Kontroverse Diskussion um Grundsteuern in Espelkamp reißt nicht ab

Espelkamp. In geheimer Abstimmung hatte der Espelkamper Stadtrat dafür gestimmt, die Grundsteuer-Hebesätze für das Jahr 2025 unverändert zu lassen. Während SPD, Grüne und Unabhängige mit Kritik auf den Mehrheitsbeschluss des Rates reagieren, findet das Votum Zustimmung bei der FDP. Neben einer Stellungnahme der Liberalen erreichte die Redaktion zudem eine weitere Stellungnahme von Paul-Gerhard Seidel (Unabhängige). Wie berichtet hatte der Rat im Dezember auf Antrag der CDU beschlossen, die Grund- und Gewerbesteuer im Haushaltsjahr 2025 unverändert zu lassen. SPD, Grüne und Unabhängige hatten daraufhin Unverständnis geäußert, dass auf 1,2 Millionen Euro Steuereinnahmen verzichtet werde, statt diese für die Konsolidierung des Haushaltes zu verwenden. Sie haben sich auch an die Kommunalaufsicht gewandt – an den Kreis Minden-Lübbecke mit Landrat Ali Dogan (SPD). Die FDP hält es für richtig, die Hebesätze unverändert zu lassen. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Daniela Beckermann-Beihl nennt den Grund: &bdquo;Grundsätzlich bekennen wir Liberale uns zu den Grundsätzen, die für Kommunen gelten, wenn sie sich in der Haushaltssicherung befinden. Wir sagen aber auch, wenn es Spielraum gibt, der es temporär zulässt, die Bürgerinnen und Bürger Espelkamps nicht weiter zu belasten, dann müssen wir den Spielraum in den gegenwärtig herausfordernden Zeiten zumindest für das Jahr 2025 ausschöpfen.“ Die FDP-Ratsfraktion habe daher zugestimmt, die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer nicht zu erhöhen. &bdquo;Entwicklungen der Grundsteuerreform viel zu undurchsichtig“ Beckermann-Beihl weiter: &bdquo;Wenn Steuererhöhungen für die eine Hälfte des Rates das erste Mittel sind, so sind sie für uns Liberale das allerletzte Mittel. Hinzu kommt, dass die Entwicklungen rund um die Grundsteuerreform für die Bürgerinnen und Bürger viel zu undurchsichtig sind. Wir wissen schon jetzt, dass der Großteil der Bürgerinnen und Bürger durch das so genannte ,Scholz-Modell’ mehr Grundsteuern zahlen müssen – auch ohne Hebesatzerhöhung. Die Grundsteuerbescheide gehen in den nächsten Tagen erst raus und erst dann kommt das Thema richtig bei den Menschen an. Es ist also folgerichtig, die Entwicklungen erst einmal mal abzuwarten.“ Lesen Sie auch: Grundsteuer in Espelkamp: Keine Erhöhung für 2025 geplant Für die Liberalen sei nicht nachvollziehbar, warum SPD, Grüne und Unabhängige sich so vehement für Steuererhöhungen einsetzen würden. Dass die drei Parteien den Landrat einschalten, habe aus Sicht der Liberalen machtpolitische Hintergründe. &bdquo;Der Kämmerer hat im Vorfeld beim Kreis nachgefragt, ob die Beibehaltung der Hebesätze in 2025 Konsequenzen hätte. Die Antwort war klar: &bdquo;Es muss im kommenden Jahr erkennbar sein, wie Steuermindereinnahmen ausgeglichen werden. Aber erst im kommenden Jahr.“ Es müsse doch alles versucht werden, um die Belastung der Bürgerinnen und Bürger in dieser schwierigen Zeit so gering wie möglich zu halten und alle Chancen zu nutzen, die sich bieten, um Steuern nicht zu erhöhen, meint die FDP. &bdquo;Mit vorauseilendem Gehorsam ist man dem Bürger gegenüber nicht gut beraten“, meint Daniela Beckermann-Beihl. Leistungsfähigkeit der Stadt Espelkamp sichern Der Espelkamper FDP zufolge sei es auch sinnvoll, erst einmal nicht auf die differenzierten Hebesätze zu setzen. &bdquo;Jeder differenzierte Hebesatz muss von der Verwaltung verfassungskonform begründet werden, wir wissen aber noch nicht, was überhaupt verfassungskonform wäre. Die Verwaltung wird so ohne Not mit bürokratischem Aufwand belastet.“ Aus Sicht der Liberalen ist ein flächenbasiertes Modell zur Berechnung sinnvoller, weniger bürokratisch und Rechtsstreitigkeiten können verhindert werden. &bdquo;Leider hat sich die schwarz-grüne Koalition in NRW aber zu schnell auf das ,Scholz-Modell’ eingelassen“, so die Liberale. Das flächenbasierte Modell, das in Hessen Anwendung findet, wäre der FDP zufolge bürokratieärmer, rechtssicherer und besser für NRW gewesen. Deutschland sei schon jetzt Hochsteuerland und es sei nicht richtig, in wirtschaftlich schweren Zeiten als erstes die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu belasten. Die Kommune müsse zudem weiter auf die Ausgaben blicken. &bdquo;Der eingeschlagene Pfad der Einsparungen beim Personal oder der Veräußerung von städtischen Immobilien muss fortgesetzt werden.“ Gleichzeitig dürfe es keine Denkverbote geben, wenn es um die interkommunale Zusammenarbeit und Synergien mit Espelkamps Nachbarstädten gehe. Auch interessant: Grundsteuer-Hebesätze: Espelkamper Bürgermeister soll Ratsbeschluss beanstanden Klar sei aber auch, die Leistungsfähigkeit der Stadt Espelkamp zu sichern: &bdquo;Wir werden den steinigen Pfad der Haushaltskonsolidierung mit den anderen Kolleginnen und Kollegen im Rat weitergehen. Wir werden aber darauf achten, die Ausgabenseite noch stärker in den Blick zu nehmen und die Bürgerinnen und Bürger nur als allerletztes Mittel über Steuererhöhungen zu belasten“, heißt es in der Stellungnahme der FDP. &bdquo;Das heißt für die Liberalen auch, das Jahr 2025 erst abzuwarten und dann zu entscheiden, ob eine Hebesatzerhöhung als letztes Mittel notwendig sein muss.“ Belastung durch unsichere Rechtslage Ein weiteres Mal äußern sich die Unabhängigen in der Diskussion um die Hebesätze. Fraktionsvorsitzender Paul-Gerhard Seidel nimmt Bezug auf den NW-Artikel &bdquo;Espelkamper Politik debattiert weiter über Grundsteuern für Bürger und Unternehmen“ vom 4. Januar. Darin ging es unter anderem um eine Erklärung des CDU-Vorsitzenden Florian Hemann, warum seine Partei die Ratsentscheidung richtig findet. Paul-Gerhard Seidel dazu: &bdquo;Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende suggeriert in seiner Stellungnahme, dass die Festsetzung aufkommensneutraler Hebesätze für die Stadt Espelkamp eine Steuererhöhung gewesen wäre. Das ist falsch.“ Richtig dagegen sei, dass, egal welcher Hebesatz erhoben werde, das Verhältnis von Wohngrundstücken zu gewerblich genutzten Grünstücken zulasten der Wohngrundstücke gehe. &bdquo;Deshalb wollten wir, ,Die Unabhängigen’, die Eigenheimbesitzer und Mieter entlasten und dafür die Gewerbesteuer geringfügig erhöhen.“ Ebenso falsch sei die Behauptung, dieses Ungleichgewicht sei bundespolitisch verursacht. Die CDU-geführte Landesregierung hätte, wie andere Bundesländer auch, andere Messzahlen beschließen können, die die soziale Ungerechtigkeit verhindert hätte. &bdquo;Dazu war die CDU aber nicht bereit oder nicht in der Lage. Stattdessen belastet sie die Kommunen mit einer völlig rechtsunsicheren Möglichkeit, unterschiedliche Hebesätze nehmen zu können“, so Seidel weiter. Falsch sei zudem, dass der Kämmerer eindeutig erklärt habe, der ,Espelkamper Weg’ sei rechtens. Der Kämmerer habe nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht lediglich dargestellt, welche Maßnahmen nötig wären, um möglicherweise ein geändertes Haushaltssicherungskonzept (HSK) genehmigt zu bekommen. Verzicht auf 1,2 Millionen Euro Fazit des Kämmerers: Der Beschluss über gleichbleibende Hebesätze widerspreche der geltenden Rechtsprechung für HSK-Kommunen. Eine HSK-Kommune dürfe nicht bewusst auf Steuereinnahmen verzichten. Ein solcher Verstoß würde von der Aufsichtsbehörde im Rahmen des Anzeigeverfahrens zum fortgeschriebenen HSK beanstandet und der Ratsbeschluss gegebenenfalls aufgehoben werden. Um dies sicher zu vermeiden, müsse die HSK-Kommune im fortgeschriebenen HSK erkennen lassen, wie die Steuermindereinnahmen ausgeglichen werden sollen. Dies könne nur über Steuererhöhungen zum Jahr 2026 dargestellt werden. Paul-Gerhard Seidel dazu: &bdquo;Und natürlich muss sich die Stadt Espelkamp, anders als vom CDU-Stadtverbandsvorsitzenden behauptet, die 1,2 Millionen Euro zurückholen.“ Dieser rein parteipolitische Beschluss, die Hebesätze nicht anzupassen und auf 1,2 Millionen Euro Einnahmen zu verzichten, sei wohl in erster Linie dem Umstand zu verdanken, dass in diesem Jahr Kommunalwahlen stattfinden, vermuten die Unabhängigen. &bdquo;Er schadet der Stadt Espelkamp und belastet die Bürgerinnen und Bürger langfristig“, schließt die Stellungnahme der Unabhängigen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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