Großdemo in Bad Oeynhausen: Gewerkschaftschef lehnt Roland Koch als Schlichter im Tarifstreit ab

Bad Oeynhausen. Beschäftigte aus zahlreichen Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und den Rettungsdiensten in der Region Ostwestfalen-Lippe haben Donnerstagvormittag in Bad Oeynhausen für mehr Geld und Freizeit demonstriert. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Der Warnstreik soll die Gewerkschaftsforderungen in den laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst unterstreichen. Etwa 800 Teilnehmer folgten nach Polizeiangaben dem Aufruf - und kamen in die Kurstadt. Bei der zentralen Kundgebung, der dann deutlich weniger Menschen folgten, berichtete der Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke den letzten Stand der Tarifverhandlungen. Er kritisierte, dass die Arbeitgeber von Bund und Kommunen bislang kein Angebot vorgelegt hätten. &bdquo;Das ist respektlos!“ Die Strategie der Arbeitgeber sei offensichtlich &bdquo;eine Nullrunde“ mit einer Laufzeit von drei Jahren. Die Streikenden kommentierten das mit lauten Buh-Rufen. Von den Arbeitgebern höre er immer wieder, es sei kein Geld da, so Werneke, dabei sei genügend Geld da: &bdquo;Es ist nur in den falschen Händen.“ Der Verdi-Chef begrüßte ausdrücklich, dass der Bundestag über 500 Milliarden Euro Investitionen plane. &bdquo;Das ist richtig gut“, sagte Werneke, &bdquo;um den wahnsinnigen Investitionsstau in Kitas, Krankenhäusern, Schulen und den Kommunen zu lösen“. Dass zugleich aber auch Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmen geplant seien, erntete Verständnislosigkeit von Werneke und an die Streikenden: &bdquo;Wir holen uns nur ein Stück vom Kuchen, das uns zusteht!“ Verdi-Chef: &bdquo;Wir rufen auf keinen Fall die Schlichtung an“ Der Gewerkschaftschef lehnte außerdem den Vorschlag der Arbeitgeber ab, einen Schlichter im Tarifstreit zu bestellen. Die Arbeitgeberseite habe dafür &bdquo;den konservativen Hardliner Roland Koch“ vorgeschlagen, so Werneke, &bdquo;für den das Wort ,Kompromiss’ ein Fremdwort“ sei. Werneke rief unter dem Applaus seiner Zuhörer: &bdquo;Die Arbeitgeber eskalieren die Tarifrunde!“ Eine weitere Verhandlungsrunde werde wahrscheinlicher. &bdquo;Wir rufen auf gar keinen Fall die Schlichtung an“, so Werneke. Außerdem werde Wetter jeden Tag besser - und damit wohl auch die Bedingungen für eine Fortsetzung des Streiks. Die milden Temperaturen bei der Kundgebung in Bad Oeynhausen lockten die Streikenden allerdings auch von der Kundgebung weg in die nahe Außen-Gastronomie. Auf den Stühlen der Sonnen-Terrassen rings um den Inowroclawplatz leuchteten zahlreiche Verdi-Westen. Der Demonstrationszug durch die Innenstadt war zuvor deutlich kämpferischer. Die Werneke reihte sich vorne weg ein und lief hinter einem großen Banner mit der Aufschrift &bdquo;Mehr Geld, mehr Zeit, meine Wahl!“ von der Auguste-Viktoria-Klinik über das Herz- und Diabeteszentrum bis zum Krankenhaus Bad Oeynhausen und zurück. Die Polizei zählte dabei etwa 800 Teilnehmer. Pfeifkonzert für HDZ-Geschäftsführer Vorm Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) wies die Verdi-Bezirksvorsitzende Martina Schu die Demonstranten mit dem Megafon daraufhin, dass im HDZ einer der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite sitze: Der stellvertretende HDZ-Geschäftsführer Thomas Fehnker ist seit 2023 auch stellvertretender Vorsitzender des Gruppenausschusses der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Die Demonstranten schickten Fehnker ein Pfeifkonzert als Botschaft ins HDZ. Vorm Krankenhaus Bad Oeynhausen stellte sich die Spitze des Demonstrationszuges zum Foto auf. Aus einem oberen Stockwerk des Gebäudes winkten Beschäftigte den Demonstranten zu. Auch aus dem Herz- und Diabeteszentrum liefen einige Beschäftigte in Dienstkleidung auf die Straße, um spontan Beifall zu spenden. Lesen Sie auch: Kanalstraße in Bad Oeynhausen gesperrt: Verdi ruft Gesundheitsberufe zur Großdemonstration auf Unter den Demonstranten war auch eine Gruppe Auszubildender aus der Pflegeschule des Klinikums Lippe um Sabrina Busse. Die Pflegeschüler fielen durch besonders einprägsame Spruchschilder auf: &bdquo;Pflege: Come in and burn out“ oder &bdquo;Jetzt klatscht die Pflege zurück ... aber keinen Beifall!“ Die Lemgoer Pflegeschüler applaudierten den Verdi-Forderungen, machten im Gespräch mit der NW aber auch klar: Ihre Priorität liegt bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Klaus Habbe, Personalratsvorsitzender der Mühlenkreiskliniken, rückte gegen Ende der Kundgebung die Arbeitsbedingungen am unteren Ende der Lohntabellen in den Mittelpunkt. &bdquo;Wir haben 20 Jahre dafür gekämpft, dass der Reinigungsdienst wieder unser wird“, so Habbe. Der lange Kampf sei aber letztlich erfolgreich. Nun gehe es darum, gegen die &bdquo;Zwangsteilzeit“ der Reinigungskräfte vorzugehen. Derzeit würden die Mühlenkreiskliniken bloß Teilzeitverträge ausstellen. Geplante Operationen fallen aus Danach gefragt, erklärte der Pressesprecher der Mühlenkreiskliniken, dass das Mindener Klinikum zwar &bdquo;im Moment nur Teilzeitkräfte einstelle“. Das habe jedoch mit den Reinigungsintervallen morgens und abends zu tun. Wer als Beschäftigter mehr arbeiten wolle, könne das grundsätzlich auch tun. Der Warnstreik hat, nach Auskunft von Busse, &bdquo;massive Auswirkungen“ auf die Betriebsabläufe der Mühlenkreiskliniken. Die Operationssäle seien nur in Wochenendbesetzung betreut worden. &bdquo;Wir mussten etwa 100 geplante Operationen absagen“, so Busse. In Bad Oeynhausen war nur einer von fünf Sälen, in der Auguste einer von vier, in Lübbecke zwei von fünf und in Minden drei von 13 Operationssälen in Betrieb. Busse betonte: &bdquo;Was wir nicht brauchen können, ist eine lange Tarifauseinandersetzung.“ Auch der Betrieb des Herz- und Diabeteszentrums war gestern gestört. Nach Auskunft von Pressesprecherin Anna Reiß legten &bdquo;etwa 50 Beschäftigte“ aus der zentralen Aufnahme, der kardiologischen Funktionsdiagnostik sowie aus den Bereichen Operationssäle und Transportdienst und Bettenzentrale die Arbeit nieder. Das könne im HDZ zu &bdquo;Engpässen mit verlängerten Wartezeiten“ führen, so Reiß: &bdquo;Insbesondere, da der Streik uns aktuell in einer Phase hoher krankheitsbedingter Ausfälle trifft.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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