Barkhausen rief das Unternehmen im vergangenen Jahr 20 Mal zu besonderen Shopping-Rabattaktionen auf, bei denen zwischen 20 und 30 Prozent Nachlass auf das gesamte Sortiment gewährt wurde. Seit Herbst war das nahezu alle zwei Wochen der Fall. In den Jahren davor wurden nicht annähernd so viele Lockangebote gemacht. Lesen Sie auch: XXXLutz übernimmt Porta: Emotionale Worte von Geschäftsführer Fahrenkamp Der neue Eigentümer aus Österreich dürfte die Übernahme aber gut stemmen können. Der Bilanzgewinn im Ende März abgelaufenen Geschäftsjahr lag bei annähernd 130 Millionen Euro, die österreichische Gruppe hat laut aktueller Jahresbilanz eine Eigenkapitalquote von 71,5 Prozent. Porta-Übernahme noch nicht angemeldet Bevor der Deal aber über die Bühne geht, muss die Kartellbehörde noch prüfen und zustimmen. In diesem Fall ist die Europäische Kommission zuständig. Dort sei allerdings noch keine Übernahme angemeldet worden, erklärt EU-Kommissionssprecherin Sara Simonini auf &bdquo;MT“-Anfrage. Sie betont, dass XXXLutz in der Pflicht sei, die Übernahme zu melden. Das bestätigt auch Lutz-Sprecher Thomas Saliger am Mittwoch gegenüber der Redaktion. Die Meldung werde erst noch folgen. Die Prüfung einer solchen Übernahme dauert in der Regel mehrere Monate. Allein das deutsche Kartellamt kann dafür bis zu fünf Monate in Anspruch nehmen, betont deren Sprecher Kay Weidner. Doch noch ist das Verfahren nicht in Gang. Wie das Verfahren also ausgeht, steht noch nicht fest. Kritik aus der Möbelbranche Dennoch lasse sich eine grobe Richtung schon jetzt abschätzen, meint Prof. Dr. Rainer Lademann. Der promovierte Betriebswirtschaftler und Professor der Universität Göttingen gilt als Experte für Kartellrecht. Er war als Experte im Wirtschafts- und Ernährungsausschuss des Deutschen Bundestages tätig und gutachtete mehrfach für Monopolkommission zur Wettbewerbsentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel. Lademann widerspricht der kritischen Stellungnahme des Spitzenverbandes Möbelbranche, wonach der Möbelmarkt infolge der Übernahme ein kritisches Konzentrationsniveau erreichen soll. Der Möbelmarkt sehe zwar auf den ersten Blick hochkonzentriert aus, aber es gebe noch eine ganze Reihe von Mitbewerbern. Er zieht den Vergleich zum Lebensmittelhandel: &bdquo;Dort haben die vier Größten einen Marktanteil von 90 Prozent. In der Möbelbranche haben die 30 Größten einen Anteil von rund zwei Dritteln“, erklärt Lademann. &bdquo;Da sind wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht in einem kritischen Bereich.“ Jeder Porta-Standort wird geprüft Rainer Lademann kennt die Denkweise von Kartellämtern, hat selbst einige solcher Fälle begleitet. In den aktuellen Fall ist er nicht eingebunden. Dennoch hat er einen guten Überblick über die Branche: &bdquo;Auf dem Möbelmarkt gibt es viele Möglichkeiten, sich als Unternehmen zu spezialisieren. Discounter, hochwertige Möbel, Vollsortiment.“ Er glaubt daher, dass der Deal über die Bühne gehen könnte. Dennoch könnte es Einschränkungen geben. &bdquo;Die Kartellbehörde wird jeden Standort genau prüfen. Es könnte sein, dass einzelne Standorte nicht übernommen werden dürfen oder XXXLutz andere abgeben muss“, blickt der Professor vorsichtig voraus. Bei der Prüfung könnten vor allem die regionalen Strukturen eine Rolle spielen. Etwa so: Würde durch die Übernahme des Porta-Marktes in Barkhausen der Wettbewerb regional verzerrt. &bdquo;Bei Möbelkäufen sind Kunden durchaus bereit, eine oder zwei Stunden zum nächsten Geschäft zu fahren. Die regionalen Strukturen sind also deutlich weitläufiger als im Lebensmitteleinzelhandel“, betont Lademann. Übernahmen zuletzt kritisch begutachtet Zuletzt hatte die EU-Kommission bei der Übernahme von Home24 durch XXXLutz auch kritisch die Herstellerstruktur hinterfragt. Der Branchenverband kritisiert, dass durch die immer größer werdende Kette größerer Druck auf die Hersteller ausgeübt werden könne. Diese Ansicht teilt Rainer Lademann. Viele Möbelhäuser würden Einkaufskooperation angehören, um sich gegen große Player der Branche behaupten zu können. &bdquo;Wenn XXXLutz jetzt noch größer wird, kann es sein, dass hier vom Kartellamt ein Verbot ausgesprochen wird und das Unternehmen aus diesen Kooperationen austreten muss“, sagt Lademann. Ihm sei wichtig, dass seine Einschätzung nur vage sei und er zu Details nichts sagen könne. Noch keine Anfragen bei der Gewerkschaft Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Porta-Unternehmensgruppe müssen die Nachricht vermutlich erst einmal sacken lassen. Anfragen von möglicherweise verunsicherten Beschäftigten seien bei ihr noch nicht eingetroffen, berichtet am Mittwochmittag Nina Begemann, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi für den Fachbereich Handel OWL. Wesentlicher Grund sei wohl die Mitteilung, dass Lutz alle Beschäftigten übernehmen wolle. Dann würden sich Mitarbeiter in der Regel erst einmal nicht bei der Gewerkschaft melden, sofern sie denn überhaupt organisiert seien. Mehr zum Thema: Historischer Deal: XXXLutz übernimmt Porta zu 100 Prozent Ein Gesamtbetriebsrat für die Porta-Unternehmensgruppe existiert übrigens nicht, wie der Sprecher des von Porta beauftragten Pressebüros am Mittwoch mitteilte. Es gebe aber in einzelnen Möbelhäusern Betriebsräte. Dazu zählt auch Porta-Möbel in Barkhausen. Allerdings wurde der von der Redaktion an die dortige Marktleitung herangetragene Wunsch zur Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat gestern nicht erfüllt.

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