Klinikplanung: Lübbecker Politik hält Bad Oeynhausener Argumente für unplausibel

Lübbecke. Innerhalb weniger Tage zeigt sich die Lübbecker Politik zum zweiten Mal verwundert: Vergangene Woche nahmen die Ratsfraktionen die im Kreistag in Minden vorgestellten Ergebnisse des Gutachtens zu den Entwicklungsperspektiven der Mühlenkreiskliniken (MKK) durch Gutachter der Firma HCB von Boris Augurzky "mit Verwunderung und Erstaunen" zur Kenntnis. Anschließend gaben die Ratsfraktionen einschließlich der Einzelratsmitglieder Kerstin Wöbbeking und Heinrich Stenau zu dem Gutachten eine Stellungnahme ab. Unter anderem formulierten sie: "Aus unserer Sicht sollte ein Neubau in Espelkamp für 253 Millionen Euro auch mit einer geschätzten Förderung von 120 Millionen Euro, die in keiner Weise sicher ist, unter diesen Voraussetzungen nicht realisiert werden." Auch zum Krankenhaus-Standort Bad Oeynhausen äußerte der Lübbecker Rat sich. Das hatte zum Teil scharfe politische Kritik aus Bad Oeynhausen zur Folge. "Der Wille zum Missverständnis – gezieltes Falschverstehen wird zur Taktik": Mit diesem Zitat von Arnd Pollmann, Professor für Ethik und Sozialphilosophie an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, beginnt eine weitere Stellungnahme der Lübbecker Politik. Darin zeigt sie sich erneut "verwundert". Dieses Mal über die Reaktionen aus Bad Oeynhausen: Die "verrohte Gesprächskultur", die Pollmann im Deutschlandfunk treffend skizziert habe, werde scheinbar auch in der Kommunalpolitik zunehmend salonfähig. Lautes und vernehmliches Poltern "Wie sonst sind die Reaktionen aus Bad Oeynhausen, hier insbesondere die des Fraktionsvorsitzenden der CDU, auf die sachliche Darstellung aus Lübbecke zu verstehen?", fragt stellvertretend für den Lübbecker Stadtrat der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Schröder: "Möglichst laut und vernehmlich poltern, um die eigenen Spielfiguren vom Feld zu nehmen?" Dieses Verhalten sei nicht neu und ringe den Mandatsträgern aus Lübbecke sogar Verständnis ab. Ähnliche Reaktionen habe es bedingt durch Verlustängste anfangs in Lübbecke, dann in Rahden und auch in Espelkamp gegeben, dort im Rahmen der Grundstücksdiskussion, erinnert Schröder. Doch was sei der Lübbecker Stellungnahme wirklich zu entnehmen, wenn man die "voreilige Entrüstung" verrauchen lasse? Schröder erklärt es so: "Alternative Denkweisen, die in der besonderen und dramatischen Situation der Mühlenkreiskliniken angezeigt, ja sogar gefordert sind. In der Dramatik der Lage darf und muss alles gedacht und gesagt werden, es darf nicht mehr um die Befriedigung von Befindlichkeiten gehen." Was sei der ersten Lübbecker Stellungnahme noch zu entnehmen? "Die Wahrnehmung der Verantwortung für die jetzige und zukünftige finanzielle Situation der Kommunen unseres Kreises und letztlich auch für die finanzielle Situation des Kreises an sich", erläutert Schröder. Der Altkreis könne mit der Wegnahme der Urologie und eventuell auch der Psychiatrie, was eine Reduzierung auf ein Haus der Grundversorgung bedeute, nicht zufrieden sein. An das Krankenhaus ketten Schröder: "Kurzum wird gesagt, dass man nicht in ein neues Krankenhaus in Espelkamp investieren sollte, wenn dieses Haus entsprechend der Prognosen nicht zukunftsfähig ist und schon mit der Inbetriebnahme am Nabel des Klinikums in Minden hängt. Und diese Auffassung ist inzwischen weit davon entfernt, dass sich Einzelne vielleicht noch immer gern an das Lübbecker Krankenhaus ketten würden, um dessen Bestand zu sichern." Darum geht es Schröder zufolge schon längst nicht mehr. Sondern um die "sinnvolle Konzentration der Mittel, der Ausstattung, des Personals und der Möglichkeiten für eine zukunftssichere Aufstellung unserer Gesundheitsversorgung". Der Status quo sei nachweislich nicht zu halten. Dem Lübbecker Stadtrat, der sich nach eigenem Bekunden auch vom eigenen Bürgermeister Frank Haberbosch unverstanden sieht, sei das klar. Einige Formulierungen aus Bad Oeynhausen verwunderten den Lübbecker Rat. Unter anderem waren Aussagen gefallen wie "Wir entfernen uns meilenweit von einem Konsens" (Volker Brand, Grüne), "dreist und ungehörig" (Bürgermeister Lars Bökenkröger, CDU), "unverschämt" (Kurt Nagel, CDU). Weil die Verfasser der Lübbecker Stellungnahme es wagten, die Kurstadt in das Einsparpotenzial und die effektive Ausrichtung mit einzubeziehen?, spekuliert Schröder. Für andere Kommunen nachvollziehbar machen In der von allen Lübbecker Ratsfraktionen unterzeichneten ersten Stellungnahme hieß es unter anderem: "Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wäre es sinnvoll, in Bad Oeynhausen weder in die Sanierung der Auguste-Viktoria-Klinik zu investieren und die benötigten Betten und das Personal nach Minden zu verlagern und auch keine Anmietung für einen Anbau am HDZ vorzunehmen, da die Betten überwiegend für das HDZ benötigt werden." Es möge gute Argumente für den Erhalt der Auguste-Viktoria-Klinik und auch für die weiteren Investitionen geben, aber diese müssten dann auch konstruktiv allen anderen Kommunen nachvollziehbar gemacht werden. Die vermeintlich einmalige Chance auf ein neues Krankenhaus oder ein guter, renommierter Name einer Klinik reichten als Argumente dafür nicht aus. Gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Verständnis trügen aus Sicht der Lübbecker Ratsfraktionen mehr zum lösungsorientierten Prozess bei als emotionale Ausbrüche, so Schröder abschließend.

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