Michael Kasche: Bürgermeistersprechstunde im Wohnzimmer

Was hat Sie bewogen zu kandidieren? Michael Kasche: Meine Arbeit als Fraktionsvorsitzender der CDU. Dort ist mir aufgefallen, dass die Gemeinde im Stillstand ist und viele Sachen nur schwerfällig vorankommen. Hinzu kommt, dass viele der Bürger sich in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt gefühlt haben, was den Informationsfluss zwischen Verwaltung und Bürgern angeht. Gemeinsam mit den Parteien und den Bürgern möchte ich die Gemeinde zukunftssicher machen. Welche Drei Themen für Hüllhorst stehen bei Ihnen ganz oben auf der Prioritätenliste und sollen in den kommenden fünf Jahren vorangebracht werden? Kasche: Das Aussterben der Dorfkultur muss verhindert werden. Wir haben acht tolle Ortsteile in der Gemeinde und jeder Ortsteil muss das Recht erhalten, weiterhin seine Kultur zu wahren. Das bedeutet zum Beispiel, dass Dorfgemeinschaftshäuser, Feuerwehren oder auch Friedhofskapellen in ihren Ortsteilen bestehen bleiben müssen. Ich setze mich für Bürgernähe ein. Deshalb soll jeder die Chance bekommen, mir die persönliche Meinung mitzuteilen. Meine Bürotür wird nicht mit den regulären Öffnungszeiten des Rathauses schließen. Ich habe in den vergangenen Wochen bemerkt, dass die Bürger Wünsche haben, die einfach zu uns Ratsmitgliedern nicht durchgedrungen sind. Als dritten Punkt möchte ich Start-Up Unternehmen durch attraktive Standorte und Anpassung der Gewerbesteuersätze auf dem fiktiven Hebesatz NRW gewinnen. Ich möchte das Potenzial der Gesamtschule nutzen, um auch hier bei uns Start-Up Unternehmen aufzubauen. Bürger wünschen sich mehr Mitsprache und direkte Demokratie. Gibt es Ideen, wie das in Hüllhorst umgesetzt werden könnte? Ein Beispiel wäre ja die Diskussion um die Neuausrichtung der Grundschullandschaft. Kasche:Bei diesem Thema ist es mir extrem wichtig, dass die Bürger mitentscheiden. Dies möchte ich durch einen Bürgerentscheid erreichen, weil es zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen gibt. Das soll auch für andere Projekte in der Gemeinde gelten. Dadurch können Gelder effektiver eingesetzt werden. Kommunen punkten gerne mit ihrer Familienfreundlichkeit. Wo sehen Sie für Hüllhorst noch Luft nach oben? Kasche: Dazu gehören eine sehr gute Infrastruktur und eine Ärzteversorgung. Nicht nur die Schulen, sondern auch die Kindergärten müssen attraktiver für die Gemeindemitglieder werden – vor allem in punkto Digitalisierung. Doch all das nützt nichts, wenn neue Familien keinen finanzierbaren Bauplatz finden oder ihnen kein finanzierbarer Wohnraum angeboten wird. Damit dies auch für Investoren attraktiv wird, die neuen Wohnraum schaffen möchten, sollten diese Unterstützung aus der Verwaltung bekommen. Welche Eigenschaften sollte ein Bürgermeister haben, die auch Sie besitzen? Kasche: Er sollte sowohl Erfahrungen als auch das Know-how aus der Wirtschaft mitbringen und auch fit in der Verwaltungsarbeit sein. Durch meine Berufsausbildungen und meinen jetzigen Beruf habe ich diese Fähigkeiten und wende sie täglich an. Es ist wichtig, dass der Bürgermeister auf die Bürger zugeht und ihnen auch zuhört, um Lösungen für individuelle Probleme gemeinsam finden zu können. Gerade in der Corona-Pandemie zeigt sich die Bedeutung von Digitalisierung. Was muss noch getan werden? Kasche: Wie bereits erwähnt, muss nun der Ausbau unseres Glasfasernetzes vorangetrieben werden, sodass eine digitale Lehr- und Lernlandschaft von Schule bis zum Beruf gewährleistet wird. Auch ein mögliches Home-Schooling für Schüler sowie die Möglichkeit für Home-Office könnten somit gestärkt werden. Doch nicht nur die privaten Haushalte oder öffentlichen Einrichtungen, auch die Verwaltung muss digitaler werden. Diverse Anträge sollten vorab digital an die Gemeinde gestellt werden können, um diese entsprechend zügig zu bearbeiten. Wie sieht für Sie ein bürgerfreundliches Rathaus aus? Kasche: Für mich gehört zu einem bürgerfreundlichen Rathaus, dass der Bürgermeister auch nach Rathausschließung für Gespräche und Sorgen der Bürger zur Verfügung steht. Kein Gemeindemitglied sollte extra Urlaub nehmen müssen, weil er noch zum Amt muss. Außerdem möchte ich nach Feierabend eine Sprechstunde anbieten, ob am Telefon oder auch bei mir im Wohnzimmer. Für mich hört die Arbeit nicht um 17 Uhr auf. Auch wenn ein Bürger um 19 Uhr kommen möchte, ist er herzlich willkommen. Gibt es etwas, was Sie sich für Hüllhorst aus anderen Kommunen abgucken möchten? Wo könnten die Kommunen noch enger zusammenarbeiten? Kasche: Es ist wichtig, Synergieeffekte und Ressourcen zu stärken. Wir haben mit Löhne ein interkommunales Gewerbegebiet, das weiter ausgebaut werden sollte. Denn durch gemeinschaftliche Projekte lassen sich Kosten reduzieren. Ich schaue aber auch zu unseren Nachbarn in den Altkreis – wie etwa nach Lübbecke. Wie wollen Sie als Bürgermeister für ein gutes Klima im Rat sorgen? Kasche: Zwar gehöre ich als Bürgermeister einer Partei an, dennoch werde ich parteiunabhängig handeln, also auch mit allen Parteien reden und falls nötig Kompromisse erzielen. Ein Bürgermeister sollte möglichst neutral sein und ein Vermittler zwischen den Parteien sein. Der Fokus sollte auf einer Zusammenarbeit der Parteien liegen, denn wir verfolgen alle dasselbe Ziele: die Gemeinde nach vorne zu bringen. Es sollte keine Solo-Spieler geben. Die Interessen der Bürger müssen bei Entscheidungen stets im Mittelpunkt stehen. Was macht für Sie persönlich den Ort Hüllhorst ganz besonders? Kasche: Für mich sind die Menschen und unsere Kultur, insbesondere durch die Dorfstruktur geprägt, die Säulen unserer schönen Gemeinde. Durch die Dorfgemeinschaften haben wir einen sehr guten Zusammenhalt, den ich liebe. Ich bin und bleibe ein Dorfkind.

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