Die neue Polizeichefin über für Minden-Lübbecke im Interview

Minden. Ihr Büro hat sie schon vor ihrem ersten Arbeitstag eingerichtet. An den Wänden hängen farbenfrohe Bilder, eine große Zimmerpflanze macht den sonst kühlen Raum im dritten Stock des Neubaus der Dienststelle an der Marienstraße gemütlicher. &bdquo;Ich wollte gleich mit der Arbeit loslegen“, sagt Andrea Rosenboom und lacht. Die 53-jährige Polizeidirektorin ist seit dem 1. Oktober die ranghöchste Polizistin im Kreis Minden-Lübbecke - und das als erste Frau in der Historie. &bdquo;Ich glaube, das sollte Normalität sein“, sagt sie darauf angesprochen. Im Interview mit dem Mindener Tageblatt (MT) spricht sie außerdem über ihren bisherigen Werdegang, vor welchen großen Herausforderungen die Polizei steht und wie sie die Behörde künftig führen möchte. Nach mehreren Stationen im höheren Dienst in Bielefeld, Herford, Münster und wieder Bielefeld ist die gebürtige Ostfriesin, die mit ihrem Mann im Landkreis Osnabrück lebt, nun in Minden-Lübbecke gelandet. Frau Rosenboom, Sie sind seit knapp zwei Wochen Direktorin der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke. Wie lief der Start? Der ist richtig gut gelaufen. Ich bin hier sehr herzlich empfangen worden – am ersten Tag direkt mit einem Blumenstrauß. Über das mir entgegengebrachte Vertrauen durch die Funktionsübertragung freue ich mich sehr. In der bisherigen Zeit habe ich viele sehr freundliche Mitarbeitende kennengelernt, was mir den Start erleichtert hat. Wenn man irgendwo ganz fremd ist und neu reinkommt – es ist für mich eine neue Stadt, es ist eine neue Funktion – dann hilft das sehr. Sie sprachen es gerade an. Wenn man in eine neue Behörde kommt, ist ja vieles neu – Gebäude, Gesichter, Routinen. Gab es etwas, das Sie in den ersten Tagen besonders überrascht oder bewegt hat? Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, das so richtig Revue passieren zu lassen. Ich bin vom ersten Tag an von einem Termin in den nächsten geeilt. Der Alltag hat sofort begonnen, aber so komme ich schnell in die Themen. Mein Büro hatte ich zum Glück schon vorher bezogen. Lesen Sie auch: Polizei Minden-Lübbecke hat eine neue Chefin - die kommt aus Bielefeld Und das im Urlaub? Ja, das passte einfach. Akten rüberbringen, einräumen und so weiter. Ich dachte mir, dass es schön ist, wenn gleich zum Start alles fertig ist und ich mit der richtigen Arbeit loslegen kann. Ab Tag zwei kamen direkt die ersten öffentlichen Termine – mit &bdquo;Time to Talk“ in Rahden, der großen Sicherheitskonferenz im Kreishaus und der Begrüßung durch den Landrat. Sie sagen, Polizeiarbeit lebt vom Vertrauen der Menschen. Wann haben Sie das zuletzt selbst ganz konkret gespürt – im Gespräch, auf der Straße, vielleicht sogar privat? Da habe ich gar kein konkretes Ereignis. Das erleben wir täglich. Ich habe immer die Erfahrung gemacht, wenn man sehr offen und freundlich mit Menschen umgeht, kommt das auch zurück. Jeder erhält einen Vertrauensvorschuss. Das ist auch Teil meiner Mitarbeiterführung. Ich kann mich nicht erinnern, oft enttäuscht worden zu sein. Das wollen Sie also auch von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der Straße sehen? Auch da gilt das Sprichwort: &bdquo;Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus.“ Ich erwarte von den Kolleginnen und Kollegen, dass sie respektvoll und höflich mit den Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Wenn die Menschen im Kreisgebiet sich gut aufgehoben fühlen und unsere Hilfsbereitschaft wahrnehmen, ist viel gewonnen. Das macht einen großen Teil der Polizeiarbeit aus. Sie haben Jura studiert und nun sind Sie seit mehr als 20 Jahren im höheren Polizeidienst. Sie waren in Bielefeld, Herford, Münster – was hat Sie immer wieder motiviert, Verantwortung zu übernehmen? Ich habe es ehrlich gesagt gar nicht anders kennengelernt. Ich hatte im Studium schon eine Affinität zum Strafrecht. Eigentlich hatte ich nach meinem zweiten Staatsexamen zunächst geplant, zur Staatsanwaltschaft zu gehen. Dann bin ich aber als Volljuristin direkt in den höheren Polizeivollzugsdienst gestartet. Da beginnt man dann sofort in einer Führungsfunktion. Es ist einfach schön, im Team zu agieren, und die polizeiliche Führungsarbeit würde ich auch immer als Teamarbeit bezeichnen. Grundsätzlich gilt: Die Arbeit bei der Polizei ist häufig keine individuelle Arbeit, sondern tatsächlich die Teamleistung aller, die in dieser Behörde tätig sind. Wir machen das zusammen. Gab es eine Station, die Sie besonders geprägt hat – fachlich oder menschlich? Jede Funktion bereichert den persönlichen Horizont. Man zieht immer überall etwas Positives raus – das ist, glaube ich, wichtig. Die ungewöhnlichste Station in meiner dienstlichen Vita war vielleicht meine Tätigkeit beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen. Da waren Sie von 2016 bis 2018 – und das hört sich nicht gerade sehr nach Polizeiarbeit an. Das ist nicht so polizeitypisch, das ist richtig. Da war ich zuständig für alle landesweiten Personalauswahlverfahren. Eine sehr interessante Aufgabe und Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Sie sagten schon einmal, dass es eine &bdquo;starke Polizei“ brauche. Was bedeutet Stärke für Sie – Härte, Klarheit, Empathie, Haltung? Eigentlich alle Dinge, die Sie gerade aufgezählt haben. Professionalität gehört sicherlich noch dazu. Welche Werte sind für Sie essenziell, wenn es um Führung und Verantwortung geht? Respekt und Wertschätzung sind nicht verhandelbar. Früher gab es mitunter einen raueren und lauteren Umgangston. Den kennen Sie also auch noch? Mindestens aus Erzählungen. Das wird es hier nicht geben. Wertschätzung und gegenseitiger Respekt sind für mich in meiner Arbeit sehr wichtig. Alle aktuellen News auf Facebook: NW Kreis Minden-Lübbecke Minden-Lübbecke ist eine Region mit ländlichen Strukturen, manchmal auch langen Wegen – anders als in Bielefeld, wo Sie zuletzt tätig waren. Was reizt Sie an dieser Aufgabe hier besonders? Es ist eine höhere Verantwortung. In meinen bisherigen Funktionen habe ich immer einen bestimmten Bereich in der Fachlichkeit verantwortet. Da gab es immer noch weitere Vorgesetzte über mir, denen ich zugearbeitet habe – zuletzt der Polizeipräsidentin in Bielefeld. Und nun sind Sie die Letzte in der Entscheidungskette. Der Landrat ist der Behördenleiter der Kreispolizeibehörde und damit der Letzte in der Entscheidungskette. Trotzdem empfinde ich in meiner neuen Funktion eine deutlich größere Verantwortung. Und zu den ländlichen Strukturen: Hier gibt es sicherlich andere Schwerpunkte. Wir haben zum Beispiel mit einer hohen Anzahl an schweren Verkehrsunfällen zu tun. Das liegt auch an den über 5.000 Straßenkilometern im Kreis und den vielen ländlichen Gebieten mit Landes- und Bundesstraßen, wo diese Unfälle passieren. Sie sind die erste Frau an der Spitze der Kreispolizei, was macht das mit ihnen? Ich glaube, es sollte Normalität sein. Bei den Einstellungszahlen steigt der Frauenanteil kontinuierlich und bei uns in Minden-Lübbecke gibt es viele weibliche Führungskräfte. Da sind wir sehr fortschrittlich. Was haben Sie sich für Ihre ersten 100 Tage vorgenommen? Ein richtiges Ziel habe ich ehrlich gesagt nicht – das finde ich auch schwierig. Man kennt die Behörde im Vorfeld gar nicht so genau. Da würde ich mir selber jetzt tatsächlich erst ein bisschen Zeit lassen, alles kennenzulernen. Also keine 180-Grad-Wende von Tag eins? Ich glaube, dass ich eine gut geführte Behörde von meinem Vorgänger Herrn Schmidt übernommen habe, in der sehr viele engagierte Menschen tätig sind. Da muss man nicht zwanghaft danach suchen, was man verändern kann oder was anders gemacht werden muss. Wo sind denn aktuell die größten Herausforderungen für die Polizei? Ich glaube, Gewalt im öffentlichen Raum ist überall ein Thema – also auch hier. Die steigende Zahl an Messertaten ist eine Herausforderung. Gewalt an Schulen ist sicherlich ein weiteres Thema, das mit zunehmender Jugendkriminalität aufkommt. Das erfordert gute Zusammenarbeit mit den Schulen, auch in der Prävention. Gibt es etwas, was Sie zum Ausgleich machen, wenn Sie gerade nicht Polizistin sind? Ich wohne auf dem Land und bewege mich gerne in der Natur – zum Wandern, zum Radfahren – und da wir zu Hause einen großen Garten haben, widme ich mich gerne der dortigen Arbeit. Stellen wir uns mal vor, wir würden in fünf Jahren hier wieder sitzen. Woran möchten Sie als Polizeidirektorin dann gern gemessen werden? Daran, dass alle wieder gesund nach Hause gekommen sind. Ich möchte nicht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz zu Schaden kommen. Das wäre jetzt vor allem ein internes Ziel. Was möchten Sie für die Menschen auf der Straße tun? Dort wünsche ich mir eine gute Sicherheitslage. Dass es ein lebenswertes Gebiet ist, in dem sich die Menschen wohl und sicher fühlen und in dem es auch ein gutes Miteinander mit der Polizei gibt. Klingt nach einem kaum schaffbaren Ziel... Ist es nicht so, dass Minden-Lübbecke ein schöner Kreis ist, in dem es sich zu leben lohnt? Ich persönlich finde schon und damit es so bleibt, arbeiten wir gemeinsam mit vielen anderen Akteurinnen und Akteuren jeden Tag rund um die Uhr für die Bürgerinnen und Bürger, die hier wohnen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen