Bürgerschützenfest: Lübbecker pflegen einzigartige Tradition

Lübbecke. In den Stunden zuvor hatte es immer wieder geregnet und die Temperaturen waren deutlich zurückgegangen – und das nach einem schwül-heißen Samstag. Angesichts des Regens hatte das Kommando des Lübbecker Bürgerschützen-Bataillons den Festakt auf dem Lübbecker Marktplatz zeitlich etwas verschoben. Und als dann die Einheiten des Bürgerbataillons, das Schützen-Musik-Corps und befreundete Spielleute auf den Markt zogen, da schloss der Himmel seine Schleusen. Zahlreiche Gäste erlebten einen Festakt, dessen Tradition in der Region wohl einmalig ist. Und einer durfte dabei zum letzten Mal zur Waffe greifen. Mit dem Festakt und dem anschließenden Königsschießen erreichte das 533. Lübbecker Bürgerschützenfest am Sonntag seinen Höhepunkt. Gut gelaunt trafen sich die Ausmarschierer aus den Einheiten des Bürgerschützen-Bataillons auf dem Marktplatz. Am Abend zuvor hatten sie mit vielen Gästen im Festzelt auf dem Schützenplatz gefeiert. Über die vielen Gäste und das volle Haus am Samstagabend freute sich auch Michael Palenberg vom Kommando der Bürgerschützen. Nach der fröhlichen Feier am Samstag konnten die Gäste am Sonntag in Lübbecke einen Brauch erleben, der in der Region seinesgleichen sucht. Gemäß der alten Lübbecker Tradition ist der Bürgermeister oberster Dienstherr des Bürgerschützen-Bataillons. Und in dieser Eigenschaft beauftragte Frank Haberbosch das Bataillon am Sonntag damit, seine beiden besten Schützen zu ermitteln. So sehen es die Kriegsstatuten des Bataillons vor. Die drei Vorderlader für das Königsschießen nahm Haberbosch persönlich ab. Auch das ist alter Brauch. Bataillon verteidigte in Notzeiten die Stadt Für Frank Haberbosch war es das letzte Mal, dass er als oberster Dienstherr das Bataillon mit dem Königsschießen beauftragte. Und auch der Griff zum Gewehr, um das zu inspizieren, erfolgte zum letzten Mal. Der Bürgermeister scheidet Ende Oktober aus dem Amt. Um das Laden der Vorderlader beim anschließenden Königsschießen kümmerten sich in bewährter Weise Karl-Friedrich Reisebrink und Fredi Henkel. Christoph Barre, Oberst und Kommandeur des Bürgerschützen-Bataillons, begrüßte zum Festakt auch rund 30 Ehrengäste. Bürgermeister Frank Haberbosch habe sich &bdquo;unserer Sache aus Überzeugung seit Jahren sehr verbunden“ gefühlt, sagte Barre. &bdquo;Damit verbinde ich den Dank des Bataillons an die Stadt Lübbecke für die gute Zusammenarbeit und die großzügige Unterstützung des diesjährigen Bürgerschützenfestes im Jahr des Stadtjubiläums.“ Das 533. Lübbecker Bürgerschützenfest finde &bdquo;im Jahr eines bedeutenden Jubiläums unserer Heimatstadt statt“, erinnerte Barre an das 1.250. Jubiläum der Stadt, die als &bdquo;Hlidbeki“ erstmals in den fränkischen Reichsannalen für das Jahr 775 erwähnt wurde. Rund 500 Jahre, im Jahr 1279, später erfolgte die Verleihung der Stadtrechte durch den Mindener Bischof Volquin von Schwalenberg. Mit der in jener Zeit entstandenen Landesburg Reineberg und der Stadtmauer sollte die Stadt vor feindlichen Angriffen geschützt werden. Eine der ältesten deutschen Bürgerorganisationen Neben den Rittern hatten aber auch die Bürger der Stadt im Mittelalter die Pflicht, ihre Stadt in Notzeiten zu verteidigen, woraus letztlich die Gründung des Lübbecker Bürgerschützenbataillons resultierte. Barre: &bdquo;Auch wenn wir heute aufgrund des ältesten verfügbaren Dokuments das Jahr 1492 als Gründungsdatum für das Lübbecker Bürgerschützenbataillon angeben, sind sich Historiker sicher, dass in Lübbecke Schützenaktivitäten bereits seit dem Erlangen der Stadtrechte – und damit über 200 Jahre vor dem uns genannten Gründungsdatum – stattfanden. Die Stadt Lübbecke und ihr Bürgerschützenbataillon, eine der ältesten deutschen Bürgerorganisationen, sind aufgrund dieser Historie untrennbar miteinander verbunden.“ Das Lübbecker Bürgerschützenbataillon sei mehr als nur eine bürgerliche Vereinigung in Lübbecke. Es sei seit etwa 700 Jahren – wovon 533 Jahre urkundlich belegt seien – &bdquo;ein Wesensbestandteil unserer Heimatstadt. Aus der Schicksalsgemeinschaft des Mittelalters ist in der Neuzeit eine lebendige Wertegemeinschaft geworden, die sich die Pflege einer einzigartigen Tradition auf die Fahnen geschrieben hat.“ Stolz sein auf die älteste Stadt in OWL Bemerkenswert und erfreulich sei, dass das Bürgerschützenbataillon zunehmend junge Menschen fasziniere und anziehe – trotz zunehmender Mobilität, Globalisierung und sozialer Medien, merkte Barre an. &bdquo;Meine Auffassung ist, dass das Bürgerschützenbataillon und seine Feste integrale Bestandteile der Lübbecker Identität sind und für viele Menschen sinnbildlich für ihre Heimat stehen.“ Heimat sei nicht nur ein Ort, sondern ein Gefühl. &bdquo;Und dieses positive Heimatgefühl erfüllen wir Bürgerschützen seit Jahrhunderten mit Leben und wir sind gut beraten, unsere Werte auch an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben.“ Lübbecke sei wohl die älteste Stadt in OWL &bdquo;und darauf können wir stolz sein“, sagte Bürgermeister Frank Haberbosch. Lübbecke habe durch seinen Zusammenhalt verheerende Kriege und Krankheiten überstanden. Dieser Zusammenhalt sei wichtig und der werde bei gemeinsamen Feiern gepflegt, bei denen sich die Menschen träfen. Nach zehn Amtsjahren als Bürgermeister und oberster Dienstherr dankte Haberbosch dem Bataillon. &bdquo;Ich freue mich und danke, dass ich in eurer Mitte so gut aufgenommen wurde.“ Der Kommers ist immer auch ein würdiger Anlass, Angehörige des Bataillons für besonderes Engagement zu würdigen. Hauptmann Klaus-Wilhelm von Behren ist seit 25 Jahren Mitglied des Kommandos der Bürgerschützen. Von 2000 bis 2018 war er Platzmajor, danach 2. Adjutant. Seit 2022 war er 1. Adjutant. Während des Kommers’ endete diese Ära von Behrens im Kommando. Neuer 1. Adjutant ist Oberleutnant Holger Kleffmann, neuer 2. Adjutant ist Leutnant Jan Kleine-Beek. Beide neuen Adjutanten waren bereits Könige. Eine besondere Anerkennung ist der selten verliehene Bataillonsorden. Den überreichte Christoph Barre an Hauptmann Klaus-Wilhelm von Behren. Mit der höchsten und selten vergebenen Auszeichnung des Bataillons ehre man einen Kameraden, &bdquo;der sich seit vielen Jahren in vorbildlicher Art und Weise für unsere gemeinsame Sache engagiert“, sagte Barre. Die Schützen feierten Klaus-Wilhelm von Behren mit Applaus und &bdquo;Klaus“-Rufen und der war sichtlich gerührt. Dem Offizierskorps werde er weiter angehören, sagte von Behren. Er freue sich aber, die Kommando-Kordel an seinen Nachfolger weitergeben zu können.

Meistgelesen