So bremst Europa ein Bad Oeynhausener Großprojekt aus

Bad Oeynhausen. Mit einem Rekordergebnis schließt die &bdquo;Städtische Gesellschaft für Wohnen“ (SGW) das Geschäftsjahr 2024 ab. Das kommunale Unternehmen erwirtschaftete unter sehr ungünstigen Rahmenbedingungen einen Überschuss in Höhe von 816.000 Euro. &bdquo;Das hat es in der Geschichte der SGW noch nie gegeben“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Kurt Nagel, bei der Vorstellung des Zahlenwerks. Damit konnte der Geschäftsführer der SGW, Alcay Kamis, das Ergebnis von 2023 (197.000 Euro) um satte 619.000 Euro steigern. Kamis ist seit November 2020 bei der SGW. In diesem Jahr wies die städtische Tochter noch ein Defizit von 312.000 Euro aus. Nicht nur deshalb sei Kamis für die SGW und Bad Oeynhausen ein &bdquo;Glücksfall“ sagt, Kurt Nagel. Das Ergebnis verdankt sich im Wesentlichen einer Restrukturierung der städtischen Tochter. Die Einnahmen aus den Kaltmieten blieben inflationsbereinigt nahezu konstant. Steigern konnte die SGW die Umsatzerlöse aus der Bewirtschaftungstätigkeit um 4,6 Prozent auf knapp 7 Millionen Euro. Die Personalkosten sanken um 2.000 Euro auf nun 1,04 Millionen Euro. Das sei trotz einer Tariferhöhung von 11,2 Prozent erreicht worden, berichtet Kamis. Vehement verteidigt Kamis sein Unternehmen gegen Kritik, die SGW wolle sich zukünftig stärker an Renditen als an der Zurverfügungstellung bezahlbaren Wohnraums orientieren. &bdquo;Ich bin keine Heuschrecke“ und die SGW sei nach wie vor ihren Mietern verpflichtet. Kamis vermeidet es, seine Kundschaft &bdquo;sozial schwach“, zu nennen, denn häufig seien die Reichen sozial schwach, wohingegen Menschen mit niedrigeren Einkommen, sich schlicht weniger leisten könnten. Und für diese Klientel sei man da. &bdquo;Das ist unser Auftrag“, sagt Kamis. Verbraucher- und Energiepreise treiben Mieten in die Höhe Kamis stellt fest, dass es zunehmend die &bdquo;zweite Miete“ sei, die den Menschen das Wirtschaften erschwere: Wir haben kein Kaltmietenproblem.“ Es seien die Verbraucher- und Energiepreise, die die Mieten in die Höhe trieben. So sei die Kaltmiete der SGW seit 2020 nur um 15,5 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum schossen die Preise für Gas (plus 86 Prozent) Fernwärme (plus 78,3), flüssige Brennstoffe (plus 51,7), Strom (plus 24,8), Wasserversorgung (plus 23,2), Müllabfuhr (plus 16,6) und Abwasser (plus 16,5) in die Höhe. Lesen Sie auch: Bei steigenden Energiepreisen - Was die Verbraucher wirklich entlastet Die SGW habe die durchschnittliche Kaltmiete ihres Bestandes 2024 um 2,7 Prozent auf 5,65 Euro erhöht und so nur die Inflation kompensiert und dadurch 5,3 Millionen Euro erlöst. Im gleichen Zeitraum seien die Instandhaltungsaufwendungen pro Quadratmeter um 3,9 Prozent auf 13,47 Euro geklettert. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine andere Zahl. 2020 haben die Instandhaltungskosten pro Quadratmeter noch 21,54 Euro betragen, ist im Geschäftsbericht zu lesen. .responsive23-pxRKjVd0i2Ckq7fJ-bar-grouped-vertical-veraenderung-energiepreise-april { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-pxRKjVd0i2Ckq7fJ-bar-grouped-vertical-veraenderung-energiepreise-april { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-pxRKjVd0i2Ckq7fJ-bar-grouped-vertical-veraenderung-energiepreise-april { padding-top: 142.86%; } } Die deutliche Diskrepanz zu den aktuellen Instandhaltungskosten dürfte sich durch die Arbeit von Kamis’ Vorgänger erklären, denn gegen den ermittelt seit 2022 die Stadtanwaltschaft. Der Aufsichtsrat hatte Anzeige gegen den Mann erstattet, als ruchbar wurde, dass der Ex-Geschäftsführer der Städtischen gemeinnützigen Heimstätten-Gesellschaft, heute SGW, der bis Oktober 2020 die Geschicke der stadteigenen Wohnungsgesellschaft lenkte, Aufträge an Handwerksfirmen nicht korrekt vergeben habe. Es soll ein möglicher Schaden in Millionenhöhe im Raum stehen. Wohnungswirtschaft muss 24.000 Vorschriften beachten Sicher ist, dass der Bestand von rund 1.200 Wohneinheiten sich nach Ausscheiden des Geschäftsführers in einem maroden Zustand befunden hat. Diese Hypothek belastet die SGW immer noch. &bdquo;Wir haben eine Menge nachzuholen“, sagt Kamis und verweist darauf, dass Klimaneutralität für den SGW-Bestand ein verdammt weiter Weg sei und andere kommunalen Wohnungsbauunternehmen diesbezüglich viel weiter seien. Noch immer tilgt Kamis Altlasten und stellt das Unternehmen schlanker und effizienter auf, was sich auch in der Bilanz widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund verstehe er einfach nicht, warum die SGW der Gentrifizierung verdächtig sein sollte. Alle Kritiker hätten übrigens wissen können, dass die Gemeinnützigkeit von Wohnungsbauunternehmen vor 35 Jahren vom Gesetzgeber abgeschafft worden sei. &bdquo;Wir haben nun schlicht die Gemeinnützigkeit aus dem Namen entfernt“, so Kamis. Noch eine Altlast. &bdquo;An unserer sozialen Ausrichtung ändert das nichts.“ Richtig sauer sind Kamis und Nagel auf Politiker der Europa-, Bundes- und Landesebene, die die Wohnungsnot beklagen und nichts täten, um das Problem zu lösen. Für Kamis machten die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes und weitere regulatorische Auflagen und Vorschriften den Neubau bezahlbaren Wohnraums quasi unmöglich. Habe die Wohnungswirtschaft 2020 noch 5.000 Vorschriften zu beachten gehabt, seien es mittlerweile 24.000, sagt Kamis. Die Dekarbonisierung des veralteten Gebäudebestandes sei mit den verfügbaren Mitteln nicht zu leisten. Der Zugang zu Fördermitteln stelle hohe bürokratische Hürden auf und binde zeitliche und organisatorische Ressourcen, erklärt Kamis. Mehr zum Thema: Denkmalschutz für Albert-Rusch-Siedlung trotz Schimmel? Stadt Bad Oeynhausen will 20 Millionen Euro zu Großprojekt beitragen Und trotz dieser Hürden will die SGW bauen - im Albert Rusch-Viertel. Das will die SGW abreißen, um dort ein neues energieeffizientes und verdichtetes Quartier zu bauen. Betroffen ist ein Viertel des SGW-Bestandes. 20 Millionen Euro will die Stadt der SGW als Anschubfinanzierung für das 120 Millionen-Euro-Projekt überweisen und darf es nicht. Seit eineinhalb Jahren streite man mit der EU darüber, ob es sich bei der Unterstützung des eigenen Unternehmens um eine EU-rechtswidrige Beihilfe handelt - bisher ohne Ergebnis. &bdquo;An eine völlig rechtssichere Lösung dieses Problems glaube ich nicht mehr“, sagt Aufsichtsratschef Kurt Nagel, der seinem Ärger Luft macht: &bdquo;Projekte werden, selbst wenn sie baureif sind, durch neue, teils ideologisch motivierte Anforderungen künstlich verzögert und gar verhindert.“ .responsive23-gzDW5qaf0mYwnANo-map-quartier-albert-rusch-weg { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-gzDW5qaf0mYwnANo-map-quartier-albert-rusch-weg { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-gzDW5qaf0mYwnANo-map-quartier-albert-rusch-weg { padding-top: 142.86%; } } Die neue soziale Frage des Jahrzehnts Damit könnte Nagel auch die obere Denkmalschutzbehörde beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster meinen, die das Albert-Rusch-Viertel in einer 40-seitigen Einschätzung für schutzwürdig hält. Nagel und Kamis machen kein Geheimnis daraus, dass sie darin einen massiven Bremsklotz für das größte städtebauliche Vorhaben der Kurstadt sehen und nur bedingt bereit sind, die Argumente der Denkmalschützer zu teilen. Wer die Gebäude kenne, der wisse, dass sie selbst nach einer denkmalgerechten Sanierung kau zu vermieten seien, schließlich müsse man die Sanierungskosten auf die Mieten umlegen. Das bedeute eine Quadratmetermiete von mehr als 20 Euro in einem Gebäude aus dem Jahr 1953, so Kamis. &bdquo;Das ist ökonomisch schlicht und einfach unmöglich.“ &bdquo;So kippen solche Stadtteile“, sagt Kamis, der durch die Verzögerungen bis jetzt schon 420.000 Euro an Mieteinnahmen verloren hat. Für Nagel ist das Rusch-Viertel ein &bdquo;Jackpot für die Stadtentwicklung“ und er gibt zu, dass seine Geduld zur Überwindung der bürokratischen Hürden, die den Weg zum Bau versperrten, endlich sei. Es gehe beim Rusch-Viertel auch um die &bdquo;sozialen Frage des Jahrzehnts“, sagt Kamis: &bdquo;Wie gelingt es uns, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Adresse nicht weiter über die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen entscheide?“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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