Am Jahresende ist Schluss für bekannten Lübbecker Industriebetrieb

Lübbecke. Das Aus für ein Stück Industrie-Tradition in Lübbecke ist besiegelt. Nach mehr als 100 Jahren verschwindet die Herstellung von Wellpappe aus der Stadt, die einstige Papierfabrik ist Geschichte. Der Konzern Smurfit Westrock wird den Standort an der Bundesstraße 239 in Lübbecke schließen. Der Konzern nennt dafür erstmals auch den konkreten Termin. Auf eine andere und für die Belegschaft wichtige Frage gibt es dagegen keine öffentliche Antwort. Informationen der NW zufolge hatten sich Konzern, Betriebsrat und Gewerkschaft Anfang September auf das weitere Vorgehen geeinigt. Das bestätigte nun die Smurfit Westrock Deutschland GmbH mit Sitz in Hamburg. Der Konzern antwortete erst jetzt und auf Nachfrage auf einige Fragen, die die Redaktion am 10. September gestellt hatte. &bdquo;Die Betriebsparteien haben sich am 9. September 2025 nach längeren Verhandlungen geeinigt“, so der Konzern. Man bitte um Verständnis, dass man keine Auskunft über Inhalte der Vereinbarungen geben könne, &bdquo;zu denen Interessenausgleich, Sozialplan, Freiwilligenprogramm und Transfergesellschaft gehören“, teilte das Unternehmen mit. Lesen Sie auch: Smurfit Westrock schließt Werk in Lübbecke – 150 Menschen verlieren Job Beschäftigte sollen Kosten für Transfergesellschaft tragen NW-Informationen zufolge soll sich der Konzern während der Verhandlungen zunächst gegen eine Transfergesellschaft, die etwa Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen ermöglichen soll, gesperrt haben. Die Redaktion hatte das Unternehmen gefragt, warum die Beschäftigten die Kosten für die Transfergesellschaft tragen sollen. Die Ausgestaltung der Vereinbarungen sei das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung, antwortete das Unternehmen. Sämtliche Kosten dieser Vereinbarungen trage der Arbeitgeber. &bdquo;Die vereinbarten Abfindungen berechneten sich für alle Beschäftigten gleich, ob sie ausscheiden oder ob sie danach in die Transfergesellschaft wechseln“, teilte das Unternehmen weiter mit. &bdquo;Somit sind die individuellen Kosten der Transfergesellschaft als Teil der Abfindung zu sehen und die Mitarbeitenden haben ein Wahlrecht. Wie viele Beschäftigte dieses Angebot der Transfergesellschaft nutzen werden, von dem wir als Arbeitgeber die alle gleichermaßen betreffenden Grundkosten der Beratung und Profilings tragen, werden wir erst Ende der ersten Dezemberwoche wissen“, heißt es weiter. In der Belegschaft soll es NW-Informationen zufolge erhebliches Unverständnis und auch Unmut geben, dass die Beschäftigten die Kosten für die Transfergesellschaft tragen sollen. Dafür müsse jemand, der in diese Transfergesellschaft wechseln wolle, fast seine komplette Abfindung aufwenden, heißt es. Bislang soll es deswegen kaum Interessenten geben, die in die Transfergesellschaft wechseln wollen. Wirtschaft in OWL: Insolvenzzahlen steigen – Wirtschaft in OWL gerät verstärkt in finanzielle Schieflage Schließungstermin für das Werk an der B239 steht fest Die Redaktion fragte auch nach der Zukunft der Auszubildenden, die ihre Ausbildung noch nicht beendet haben. Für alle Auszubildenden konnte laut Smurfit Westrock eine Möglichkeit gefunden werden, dass sie ihre Ausbildung noch im Werk Lübbecke, in einem Schwesterunternehmen oder in einem anderen Unternehmen fortsetzen und abschließen können. Der Konzern nennt außerdem erstmals einen konkreten Termin, an dem am Standort Lübbecke der Schlüssel umgedreht wird: &bdquo;Gegenstand der Einigung ist auch der Schließungstermin zum 31.12.2025 gewesen, den ich Ihnen bestätigen kann“. Zur Frage der Redaktion, ob es Interessenten für das Areal in Lübbecke gibt, äußerte sich Smurfit Westrock Deutschland wie folgt: &bdquo;Nachdem die Betriebsparteien sich hierauf und eine Abwicklung bis Ende des ersten Quartals 2026 den Weg geeinigt haben, suchen wir für die Liegenschaft in Lübbecke eine neue Nutzung“. Die Redaktion fragte auch nach der Auslastung an anderen Smurfit Westrock-Standorten in Deutschland, die Informationen zufolge teilweise recht hoch sein soll. Wo sollen die in Lübbecke und in Hanau wegfallenden Kapazitäten aufgefangen werden, fragte die Redaktion - und ob das überhaupt kurzfristig möglich sei. Zudem fragte die Redaktion vor dem Hintergrund, dass in Lübbecke bislang Verpackungen unter anderem für einen namhaften Süßwaren-Hersteller oder einen großen Discounter gefertigt wurden, ob es zutreffend sei, dass Kunden auf die Fähigkeit des Standortes Lübbecke verwiesen haben sollen und für den Fall von dessen Schließung auf eine Neu-Ausschreibung der Leistungen verwiesen haben sollen. Dazu äußerte sich das Unternehmen wie folgt: &bdquo;Fragen zur Auslastung unserer Betriebe beantworten wir ebenso wenig wie zu unseren Kunden. Bitte haben Sie auch dafür Verständnis“. Mehr zum Hintergrund: Sorgen um 150 Arbeitsplätze in Lübbecke 2018 fusionierte Smurfit mit dem Unternehmen Westrock Die Herstellung von Verpackungen aus Papier hat in Lübbecke eine relativ lange Tradition. Das Areal an der heutigen Bundesstraße 239 südlich der Lübbecker Altstadt hatten im Jahr 1903 mehrere Bremer Kaufleute erworben. Zuvor hatte an dieser Stelle über Jahrzehnte eine Tuchfabrik gestanden. Die Bremer Kaufleute gründeten 1907 die Bremer Papier- und Wellpappenfabrik. Zu den ersten Produkten gehörten Flaschenhülsen aus Wellpappe. Als Papierfabrik war das Unternehmen in Lübbecke und Umgebung bekannt, die Bushaltestelle an der Bundesstraße 239 in Höhe des Werksgeländes heißt bis heute so. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wechselte die Papierfabrik wiederholt die Besitzer. Aus dem Lübbecker Wellpappenwerk wurde später ein Standort von Europa Karton, nach dem Einstieg eines US-amerikanischen Unternehmens war Lübbecke ein Standort von Stone Europa Karton. Dann kam Smurfit hinzu, ein von Jefferson Smurfit 1938 übernommenes Unternehmen. Das fusionierte 1998 mit dem in Chicago ansässigen Unternehmen Stone Container Corporation. Im Jahr 2005 schlossen sich Jefferson Smurfit und die Kappa Corporation zu Smurfit Kappa zusammen. Die Kappa Corporation war 1974 in den Niederlanden gegründet worden und zählt zu den bedeutendsten europäischen Herstellern von Verpackungen aus Wellpappe und Kartons. Die nächste Fusion gab es 2018. Damals gingen Smurfit Kappa und das US-amerikanische Unternehmen Westrock zusammen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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