Wie dieser Bad Oeynhausener Industrie-Anlagen vor dem Klimawandel schützt

Bad Oeynhausen. Karl-Erich Köppke ahnt, was kommen könnte, wenn Meteorologen vom &bdquo;Genua-Tief“ sprechen: Es wird schütten. Der promovierte Chemie-Ingenieur aus Bad Oeynhausen entwickelt im Auftrag des Bundesumweltministeriums Anpassungsstrategien für Industrie-Anlagen an den Klimawandel. Wenn vor Genua das Mittelmeer immer wärmer wird, folglich immer mehr Wasser verdunstet und die wärmere Atmosphäre immer mehr Wasser aufnehmen kann, dann fragt sich Köppke, was zu tun ist, um Industriebetriebe möglichst effektiv vor sogenannten &bdquo;Starkregenereignissen“ oder vor Sturm zu schützen. In seinem Büro in der Kurstadt entwickelt Köppke den &bdquo;Stand der Sicherheitstechnik“ gegenüber Naturgefahren, die zu Schäden an Industrieanlagen führen können. Durch solche Störfälle können gefährliche Chemikalien in die Umwelt gelangen sowie Brände oder Explosionen ausgelöst werden. Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich der Bad Oeynhausener im Auftrag des Umweltbundesamtes mit den Sicherheitsstandards von Industrie-Anlagen. Seit die sogenannten &bdquo;Jahrhunderthochwasser“ immer häufiger kommen und laut &bdquo;Sonderbericht des Weltklimarats über die Ozeane und Kryosphäre“ ab 2100 möglicherweise sogar jährlich zu erwarten sind, muss das, was Stand der Sicherheitstechnik ist, immer häufiger an die Bedrohungslage angepasst werden. Es ist auch ein Rennen gegen die Zeit. Köppkes Arbeit bildet die Grundlage dafür, dass zum Beispiel Chemiewerke nicht ganze Regionen verseuchen, weil sie nicht auf das vorbereitet waren, was Klimaforscher seit Jahrzehnten prophezeien. Kooperation mit Potsdam-Institut für Klimaklimafolgenforschung Köppke war lange Professor an der Hochschule Düsseldorf. Während Politiker und weite Teile der Gesellschaft noch darüber debattierten, wie der Klimawandel aufzuhalten ist, hat sich der Naturwissenschaftler und Ingenieur um die Klimafolgenforschung und ihre ganz praktischen Ableitungen gekümmert. Dabei geht es um die Frage: Was muss und was kann man überhaupt tun, um Industriehavarien durch Klimaeinflüsse zu verhindern oder abzumildern? Köppke kann auch komplexe Zusammenhänge erklären und stetig steigende Gefahren auf ihre technische Beherrschbarkeit bewerten. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist Köppkes Arbeit in konkrete technische Regeln für Anlagensicherheit eingeflossen, die vom Bundesumweltministerium veröffentlicht wurden. Darüber hinaus hat er in seinen Forschungsberichten die zukünftig zu erwartenden Intensitäten und Häufigkeiten von Naturereignissen dargelegt, die aufgrund des menschengemachten Klimawandels verursacht werden. Dafür ist das sogenannte &bdquo;Genua-Tief“ ein Beispiel, denn dessen großer Bruder, die Vb-Wetterlage (V als römische Fünf) bringt immer häufiger gewaltige Niederschlagsmengen auch nach Deutschland. Das muss Köppke berücksichtigen, wenn nicht gar voraussehen. Er kooperiert dafür mit dem renommierten Potsdam-Institut für Klimaklimafolgenforschung, deren Klimaprojektionen Köppke wichtige Grundlagen für seine Arbeit liefern. Die Vb-Wetterlage geht auf den Meteorologen Wilhelm Jacob van Bebber zurück, der festgestellt hatte, dass die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete über Europa zyklischen Schwankungen unterliegen, und im Jahr 1891 eine Klassifizierung vornahm, um die Wettervorhersage zu verbessern. Davon erhalten geblieben ist bis heute nur die Wetterlage Vb: ein Tief, das vom Mittelmeer nach Nordosteuropa zieht. Starkregen an der Ahr führte zu hektischen Reaktionen Und das tut es mit zunehmender Intensität. Einige Forscher sind sich sicher, dass auch die Häufigkeit zunehmen wird. Meteorologen begründen dies damit, dass laut der Clausius-Clapeyron-Gleichung die Luft pro Grad Erwärmung rund sieben Prozent mehr Feuchtigkeit in Form gasförmig gelösten Wassers aufnehmen kann. Das Problem ist aber nicht nur das viele Wasser, sondern vor allem der fehlende Wind. Dadurch ziehen Mittelmeertiefs oftmals nur sehr langsam weiter oder bleiben sogar stehen. Durch die geringe Zuggeschwindigkeit fällt viel zu viel Regen dauerhaft auf ein sehr begrenztes Gebiet. Das war auch beim Weihnachtshochwasser 2023 in Bad Oeynhausen der Fall. Als Köppke vom Bundesumweltministerium beauftragt wurde, die technischen Regeln für Anlagensicherheit des Bundesumweltministeriums zu überarbeiten, platzte das Starkregenereignis an Ahr und Erft dazwischen. &bdquo;Das führte zu hektischen Reaktionen. Mit welchen Niederschlagsintensitäten muss in Zukunft gerechnet werden und welche Anpassungsmaßnahmen sind notwendig, damit die Betriebe die Sicherheit ihrer Produktionsanlagen sicherstellen können, waren Fragen, die beantwortet werden mussten“, erinnert sich Köppke. 140 Meter hohe Anlagen müssen vor Sturm geschützt werden Mittlerweile berät der 68-Jährige Unternehmen der chemischen Industrie und der Stahlindustrie bei der praktischen Umsetzung der Sicherheitsanforderungen. Derzeit ist er in die Umgestaltung der Stahlerzeugung auf die Wasserstofftechnologie zur Verminderung der Kohledioxid-Emissionen eingebunden. &bdquo;Allein die Stahlindustrie verursachte 2019 4,6 Prozent der CO?-Emissionen in Deutschland. Daher ist die Transformation auf die Wasserstofftechnologie zur Erzeugung von grünem Stahl so bedeutsam und politisch sehr relevant“, erklärt Köppke. Allerdings würden dazu Anlagen benötigt, die bis zu 140 Meter hoch seien und damit fast die Höhe des Kölner Doms erreichten. Da stelle sich erneut die Frage, wie sind diese Anlagen vor Stürmen zu sichern, sagt Köppke und erläutert kurz die Windlasten, denen ein solches Bauwerk standhalten müsse.

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