„Ich wünschte, ich wäre tot“: Täter zeigt Reue im Mindener Totschlag-Prozess

Minden/Bielefeld. Hin und wieder schüttelte der Angeklagte Kamal H. den Kopf, während der Vorsitzende Richter Sven-Helge Kleine die Entscheidung des Landgerichts Bielefeld begründete. Abgesehen davon zeigte der 41-Jährige kaum eine Regung. Die Strafkammer verurteilte den gebürtigen Libanesen aus Minden am Dienstag wegen Totschlags und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und drei Monaten. Zudem behielt sich das Gericht eine Sicherungsverwahrung vor. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass Kamal H. im August 2024 zunächst seiner Ex-Partnerin ihm Beisein ihrer Kinder die Nase brach und am darauffolgenden Tag – wenige Stunden nach seiner Entlassung aus dem Polizeigewahrsam – einen unbeteiligten 65-jährigen Nachbarn in dessen Wohnung an der Hahler Straße tödlich verletzte. Ein Motiv konnten weder die Ermittler noch das Gericht feststellen. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen an Kopf, Rippen, Lungen und Wirbelsäule. &bdquo;Das war ein Gewaltexzess mit tödlichem Ausgang – eine unglückliche, zufällige Begegnung“, erklärte Richter Kleine und hob das brutale Handeln des Angeklagten hervor. Zwischen Täter und Opfer hatte zuvor kein Kontakt bestanden. Die Kammer ging von einem verbalen Streit im Treppenhaus als möglichem Auslöser aus. &bdquo;Es wäre lebensfremd, anzunehmen, dass jemand anderes die Tat begangen haben könnte“, so der Vorsitzende Richter. Die Polizei fand umfangreiche Blut- und DNA-Spuren des Opfers an der Kleidung von Kamal H. Augenzeugen beschrieben eine blutdurchtränkte Hose. &bdquo;Als hätte es Blut geregnet“: Mindener soll Nachbarn seiner Ex-Freundin getötet haben Für den Angeklagten stand viel auf dem Spiel Der Angeklagte betonte im Prozess mehrfach, sich aufgrund von Alkohol- und Cannabiskonsum an nichts erinnern zu können. Die Kammer wertete diese Aussagen zu den Filmrissen jedoch als Schutzbehauptungen, da Kamal H. viele andere Details vor und nach den Taten genau schildern konnte. &bdquo;Vielleicht verdrängen Sie das alles einfach“, sagte Richter Kleine an ihn gewandt. Rund vier Stunden nach dem Tötungsdelikt wies Kamal H. eine Blutalkoholkonzentration von 1,38 Promille auf – zu wenig für eine Schuldunfähigkeit, die juristisch in der Regel erst ab einem Wert von mehr als drei Promille angenommen wird. Aufgrund einer Mischintoxikation mit Cannabis erkannte das Gericht jedoch eine verminderte Schuldfähigkeit an. Die Kammer sprach von einer &bdquo;erheblichen Enthemmung“ des Täters. Gleichzeitig habe Kamal H. auf die Polizisten nach den Gewaltdelikten koordiniert gewirkt und ihnen Fragen beantworten können. Für Kamal H. stand in diesem Verfahren besonders viel auf dem Spiel. Sowohl der Staatsanwalt als auch ein Sachverständiger empfahlen eine Sicherungsverwahrung im Anschluss an die Haftstrafe – zum Schutz der Allgemeinheit. Der Mindener sei bereits seit seiner Jugend aufgrund von Gewaltdelikten auffällig geworden und mehrfach vorbestraft. Eine solche Verwahrung ist zeitlich unbegrenzt, wird jedoch in regelmäßigen Abständen überprüft. Das Gericht erkannte die Voraussetzungen grundsätzlich als gegeben an, traf jedoch noch keine endgültige Entscheidung. Die Frage einer Sicherungsverwahrung kann bis zum Ende der Haftzeit erneut geprüft und gegebenenfalls angeordnet werden. Zum Thema: Angeklagter bricht vor Gericht in Tränen aus 3.000 Euro Schmerzensgeld in Bar im Gerichtssaal Der Angeklagte selbst, der vor dem Tötungsdelikt recht aktiv in den sozialen Medien war und sich dort beim Boxen sowie mit einer Schusswaffe zeigte, entschuldigte sich in seinem letzten Wort bei der Familie des Getöteten. &bdquo;Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich das machen.“ Es sei schwer, mit dieser Tat zu leben, er könne sich diese nicht erklären. &bdquo;Es tut mir leid - ich wünschte, ich wäre tot, statt ihm das angetan zu haben.“ Vor dem Urteilsspruch überreichten die Angehörigen des Angeklagten noch 3.000 Euro als Schmerzensgeld an den Anwalt der Nebenklägerin, die zur Urteilsverkündung selbst nicht anwesend war. Die Summe hatten sie in Bargeld dabei, was bei Staatsanwalt Christopher York Kopfschütteln auslöste. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hintergrund: Hohe Strafe gefordert - &bdquo;Sie haben eine böse Seite - das wissen Sie“

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