Espelkamper Rathaus: Neubau immer wahrscheinlicher

Espelkamp. Für Kämmerer Björn Horstmeier ist es ein &bdquo;Jahrhundertprojekt“ - und damit ist nicht die Bauzeit gemeint. Vielmehr spielte der Kämmerer in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses damit auf die Bedeutung eines möglichen Rathausneubaus in der Kommune an, denn das Verwaltungsgebäude aus den 1960er-Jahren weist gleich eine Reihe von altersbedingten Baumängeln, Brandschutzmängeln, Verschleißerscheinungen sowie Schadstoffbelastungen auf. Sanierung oder doch besser gleich ein Neubau? Das ist die Frage, auf die noch in diesem Jahr eine Antwort gefunden werden sollte. Und so hatte der Hauptausschuss in jüngster Sitzung über einen Grundsatzbeschluss zu befinden, der dann aber ohne Abstimmung in den Stadtrat geschoben wurde, der bereits in der kommenden Woche zu dem Thema tagt. Geschuldet war dies auch der Länge der Sitzung, denn abzusehen ist bereits, dass es wie Hartmut Stickan (SPD) sagte, &bdquo;dazu noch viel zu diskutieren gibt“. Somit befasste sich der Hauptausschuss vorrangig noch einmal mit der Bewertungsanalyse des Büros Drees und Sommer sowie einem aktuellen Wirtschaftlichkeitsvergleich durch die NRW.Bank. Die versteht sich als Unterstützer für Kommunen insbesondere bei Hochbauprojekten. Bereits im Sommer waren der Politik mehrere mögliche Varianten von der Sanierung über Neubau an gleicher Stelle oder auch Neubau auf dem Adient-Gelände inklusive Kostenschätzungen vorgestellt worden. Einige Fraktionen kritisierten daraufhin den &bdquo;zu hohen Zeitdruck“ und nannten das kostspielige Projekt ein &bdquo;Wolkenkuckucksheim“, auch vor dem Hintergrund des Haushaltssicherungskonzeptes, in das sich die Kommune aus Konsolidierungsgründen freiwillig begeben hat. Mängel am Gebäude seit 2021 bekannt Im Nachgang zur Sommersitzung gab es eine Reihe von Workshops, in denen sich die Politik gemeinsam mit dem Architekturbüro Drees & Sommer intensiv mit dem Rathaus-Projekt und den dazu gesammelten Daten und Fakten aus dem Abschlussbericht beschäftigte. Dass ein Grundsatzbeschluss nun zeitnah herbei geführt werden muss, findet auch Bauamtsleiterin Susanne Sassenberg wichtig, wie sie gegenüber der NW sagte. Denn die Mängel am Gebäude seien bereits seit 2021 bekannt und niemand könne sagen, ob nicht in Kürze noch weitere wie ein undichtes Dach hinzukämen, was dann auch wieder Geld für eine Sanierung verschlingen würde. Lesen Sie dazu auch: Hinter den Kulissen: So marode ist das Espelkamper Rathaus Der nun zu fassende Grundsatzbeschluss sieht vor, dass ein Rathaus-Neubau (Variante 4) im südlichen Bereich des Wilhelm-Kern-Platzes weiter verfolgt werden soll. Denn auch der Vertreter der NRW-Landesbank, Wolfgang Durynek, kam in seiner ausführlich vorgestellten Wirtschaftlichkeitsanalyse zu keiner anderen Schlussfolgerung als zuvor das Architekturbüro Drees & Sommer. Neben den reinen Investitionskosten flossen in die Bewertung auch die Betriebskosten als Folgekosten sowie die Wertschöpfung ein. &bdquo;Mit der Sanierung eines bereits abgeschriebenen Gebäudes schaffen Sie kein neues Vermögen, mit einem Neubau aber schon“, sagte Durynek. Betrachtet man die Brutto-Betriebskosten über 25 Jahre, fällt die Kernsanierung des Rathauses (Variante 1) mit Gesamtkosten von 67 Millionen Euro sogar noch teurer aus als ein Neubau an gleicher oder anderer Stelle, der sich den Berechnungen von Drees & Sommer nach zwischen 60 Millionen und 53 Millionen Euro je nach Variante bewegt. Dass die Betriebskosten bei einem Neubau niedriger ausfallen würden als bei einer Sanierung, liegt dabei nicht nur daran, dass ein neues Gebäude energieeffizienter wäre, sondern auch daran, dass die Nutzfläche reduziert werden könnte. Bei der Kosten-Nutzen-Betrachtung durch die Landesbank NRW schnitt übrigens die Fortführung im Bestand am schlechtesten ab. Was bei der Entscheidung eine Rolle spielt Dem von der Verwaltung formulierten Beschluss nach, soll Variante 4 – Neubau im Bereich der Alten Post - weiter verfolgt werden. Die Gesamtkosten (inklusive Betriebskosten) belaufen sich auf 53 Millionen Euro. Demgegenüber wurde Variante 2 (Neubau an bisheriger Stelle) mit 60,1 Millionen Euro Gesamtkosten deutlich teurer ausfallen, was der Tatsache geschuldet ist, dass die Verwaltung während der knapp zweijährigen Bauphase auf eine Containerlösung ausweichen müsste. Option 3 (Neubau auf dem ehemaligen Adient-Gelände) wäre mit 50 Millionen Euro zwar die günstigste, aber nur die zweitbeste Variante laut Expertisen gewesen, auch da wegen der Freimachung des Geländes eine Baugenehmigung erst 2030 erfolgen könnte und nicht zuletzt auch qualitative Aspekte bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Dazu zählt, dass bei einem Neubau auf dem Wilhelm-Kern-Platz das Rathaus wie bisher im Zentrum in unmittelbarer Nähe zu anderen Dienstleistern wie Banken und Apotheken angesiedelt wäre. Zudem könnte dem Grundsatzbeschluss nach in einem Zuge das Umfeld neu gestaltet werden mit dem Ziel, Städtebaufördermittel aus dem ISEK-Programm für Rathaus, Wilhelm-Kern-Platz und Bürgerhaus zu erhalten. Der Beschluss sieht weiter vor, dass im Zuge der dann angestoßenen Planungen ein Raumprogramm für Mitarbeitende sowie Bürger als Nutzer konkretisiert wird. Des Weiteren sollen Fördertöpfe geprüft sowie ein Arbeitskreis aus Mitgliedern der Fraktionen gebildet werden und auch die Wünsche aus der Bürgerschaft sollen aufgenommen werden. Die Beschlüsse stehen dabei allesamt unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt. Letztlich geht mit dem Grundsatzbeschluss auch noch kein finaler Baubeschluss einher, sondern die Richtung, in der dann weiter geplant werden soll. Und diese wichtige Entscheidung &bdquo;gehöre nun einmal in das wichtigste Entscheidungsgremium der Stadt“, schloss sich auch Paul-Gerhard Seidel (Unabhängige) dem Vorschlag der SPD an, im Hauptausschuss keinen Beschluss zu fassen. Bürgermeister Henning Vieker (CDU) bot abschließend den Fraktionen an, dass im Vorfeld der Ratssitzung am 6. November gerne noch Fragen gestellt werden könnten. &bdquo;Es handelt sich um ein großes Projekt. Das ist so.“

Meistgelesen