Was die Landratskandidaten gegen den Kita-Plätze-Mangel und für Sicherheit tun wollen

Für Familien ist ein Kita-Platz in Wohnortnähe wichtig. In etlichen Kommunen im Kreis gibt es einen Mangel. Wie wollen Sie dem begegnen? Schrader: Wir sind da als Kreisverwaltung seit Monaten mit den acht Kommunen, die über kein eigenes Jugendamt verfügen, unterwegs, um Fragen der Finanzierung von Kita-Plätzen und wie das solidarisch über die differenzierte Kreisjugendamtsumlage auf alle Städte und Gemeinden umgelegt werden kann, zu klären. Bei der Finanzierungsfrage bewegen wir uns in einem Hamsterrad, das kann auch ein Landrat nicht so schnell ändern. Wir werden nach Lösungen für ein bedarfsgerechtes Angebot suchen müssen. Wir reden da ja auch über einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Der Kreis unterhält schon eine Kita im Lübbecker Land. Könnte der Kreis nicht mehr Kitas einrichten, Herr Schrader? Schrader: Die Finanzierung müsste dann auch auf die Kommunen umgelegt werden und wir müssten erst einmal die Fachkräfte bekommen. Da vertrauen wir lieber auf die Wohlfahrtsverbände als erfahrene Träger. Der Kreis macht die Bedarfsplanung für die Kindergartenplätze. Wie kann es denn sein, dass aktuell überhaupt so viele Plätze fehlen? Schrader: Warum das jetzt auf einmal so aufkommt, das weiß ich nicht. Eine 100-prozentige Quote werden wir natürlich nie vorhalten können, und wenn sich das Anmeldeverhalten der Eltern plötzlich ändert, dann können sich natürlich auch Bedarfe schnell ändern. Dogan: Meines Erachtens ist durchaus zu kritisieren, dass die Bedarfsplanung bislang nicht solide war. Das kann ich manifest machen. Ich bin Jugenddezernent in Sankt Augustin und dort haben wir eine deutlich bessere Versorgungsquote. In den acht Kommunen gibt es im U3-Bereich knapp 4.400 Kinder und knapp 900 Kita-Plätze. In der Bedarfsprognose für den Kreis Minden-Lübbecke steht, dass es eine 76-prozentige Bedarfsdeckung gebe. Wie kommt man auf diese Zahl? Weil man von den angemeldeten Kindern ausgeht. Das ist keine solide Prognose in meinen Augen. Eine Bedarfsprognose darf nicht rückschauend ausgerichtet sein, sie muss in die Zukunft gewandt sein. In die Kita-Bedarfsplanung muss beispielsweise auch die Bevölkerungsprognose Eingang finden. Für den ländlichen Bereich muss von einer Quote im U3-Bereich von 35 bis 50 Prozent ausgegangen werden. Da kommt dann eine deutlich höhere Zahl an benötigten Plätzen heraus. Ich glaube, bei der Kita-Planung der letzten Jahre war man im Kreis Minden-Lübbecke immer hinter und nicht vor der Lage. Wenn es einen Druck gibt, dann muss nachgesteuert werden. Als Landrat würde ich die Kita-Bedarfsplanung überprüfen lassen wollen. Ein weiteres wichtiges Thema für die Bürger ist die Sicherheit. Der Landrat ist oberster Dienstherr der Polizei. Wie wollen Sie die Polizei in ihrer Arbeit unterstützen? Schrader: Wir müssen für mehr Präsenz in der Fläche sorgen. Das ist natürlich einerseits von Düsseldorf abhängig, aber es ist auch ganz klar, dass wir ein Stück weit mit den Städten und Gemeinden und den kommunalen Ordnungsbehörden schauen müssen, was an Kooperation möglich ist. Ein Beispiel: Wenn um 22 Uhr eine Ruhestörung gemeldet wird, dann sagt die Polizei &bdquo;Wenden Sie sich ans Ordnungsamt“. Und das Ordnungsamt sagt: &bdquo;Wir sind nicht zuständig um die Uhrzeit“. Es darf nicht sein, dass die Bürger wegen angeblicher Nichtzuständigkeit zwischen den beiden Behörden hin und her verwiesen werden. Hier braucht es verbindliche Absprachen. Das führt dann aber zu einem höheren Personalbedarf in den Ordnungsämtern der Kommunen. Wie soll das dann bezahlt werden? Schrader: Es braucht Konzepte und Lösungen und kosten diese mehr Geld, dann ist es eben die Frage, ob es uns das wert ist. Den Kommunen muss ja auch daran gelegen sein, dass sich ihre Einwohner sicher fühlen. Ich bin natürlich auch froh darüber, dass es aus Düsseldorf die Aktion gibt, für mehr Polizeistellen im Land zu sorgen. Aber die Verteilung selbst steuert natürlich das Land, darauf hat ein Landrat keinen Einfluss. Dogan: Ich erwarte aus Düsseldorf keine Lösung. Die große Einstellungsoffensive, mit der 2017 im Wahlkampf geworben wurde, liegt nun einige Zeit zurück und hat in der Kommune keine Wirkung erzielt. Ehrlicherweise muss man sagen, dass es auch keine Vorgängerregierung besser gemacht hat. Deshalb haben ja in kommunalen Sicherheitskonferenzen die Polizeibehörden massiv darauf gedrängt, dass sie keine Amtshilfe für die Ordnungsbehörden leisten können, sondern eine Priorisierung vornehmen müssen. Da hat der Unfall Vorrang vor der Ruhestörung. Die Ordnungsbehörde müsste das dann vorhalten, kann es aber aus personellen Gründen nicht, weil die Kommunen sparen müssen. Im Rhein-Sieg-Kreis haben wir das Problem durch eine interkommunale Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden gelöst, die insbesondere für die Randzeiten gemeinschaftlich Ordnungskräfte abstellen. Das würde ich als Landrat gerne in die Debatte geben wollen. Das Grundproblem des Personalmangels – so ehrlich muss man sein – ist dadurch natürlich nicht behoben. Und was können Sie für die Sicherheit der Polizei tun, die selbst Angriffen ausgesetzt ist? Dogan: Ich glaube, jeder hier in der Runde, auch jedes Kreistagsmitglied, wird die Aussage teilen, dass Rettungs- und Ordnungskräften der Respekt zuteil werden muss, den sie sich mit ihrer Arbeit verdienen. Diese Menschen arbeiten für die Gesellschaft und müssen auch von ihr geschützt werden. Man könnte noch einmal eine Respekt-Kampagne fahren. Ich finde auch eine adäquate Bezahlung wichtig und würde als Landrat alle Beschäftigungsverhältnisse auf ihre Stellenbewertung hin überprüfen wollen, ob diese passen. Gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden. Da müssen dann nicht wir in die Tasche greifen, sondern das Land. Schrader: Ehrlichkeit ist wichtig. Da gibt es auch den Wunsch aus dem Personalrat der Polizei, das Thema anzugehen. Aber das obliegt ja nicht der Verantwortung des Landrates. Das ist vom Wohlwollen in Düsseldorf abhängig, ob das zugelassen wird. Aber es ist richtig. Bei gleicher Arbeit darf nicht der Status Beamter oder Nicht-Beamter über das Geld entscheiden. Eine Kreisbehörde ist auch Dienstleister für die Bürger und Bürgerinnen. Wie gut ist die Verwaltung da aufgestellt? Schrader: Wir haben schon eine sehr bürgerorientierte Kreisverwaltung. Als einzige Straßenverkehrsbehörde in Ostwestfalen hatte sie während der gesamten Corona-Pandemie geöffnet, weil sich die Kolleginnen und Kollegen tolle Konzepte überlegt hatten. Die Kreisbehörde ist sehr dienstleistungsorientiert, aber auch da sind wir dann wieder in der traurigen Realität angekommen und die heißt Fachkräftemangel. Wir müssen sehen, dass wir den Zufluss von Quereinsteigern deutlich erhöhen und Karrieremodelle in der Verwaltung für Externe auflegen. Da sind wir dran. Wir werden aber auch zu einer stärkeren Priorisierung von Aufgaben kommen müssen, denn es kann nicht sein, das in wichtigen Bereichen wie dem Kindesschutz oder der Heimaufsicht Stellen unbesetzt sind. Dogan: Das kann ich unterstützen. Aber der Ansatz ,wir haben zu wenig Personal’, der gefällt mir nicht. Mir fehlt hier der Aspekt der Motivationslage. Als Landrat würde ich gerne eine Motivations- und Leitbildanalyse in der Verwaltung angehen wollen. Ich glaube, dass die Wertschätzung der Mitarbeiter im Kreishaus in den letzten Jahren nicht ausreichend war. Die Mitarbeitenden sind Multi-Belastungen ausgesetzt. Das kann sich auf die Serviceleistung niederschlagen. Ich möchte eine neue Fehler- und Führungskultur in Kreishaus leben und wissen, warum Mitarbeitende unzufrieden und die Belastung so hoch ist. Sie haben große Ziele, aber schauen wir einmal nicht so weit in die Zukunft. Was werden Sie am ersten Tag nach der Landratswahl tun, wenn Sie zum neuen Chef der Kreisverwaltung gewählt werden? Schrader: Ich packe meinen Karton und ziehe von dem einen Büro in der vierten Etage ins andere Büro in der zweiten Etage. Und dann geht es direkt in die weiteren Sachthemen. Ich muss ja so gesehen erst einmal keinen mehr kennenlernen. Dogan: Ich werde als allererstes eine Mail an Karl-Josef Laumann und Karl Lauterbach zum Thema Krankenhausversorgung schicken. Dann werde ich ab dem ersten Tag damit beginnen, was ich mir vorgenommen habe, nämlich alle 1.800 Menschen im Kreishaus mindestens einmal getroffen zu haben. Hier gibts alle Infos zur Landratswahl 2023

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