Hüllhorst-Oberbauerschaft. Das Thema ist hochemotional. Grundschulkommission und Gutachterin favorisieren aus pädagogischen und wirtschaftlichen Gründen eine große gemeinsame Grundschule in Hüllhorst. Doch: Was wird dann aus den Dörfern, deren Mittel- und Treffpunkt immer die Grundschule vor Ort ist, die plötzlich nicht mehr da wäre?
Am Dienstag hatte die Oberbauerschafter Dorfgemeinschaft im Anschluss an ihre Jahreshauptversammlung zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung ins Gemeindehaus eingeladen. Mehr als 120 Bürger aus allen Ortsteilen füllten den Saal, als Hermann-Josef Thoben, Vorsitzender der Akademie für ländliche Räume in Schleswig-Holstein, zum Thema „Um unseren Schulen eine gute Zukunft zu sichern, braucht es ein ganzes Dorf“ sprach.

Vorangegangen waren Informationen von Günter Obermeier über den Stand der Dinge. Im November 2029 hatte Bildungsplanerin Anja Reinermann-Matatko vom Büro für demografische Analysen und Schulentwicklungsplanung ein Gutachten vorgestellt. Favorisiert wird die Option alle vorhandenen Standorte zu schließen und dafür eine große gemeinsame Grundschule zu bauen. Seitdem sei es um das Thema „Schulschließungen“ sehr ruhig geworden meinte der Dorfgemeinschaftsvorsitzende.
"Wir möchten uns noch mehr informieren"
Die Parteien machen sich die Entscheidung jedenfalls nicht leicht. So hat die SPD, berichtete deren Fraktionsvorsitzender Frank Picker, eine Klausurtagung abgehalten. Dabei hätten sich viele Fragen ergeben, die erst noch geklärt werden müssten. Ein zeitlicher Rahmen könne überhaupt noch nicht gesetzt werden. Ähnliches berichtete Dietlind Scheding, die Vorsitzende des Schulausschusses, von der CDU. „Wir möchten uns noch mehr informieren.“
"Gemeindeleben wird zu wenig berücksichtigt"
Dazu sollte auch die Infoveranstaltung in Oberbauerschaft dienen. „Wir von der Dorfgemeinschaft möchten darüber aufklären, was eine Schulschließung für ein Dorf bedeutet und welche negativen Folgen sich daraus für die Kinder und langfristig auch für die Attraktivität der Dörfer ergeben“, erklärte Günter Obermeier. Er kritisierte, dass bei den Kriterien, die bei der Erstellung des Gutachtens berücksichtigt wurden, das „Gemeindeleben“ mit nur 15 Prozent viel zu wenig berücksichtigt worden sei.
Hermann-Josef Thoben hat vor fünf Jahren an der Studie „Die Zukunftsfähigkeit der Grundschulen in Schleswig-Holstein“ mitgearbeitet. Dabei hatten sich die Experten an dem afrikanischen Sprichwort „Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind zu erziehen“ orientiert. Seinerzeit hätten die Gutachter mehrere Empfehlungen erarbeitet. Unter anderem sprechen sie sich dafür aus, angesichts des gesellschaftlichen Wandels funktionierende Strukturen und Grundschulstandorte im ländlichen Raum zu erhalten, um auf dieser Stabilität bauend eine Weiterentwicklung voranzubringen. Zudem gelte es die negativen Folgen des Wettbewerbs zwischen den Schulstandorten durch einen verbindlichen Verhaltenskodex zu begrenzen. Vielmehr sollten die organisatorischen Verbindungen konstruktiv weiter entwickelt und Schulnetze zwischen gleichberechtigten Schulstandorten gefördert werden.
Schule als kulturelles und soziales Zentrum
Kleine Schulen hätten zudem die Chance, Innovationsimpulse zu setzen, um die Vielfalt der Grundschullandschaft in den ländlichen Räumen weiter zu entwickeln. Die Gutachter empfehlen der Landesregierung „durch angemessene Anreizsysteme Impulse zu setzen und Beratungsstrukturen zu schaffen, welche die Akteure in den ländlichen Räumen ermutigen und darin begleiten, neue Wege zu gehen“. So könne es außerdem gelingen, die Funktion von Grundschulstandorten als kulturelle und soziale Zentren nachhaltig zu stärken.
Für Thoben ist klar: „Jeder muss seinen individuellen Weg finden.“ Er sieht durchaus gute Gründe für Grundschulen vor Ort. Groß allein mache noch keine Qualität aus. Er empfahl den handelnden Personen sich zusammen zu setzen, sich ein klares Ziel zu setzen und ein Konzept zu erarbeiten. Das Allerwichtigste aber sei, sich soweit zu möglich zu informieren und immer wieder Transparenz zu schaffen.
"Ohne Schule werden die Dörfer ärmer"
In der anschließenden Diskussion wurde schnell deutlich, dass die große Mehrheit der Versammelten sich mit nur einer zentrale Grundschule für ganz Hüllhorst nicht anfreunden kann. Die Befürchtungen sind groß, dass dann „die Dörfer hinter rüber fallen“. „Ohne Schule werden die Dörfer ärmer. Wir haben in den kleinen Orten dann nichts mehr“, klagte nicht nur Hermann Holzmeier aus Büttendorf. Büttendorfs Ortsvorsteherin Dietlind Scheding ergänzte: „Die Naturfreunde spielen hier Theater, die Dorfgemeinchaft trifft sich hier und auch die Geflügelfreunde. Die Schule ist Mittelpunkt und Herzstück des Dorfes.“
Andere befürchten, dass ihr Ort ohne Schule an Atttraktivität verliert und viele Eltern, die in Hüllhorst bauen wollen, die Nähe zur Grudnschule bevorzugen werden.
Auch in Detmold scheint die zentrale Lösung nicht gut anzukommen. Günter Obermeier berichtete von einem Gespräch mit der Bezirksregierung. Als er auf die zentrale Grundschule zu sprechen kam, habe man ihm geantwortet: „Da sind wir aber nicht für.“ Auch bei zwei dreizügigen oder drei zweizügigen Grundschulen sei eine gute pädagogische Arbeit möglich.
Es gibt noch viele ungeklärte Fragen
Zudem gebe es noch viele ungeklärte Fragen wie: Was passiert mit den dann frei gestellten Gebäuden? - Wie bekommen wir in diese Gebäude etwa hinein, was auch Zukunft hat? - Wie soll der Verkehr geführt werden? Man sollte der Politik die Zeit geben, all diese Fragen zu klären, forderte Frank Picker. Und das werde sicherlich noch dauern.
Schulverbünde wie Tengern-Büttendorf und Schnathorst-Ahlsen haben auch einige Nachteile. „Durch ihre Fahrten hin und her haben die Lehrer kaum noch Zeit ihre Unterrichtsstunde vorzubereiten“, erläuterte Frank Buhlmann. Darunter leide der Unterricht. Zudem werde es zunehmend schwerer, Lehrer für Schulverbünde zu finden.
Auf jedem Fall, darüber waren sich alle an diesem Abend einig, wird das Thema „Grundschule“ in Hüllhorst „noch viel Kopfzerbrechen mit sich bringen“ und für Diskussionsstoff sorgen. Dabei wollen alle das eine: das Beste für die Kinder.