Hüllhorst

Britta Haßelmann diskutiert in Hüllhorst über die Energiewende

Die Grüne Abgeordnete spricht über Entscheidungen in Bund und Land. Sie spannt einen Bogen von der Klimapolitik bis zu sozialem Wohnraum und spart nicht an Kritik an der Großen Koalition.

Bürgermeisterkandidat Benjamin Rauer leitete die Gesprächsrunde mit Britta Haßelmann. | © Kirsten Tirre

21.11.2019 | 21.11.2019, 08:00

Hüllhorst. Die Energiewende und die Verkehrswende – diese Themen sind derzeit in aller Munde. Nur wie umsetzen und wie sieht es damit vor Ort aus? Mit der Bundestagsabgeordneten Britta Haßelmann hatten die Hüllhorster Grünen am Dienstag ein bundespolitisches Schwergewicht ihrer Partei zu Gast. Die Bielefelderin ist seit 2005 im Bundestag, seit 2013 erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und kommunalpolitische Sprecherin.

Rund zwei Dutzend interessierten Besucher waren in das Dorfgemeinschaftshaus Bröderhausen gekommen, um mit ihr und dem Bürgermeisterkandidaten der Grünen, Benjamin Rauer, zu diskutieren: über eine grüne Politik vor Ort und über aktuellen Themen der Bundespolitik und wie sie mit der Entwicklung von Hüllhorst in Verbindung stehen.

Haßelmann war lange selbst in der Kommunalpolitik aktiv

Bevor Britta Haßelmann in die Bundespolitik wechselte, war sie lange in der Kommunalpolitik aktiv und vertrat ihre Partei elf Jahre im Bielefelder Stadtrat. Und noch immer hat sie die Kommunalpolitik im Blick. „Mich beschäftigt nach wie vor, was die Entscheidungen auf Bundesebene für die Politik vor Ort bedeuten", unterstrich sie, bevor sie sich aktuellen Fragen widmete.

Britta Haßelmann befürchtet, dass die Umsetzung der Pläne von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Sachen Windenergie das Aus dieser erneuerbaren Energie bedeutet. 1.000 Meter soll der Abstand betragen, auch zu Siedlungen, die nur aus fünf Häusern bestehen. „Wenn das Vorhaben Gesetz wird, wird der Windenergie der Garaus gemacht", betonte sie.

Dann werde es keine neuen Standorte mehr geben und eine technische Aufrüstung sei auch nicht mehr möglich, befürchtet sie. Dabei sei die Energiewende nur mit einem breiten Mix an erneuerbaren Energien zu schaffen. „Dazu gehört auch die Windenergie", machte sie deutlich. Alle, ob Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften oder Umweltorganisationen, hätten deshalb auch den Referentenentwurf massiv kritisiert.

Wohnungsnot steht ebenfalls auf der Agenda

Ein weiteres wichtiges Thema und eine zentrale soziale Frage sei aktuell die Pflege und ihre Finanzierung. Es ginge nicht an, dass viele Menschen einen großen Anteil ihres Einkommens für Zusatzleistungen aufbringen müssten. Ebenfalls auf der sozialen Agenda steht die Wohnungsnot. Vor allem in größeren Städten seien die Mieten horrend gestiegen. Es fehle gut bezahlbarer sozialer Wohnraum, forderte sie vermehrte Anstrengungen von Land und Bund.

Die Große Koalition tue sich schwer auf einen, und sei es der kleinste, gemeinsamen Nenner zu kommen, kritisierte sie. So habe man sieben Monate lang über die Grundrente diskutiert, seit Januar über den Kohleausstieg und noch immer keine Gesetzesvorlage erarbeitet. Britta Haßelmann hat arge Bedenken, dass dies noch, wie versprochen, in diesem Jahr passieren wird.

Klimawandel macht um die Region keinen Bogen

Dabei mache der Klimawandel auch um diese Region keinen Bogen und deutlich, „dass wir handeln müssen". Die Energiewende sei nur zu schaffen durch Einsparungen, mehr Effizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien. „Die Rahmenbedingungen werden in Düsseldorf und Berlin geschaffen."

Und dort müsste man sich immer wieder fragen, wie sich die Entscheidungen auf die kommunale Ebene auswirken und wie man die Kommunen und die Menschen dort unterstützen könne? So würde die Förderung energetischer Maßnahmen auch dem heimischen Handwerk zu Gute kommen. Dazu gehöre auch, den Kommunen das nötige Geld an die Hand zu geben. Denn dort säßen die Experten. „Ihr vor Ort wisst am besten, was gebraucht wird und wie ihr eure Ideen und Projekte umsetzen könnt."

In diesem Zusammenhang wies Kreistagsmitglied und Landratskandidat Siegfried Gutsche auf das integrierte Klimaschutzkonzept des Kreises mit vielen Maßnahmen hin. Viele der insgesamt elf Kommunen hätten sich bereits angeschlossen. Auch Hüllhorst sei dabei, fügte Rauer hinzu. Politik und Verwaltung hätten in den kommenden Jahren die Aufgabe, zusammen mit den Menschen die Dinge voran zu bringen. „Hüllhorst muss da jetzt ran."

"Wir sind viel zu langsam"

„Wir sind viel zu langsam und müssen schneller werden und zu Entscheidungen kommen", forderte Gutsche und nannte als Beispiel den Öffentlichen Personennahverkehr. Hier sei die Erarbeitung eines Nahverkehrskonzepts für die Kommunen und den gesamten Kreis dringend erforderlich. „Wir müssen über Alternativen nicht nur reden, sondern diese auch entwickeln." Wenn über die Verkehrswende geredet werde, müsse auch die nötige Infrastruktur geschaffen werden, waren sich alle einig. Und da gebe es noch viel zu tun.

Britta Haßelmann riet dazu bei allen Planungen möglichst früh die Bürger einzubeziehen und mitzunehmen. Politik sei auch immer eine Abwägungsentscheidung. „Man muss mit den Leuten darüber reden und um Akzeptanz werben".