Ein Landrat voll auf Sendung: Das Dauerfeuer von Ali Dogan in sozialen Netzwerken

Kreis Minden-Lübbecke. Kein Bürgermeister in Minden-Lübbecke ist auf Instagram und Facebook so aktiv wie Landrat Ali Dogan (SPD). Wer politisch interessiert ist, dem wird der Hauptverwaltungsbeamte mehrfach täglich eingespielt. Früh morgens geht es los mit Post und Storys, oft spät abends endet es. Zuletzt gab es immer wieder Bilder und Videos von Karnevalsveranstaltungen, dann Besuche in Einrichtungen, Eindrücke aus Dogans Lions-Club oder vom Besuch des türkischen Generalkonsuls im Kreishaus. Warum ist Dogan dieses Thema so wichtig? Sein Ziel sei es, der Verwaltung ein Gesicht zu geben und transparent in die Öffentlichkeit zu treten, sagt Dogan gegenüber dem &bdquo;Mindener Tageblatt“. Zwar erreicht der Landrat mit seinen aktuell 3.427 Followern auf Insta &bdquo;nur“ etwas mehr als ein Prozent der Minden-Lübbecker Bevölkerung. Doch das ist ein x-faches etwa von Mindens Bürgermeister Michael Jäcke (kein Account), Portas Bürgermeisterin Anke Grotjohann (199 Follower) oder Petershagens Bürgermeister Dirk Breves (441). &bdquo;Ich möchte kommunikativ, offen und transparent vorgehen und so Menschen erreichen“, sagt Dogan. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Ali Dogan (@alidogan1982) Wer organisiert die Inhalte für die verschiedenen Auftritte? Dogan schätzt, dass er zu 70 Prozent selbst für die Inhalte sorgt. Die restlichen 30 Prozent erledigen fünf Freunde für ihn. Es handle sich um teils langjährige Vertraute. Dogan spricht von &bdquo;völliger Freundschaft“ und &bdquo;blindem Vertrauen“. &bdquo;Deshalb haben sie auch Prokura“, sagt er. Soll heißen: Nicht jeder Inhalt muss vorher breit abgestimmt werden. &bdquo;Manchmal wird eine Rede aufgenommen und ich merke das gar nicht und sehe es dann auf dem Kanal selbst zum ersten Mal“, erklärt Dogan. Hin und wieder gebe es auch kleine Abstimmungen nach dem Muster &bdquo;Ok so?“ – &bdquo;Ja!“. Wichtig zu betonen ist dem Landrat, dass er zwar nicht alle Inhalte selbst erstellt, wohl aber alle persönlichen Antworten in den Kommentaren und auf Nachrichten hin von ihm persönlich kommen. Sind der Insta-Auftritt &bdquo;alidogan1982“ und der Facebook-Auftritt &bdquo;Ali Dogan“ privater oder dienstlicher Natur und fließen für die Inhalte-Erstellung Steuer- oder private Gelder? Weder, noch, betont Dogan. Seine Freunde handelten als solche und deshalb gewissermaßen ehrenamtlich. Weder zahle er dafür aus der eigenen Tasche, noch fließe Steuergeld. Er nehme es sehr ernst, für die privaten Kanäle, die nicht im Besitz des Kreises sind, keine Arbeitskraft aus der Kreisverwaltung zu benutzen. Zu 99 Prozent sei das sichergestellt. Das eine Prozent könne beispielsweise in das Erstellen eines einzelnen Fotos fließen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Kreis Minden-Lu?bbecke (@kreismilk) Größtenteils versuche Dogan allerdings, das zu vermeiden, etwa durch das Posten von Selfies. Es habe anfangs auch die Überlegung gegeben, die Kanäle in die Hand der Kreisverwaltung zu legen, denn dann hätte womöglich auch die Pressestelle für diese Auftritte Inhalte erstellen können. Das unterblieb dann, weil es im Falle einer beruflichen Veränderung zu Problemen bei der Rückübertragung hätte kommen können. Anders ist es mit dem Kanal &bdquo;kreismilk“, der in Besitz und Obhut der Kreisverwaltung liegt und deshalb auch mit Mitteln und Arbeitskraft der Pressestelle des Kreises gepflegt wird. Die Inhalte sind sehr bunt und reichen von einem möglichen Suizid bis Karneval – täte nicht mehr Stringenz gut? Sich nur auf das zu konzentrieren, was er als Amtsperson tue, das kommt für Dogan nicht infrage. Sein Auftritt sei bewusst &bdquo;so bunt wie das Leben“. Andere Hauptverwaltungsbeamte konzentrieren sich voll auf ihre berufliche Tätigkeit. Der Minden-Lübbecker Landrat berichtet auch über seine Vorliebe für die alte Version des Brettspiels &bdquo;Spiel des Lebens“, äußert sich zum Abgang des Fußballtrainers Jürgen Klopp oder zum augenscheinlichen Suizid einer Journalistin. Täte da nicht mehr Ausgeruhtheit oder ein engerer Themenzuschnitt gut? Das findet Dogan gerade nicht. Er bewertet seine Auftritte als erfolgreich und dieser Erfolg gebe ihm Recht, dass gerade die vielfältige Themensetzung gut ankomme. Er wolle sich als Mensch mit seinen Gedanken zeigen, die er sich etwa um Politik und Gesellschaft mache. Nur das zu schreiben, was Mainstream und ohne jede Ecke ist, sei nicht sein Ding. &bdquo;Politiker müssen sich mehr als Menschen mit Ecken, Kanten und Fehlern zeigen“, findet er. Das gebe es ohnehin viel zu selten. Er vertrete auch mal eine Meinung, noch bevor überhaupt klar sei, wohin sich am Ende der Mainstream entwickle, dazu brauche es Mut und klare Kante. Ist es der Hektik geschuldet, dass auf den Kanälen immer mal wieder recht schwerwiegende Fehler zu sehen sind? &bdquo;Fehler zu machen, ist menschlich“, antwortet der Landrat. Die könne er nicht ausschließen und wolle es auch gar nicht, weil er sich als fehlbarer Mensch und nicht zu stromlinienförmig zeigen wolle. Es stimme aber, dass die Inhalte oft auch in der kurzen Zeit zwischen zwei Terminen entstehe. &bdquo;Wenn ich kein Geld dafür ausgebe, die Inhalte professionell erstellen zu lassen, dann sind Fehler unvermeidlich“, sagt er. So sei auch ein Bild entstanden, auf dem versehentlich Inhalte aus dem Mailpostfach des Landrats zu sehen waren. Er habe sich vergriffen und es dann später korrigiert, indem der Maileingang überblendet wurde. Auch hatte Dogan den &bdquo;Selbstmord“ einer zwischenzeitlich verschwundenen Journalistin verkündet. Diesen Post löschte er und setzte einen entschärften auf, den er dann ebenfalls löschte, als sich herausstellte, dass die Frau gar nicht tot war. Er habe gelöscht, weil er aufgrund des von ihm geposteten schwarz-weiß Fotos der Frau Sorge gehabt habe, der Eindruck, es habe ein Suizid stattgefunden, könne sich verstärken. Als Fehler erachte er das aber nicht. Allerdings gilt es in der Welt der Sozialen Medien als Unding, Inhalte durch ein Löschen wie ungeschehen machen zu wollen. Standard ist, ein Löschen und seine Gründe dann auch durch eine Erklärung transparent zu machen. Das tat Dogan nicht, findet aber: &bdquo;Meine Kanäle sind nicht wissenschaftlich oder nach presserechtlichen Standards aufgebaut, auch wenn ich selbstverständlich ausschließlich wahre Inhalte teilen möchte.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Ali Dogan (@alidogan1982) Das Posting zum Abschied von Jürgen Klopp als Trainer des FC Liverpool übernahm Dogan größtenteils wörtlich aus einem anderen Text. Anders als üblich machte er das allerdings nicht an Ort und Stelle mit Zitaten und einer Verlinkung des Urhebers transparent, sondern erst in einem Kommentar darunter. Auch das betrachtet Dogan nicht als Fehler. Er habe festgestellt, dass ein Inhalt ohne eine Verlinkung zum Urheber sich weiter verbreite. Und so sei sein Weg, auf das Kopieren von Inhalten anderer eben – anders als üblich – im Kommentarbereich. Der Urheber der Sätze zeigte sich mit diesem Vorgehen auf Nachfrage des MT einverstanden. Wie geht Dogan mit Kritik an Postings um? Ein Bürger kritisierte das Umgehen mit dem mutmaßlichen Suizidfall ebenfalls in einem Instagram-Post: &bdquo;Herr Landrat, das war vorschnell, unprofessionell und erweckt den Eindruck politischer Einungsmache, ohne Fundament. Der Post ist gelöscht – der fade Beigeschmack bleibt.“ Dogan sagt auf Nachfrage, dass es ihm darum gegangen sei, die Rolle rechter Journalisten, konkret des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, zu kritisieren. Darüber hinaus orientiere er seine &bdquo;Arbeit nicht nach Einzelmeinungen, sondern habe eine eigene Meinung, die ich mir in diesem Fall vorher gebildet hatte“. Er &bdquo;verstehe den Einwand des Bürgers“, der allerdings habe aus Dogans Sicht dessen Intention missverstanden. Außerdem habe er auch eine Rückmeldung erhalten, dass es schade sei, dass Dogan den Inhalt gelöscht habe. Wird Dogan auch in Zukunft Inhalte schlicht löschen, ohne dies transparent zu machen? Ja, er behalte sich weiterhin vor, Inhalte ohne &bdquo;jegliche Hinweise zu löschen“. Das mache er seit mehr als zehn Jahren so und sei ihm &bdquo;vielfach auch so empfohlen“ worden. Das gelte etwa auch für Kommentare unter seinen Post, wenn sie unsäglichen Inhalts seien. Allerdings kann sich Dogan in besonderen Fällen &bdquo;mit pikanterem Inhalt“ wie dem Posting über die verschollene Journalistin für die Zukunft &bdquo;gut vorstellen, dass ich beim Löschen oder verändern Klarstellungen formuliere, damit es nicht zu Missverständnissen führt“. Das sei etwa dann der Fall, wenn es um Persönlichkeitsrechte oder Personen an sich geht, die namentlich in einem Beitrag erwähnt werden. &bdquo;Wenn ich jemanden persönlich erwähne und dann auf einmal nicht mehr, dann möchte ich das gerne kenntlich machen“, betont der Landrat. Trotzdem betont er, dass er er sich nicht Maßstäben unterwerfen wie es ein Presseorgan tun müsse.

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