Erfindergeist in Lübbecke: Louis Barre war Braupionier der kleinen Stadt

Lübbecke. Goethe legte seinem Dr. Faust die Worte &bdquo;Namen sind nur Schall und Rauch“ in den Mund. Was im Schauspiel stimmen mag, ist im wahren Leben oft deutlich anders. Der Name eines Produktes soll einprägsam sein und gleichzeitig schon Werbung für die Marke und das Produkt selbst sein. Auch im kleinen Lübbecke sind schon so manche Marken entwickelt worden, in der Zigarrenindustrie kamen einige über das Ideenstadium nicht hinaus, einige erzielten Weltruhm und sorgen auch heute noch für Umsatz. In loser Reihenfolge stellt die NW alte Lübbecker Produkte und die Geschichte dazu vor. Den Anfang macht die traditionsbewusste Privatbrauerei Ernst Barre. Barre hat, als eine der ganz wenigen Brauereien in Deutschland, die Bügelflasche noch im Angebot. Auch das in den 1960er-Jahren beliebte Mischgetränk &bdquo;Barrenia“ ist wieder auf dem Markt. &bdquo;Retro“ können eben nicht nur Autohersteller. Louis Barre, in Lübbecke auch &bdquo;Der lange Louis“ genannt, übernahm im Jahr 1878 im Alter von nur 22 Jahren die Führung der Brauerei Barre. Er war ein Pionier hinsichtlich der Entwicklung und Verbreitung der untergärigen Lagerbiere in Norddeutschland und somit auch ein Wegbereiter für die später einsetzende Verbreitung der Sorte &bdquo;Pilsener“, welche ebenfalls untergärig gebraut wird. Als &bdquo;Lager“ wurden bis zum 19. Jahrhundert untergärige Biere bezeichnet, die bei niedrigen Temperaturen über viele Wochen gelagert wurden. Das Wort &bdquo;Lager“ ist also abgeleitet aus der Lagerfunktion in den damals üblichen Eiskellern. Lesen Sie auch: So hilft die Lübbecker Brauerei Barre angehenden Wirten Lagerbier mit dampfbetriebener Kältemaschine &bdquo;Diese langen Lagerzeiten ermöglichten die Herstellung von Bieren mit einer außergewöhnlichen Qualität, die darüber hinaus länger haltbar waren. Die zur Herstellung von untergärigen Bieren erforderliche niedrige Temperatur konnte vor Einführung der Kältemaschine nur mit Natureis gewährleistet werden, womit das Brauen dieser Biere auf die kühle Winterzeit beschränkt war“, sagt Barre Marketingleiterin Maike Materla. Der eigentliche Durchbruch der untergärigen Lagerbiere resultierte aus der Erfindung der Kältemaschine durch Karl von Linde im Jahr 1871. Bereits im Jahr 1881 installierte Louis Barre als erster norddeutscher Brauer in der Lübbecker Brauerei eine durch Dampfenergie angetriebene Kältemaschine. Auf Basis dieser innovativen Technologie war Louis Barre in der Lage, ganzjährig exquisites untergäriges Lagerbier herzustellen. Die besondere Qualität und die Haltbarkeit des von Louis Barre entwickelten Lagerbieres dürfte förderlich gewesen sein für den im Jahr 1885 geschlossenen Liefervertrag mit der Reederei Norddeutscher Lloyd in Bremerhaven, heißt es aus dem Hause Barre. Ursächlich für diesen wichtigen Geschäftskontakt war sicherlich auch, dass Louis Barres Ehefrau Charlotte Amalie (genannt &bdquo;Lolo“) der bekannten Bremer Kaufmannsfamilie Schabbehard entstammte, welche über eine erstklassige Verbindung zum Norddeutschen Lloyd verfügte. Ihr Onkel, der bedeutende Gründerzeit-Baumeister Johann Georg Poppe (1837-1915), war &bdquo;Chefberater“ des Norddeutschen Lloyd. Er entwarf nicht nur das Lloyd-Gebäude in Bremen, sondern er schuf – gemeinsam mit dem damaligen Reedereidirektor Johann Georg Lohmann – auch die berühmten Luxusdampfer der Reederei. 👉 Jetzt wöchentliches Update sichern: Hier geht es zur Anmeldung zum Newsletter &bdquo;Essen & Erleben“ Deutsche Auswanderer genossen heimisches Bier in New York Mit den Dampfern des Norddeutschen Lloyd gelangten die Biere aus Lübbecke in die ganze Welt. Über diesen Weg erhielten zudem die deutschen Auswanderer ihr heimisches Bier unter anderem in New York. Bereits 1892, zum 50. Jubiläum der Brauerei, stand das Exportgeschäft in Lübbecke in hoher Blüte und sorge für großen Wohlstand. Jährlich wurden über 300.000 mit Wachs versiegelte Flaschen an den Norddeutschen Lloyd geliefert, was für die damalige Zeit eine erhebliche Menge war. Bis zum Jahr 1899, in welchem der erste Lübbecker Bahnhof eingeweiht wurde, wurde das Bier per Kutsche zum nächstgelegenen Bahnhof nach Lemförde transportiert, um dann per Dampfzug zu den Schiffen nach Bremerhaven zu gelangen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 hatte das Ende der zivilen Schifffahrt zur Folge – mit schwerwiegenden Folgen für die Barre-Brauerei. Maike Materla: &bdquo;Was uns bleibt, ist die Erinnerung an eine glorreiche Epoche und an einen großen Pionier der deutschen Brauwirtschaft, dem wir unter dem Titel &bdquo;Mythos Louis Barre“ anlässlich unseres 175. Brauereijubiläums eine Sonderausstellung in unserem Brauereimuseum gewidmet haben.“ Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die einzige verbliebene Bierflasche aus der Ära Louis Barre. Dieses ursprünglich für eine Lieferung an den Norddeutschen Lloyd vorgesehene Unikat gilt als älteste gefüllte Bierflasche Deutschlands. Lagerbier trägt Namen &bdquo;Louis Barre Imperial“ Mehr als 130 Jahre nach der Einführung der kaltgereiften Lagerbiere in Norddeutschland hat Barre darüber hinaus zu Ehren von Louis Barre ein Lagerbier nach historischem Rezept kreiert. &bdquo;Louis Barre Imperial“ ist ein mit verschiedenen erlesenen Malzsorten eingebrautes und mehrfach gehopftes Lagerbier nach historischem Vorbild. &bdquo;Sein einzigartiges Bouquet verdankt &bdquo;Louis Barre Imperial“ der exklusiven Hopfensorte &bdquo;Saphir“ und einer sechswöchigen Kaltreifung im Sinne des Namensgebers,“ heißt es bei Barre. &bdquo;Louis Barre Imperial“ setzt somit die Tradition des vor mehr als 130 Jahren gebrauten Norddeutsch-Lloyd-Bieres fort. News direkt aufs Smartphone: Zum kostenlosen WhatsApp-Kanal für den Kreis Minden-Lübbecke geht´s hier.

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