Rentnerehepaar gerät nach Krankenhausaufenthalt in die Quarantäne-Falle

Minden. Die Betten sind knapp. Eine nachgewiesene Corona-Infektion allein reicht nicht aus, um im Johannes- Wesling-Klinikum stationär aufgenommen zu werden. Welche Folgen das haben kann, schildern Angehörige eines Mindener Ehepaares. Beide waren an Covid-19 erkrankt und wurden auf der Station C28 behandelt. Die Angehörigen wussten das Paar also in guten Händen. &bdquo;Ärzte und Pfleger nehmen sich Zeit und hören auch zu." Aber bis hierher war es ein holpriger Weg. Angefangen hat ihre Odyssee vor Anderthalb Wochen. Donnerstag, 19. November Seit längerem leidet die Seniorin Hanna R. (73) an einer Parkinson-Erkrankung. Ihre Angehörigen bemerken, dass es ihr an diesem Tag schlechter geht. Auch ihr zehn Jahre älterer Ehemann ist angeschlagen, vermutet wird ein Magen-Darm-Infekt. Auch die Sorge um seine Ehefrau belastet den Senior spürbar. Über den ganzen Tag verteilt unterstützen Tochter und Schwiegertochter die Beiden im Haushalt und bei der Pflege. Freitag, 20. November Die Ehefrau erleidet vormittags einen Schwächeanfall. &bdquo;Aufgrund seiner sich noch weiter verschlechternden Konstitution ist ihr Ehemann nicht in der Lage, seiner Frau Beistand zu leisten", schreiben die Angehörigen. Erneut kommt die Tochter ins Haus, außerdem eine Nachbarin und der Hausarzt. Der Arzt lässt die Seniorin gegen 17 Uhr per Krankentransport ins Klinikum fahren. Im JWK wurde die 73-Jährige dann positiv auf Covid-19 getestet, was man den Angehörigen am späten Freitagabend telefonisch mitteilt. Damit einher geht die Aufforderung, sich nun auch selbst zu isolieren. Samstag, 21. November Auch der zweite Corona-Test bei der 73-jährigen Frau ist positiv. Das Klinikum meldet sich am Samstagvormittag telefonisch bei den Angehörigen. Als direkte Kontaktpersonen in der Zeit von Donnerstag bis Freitag gelten sechs Personen (drei Haushalte). Mitarbeiter der Gesundheitsämter würden die Abstriche am Montag direkt bei den Betroffenen vor Ort nehmen. Die Kontaktpersonen seien nun zur 14-tägigen Quarantäne verpflichtet und dürften die Wohnung nicht mehr verlassen, heißt es weiter. Im Verlaufe des Samstagnachmittags erleidet auch der 83-jährige Mann einen Schwächeanfall, woraufhin er stürzt und sich an den Rippen verletzt. Trotz Quarantänepflicht machte sich die Tochter auf den Weg zu ihm. Der Mann muss ebenfalls in die Notaufnahme des JWK gebracht werden. Dort wird auch der 83-Jährige positiv auf das Virus getestet. Anders als seine Frau wird er dort allerdings nicht stationär aufgenommen. Gegen 21.30 Uhr informiert das JWK die Angehörigen, dass der 83-jährige Senior mit dem Krankentransport nach Hause gebracht werden soll. Grund: Er habe noch kein Fieber und auch sonst außer Husten keine schweren Covid-19-Symptome. Kapazitätsbedingt könne man nicht jeden Corona-Patienten aufnehmen. Nach Schilderung der Angehörigen wurde explizit nachgefragt, &bdquo;wie der völlig geschwächte, an den Rippen verletzte und dazu psychisch destabilisierte 83-Jährige sich allein zu Hause versorgen und verpflegen" solle, wo seine Angehörigen nun ausdrücklich zur Quarantäne verpflichtet worden seien. Das medizinische Personal vor Ort habe das Problem zwar nachvollziehen, aber nicht lösen können, erinnert sich die Familie. Der Rat: Man möge doch bitte einen Pflegedienst anrufen – am Samstagabend. Die Angehörigen bitten darum, den Senior wenigsten über Nacht im Klinikum zu belassen, auch das wird abgelehnt. Gegen 22 Uhr wird der Senior von seiner Tochter zuhause in Empfang genommen, da er keinen Haustürschlüssel dabei hat. Ihr ist völlig klar, dass sie damit die Quarantänepflicht verletzt, sieht aber keine andere Möglichkeit. Mehrere Versuche, einen Pflegedienst zu erreichen, scheitern. Wer soll den 83-jährigen Corona-Patienten ambulant versorgen? Nicht einmal Medikamente sind im Haus. Schließlich greift die Frau zum Telefon, ruft die lokale Polizeibehörde an und schildert ihre Notlage. Die Beamten reagieren &bdquo;hilfsbereit, verständnisvoll und als ein echter Freund und Helfer", heißt es in einem Schreiben der Angehörigen. Die Polizei schaltet Ordnungsamt und Rettungsleitstelle ein, welche die Tochter bis zu deren für Montag angekündigten Corona-Test von der häuslichen Quarantänepflicht befreit. Sie kann sich also in dessen Wohnung um den kranken Vater kümmern. Wie sich später herausstellen wird, hat sie sich ebenfalls angesteckt. Mittwoch, 25. November Die Schwiegertochter ist nachmittags zuhause und hat Zeit für ein kurzes Telefonat. Inzwischen sind ihre Schwiegereltern beide im Krankenhaus. Das ist für sie eine gute Nachricht. Bei der 73-jährigen Hanna R. geht die Tendenz sogar leicht nach oben, während am Wochenende ihr Gesundheitszustand noch kritisch war. Die Tochter des vor einer Woche an Corona erkrankten Paares sei &bdquo;am Limit", sagt sie. Sie war bei der Pflege über Tage am nächsten dran – und ist nun auch selber infiziert.

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