Stadtwerke Bad Oeynhausen setzen auf Wärme aus Abwasser

Bad Oeynhausen. Fast zwölf Millionen Euro wollen die Stadtwerke in die Wärmeerzeugung aus dem Abwasser der Kläranlage investieren. Dafür sollen auf dem Areal der Kläranlage in einer 20 mal 30 Meter großen Halle, die rund acht bis zehn Meter hoch sein muss, zwei Wärmetauscher installiert werden. Der Verwaltungsrat der Stadtwerke beauftragt den Vorstand, das Projekt weiter voranzutreiben, nachdem Stadtwerke-Chef Andreas Schwarze erklärt hatte, dass er keine Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projektes habe. Wie lässt sich die Kläranlage an der Eidinghausener Straße zur Wärmezentrale machen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Verwaltungsrat der Stadtwerke inzwischen zum zweiten Mal. Nach der ersten Machbarkeitsstudie des Chemieingenieurs Karl-Erich Köppke aus dem Herbst 2024 liegt nun ein weiteres Gutachten auf dem Tisch – erstellt von der Hydro-Ingenieure Energie & Wasser GmbH aus Kaiserslautern. Die Fachplaner haben das Szenario konkretisiert: Eine Großwärmepumpe mit einer Leistung von drei Megawatt soll künftig die Wärme aus dem gereinigten Abwasser ziehen. Aus der Kläranlage fließen täglich rund 11.000 Kubikmeter gereinigtes Abwasser in die Werre – und daraus lässt sich Energie gewinnen. Lesen Sie auch: Wie Bad Oeynhausen mit Wärme aus der Tiefe und dem Abwasser heizen könnte Wärmeenergie für mehrere Hundert Haushalte Selbst nach der biologischen Reinigung ist das Wasser mehrere Grade wärmer als die Werre, in die es eingeleitet wird. Diese Wärme könnte mit Wärmetauschern und Großwärmepumpen gewonnen werden. Das entspricht dem Wärmebedarf mehrerer Hundert Haushalte. Die Kläranlage ist für die Stadtwerke kein Neuland in Sachen Energie. Bereits seit Jahren wird dort Klärgas in Blockheizkraftwerken genutzt, die den Standort mit Strom und Wärme zu versorgen. Der Eigenversorgungsgrad liegt nach Angaben der Stadtwerke bei über 100 Prozent. Die zusätzliche Nutzung von Abwasserwärme wäre ein weiterer Schritt, die Anlage in die Wärmewende einzubinden. Im September 2024 hatte Karl-Erich Köppke in seinem Gutachten das energetische Potenzial der Kläranlage aufgezeigt. Mit einer zweistufigen Wärmepumpe allein seien 2.680 Kilowatt Leistung erreichbar, in Kombination mit bestehenden und zusätzlichen Blockheizkraftwerken sogar bis zu 4.006 Kilowatt. Bei 8.000 Betriebsstunden im Jahr entspräche das rund 32 Gigawattstunden Wärme – ein Volumen, das mehrere Hundert Haushalte versorgen könnte. Auch eine bessere Auslastung der Faultürme durch sogenannte Co-Vergärung hatte Köppke vorgeschlagen, um zusätzliches Biogas für die Blockheizkraftwerke zu gewinnen. Lesen Sie auch: Ohne Gas und Öl heizen? Wie Bad Oeynhausen, das bis 2045 schaffen möchte Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist der Abnehmer Die Hydro-Ingenieure haben diese Überlegungen inzwischen vertieft und auf die Wirtschaftlichkeit hin geprüft. Herzstück ihres Vorschlags ist ein Drei-Megawatt-Wärmetauscher mit nachgeschalteter Wärmepumpe, der die im Abwasser enthaltene Restwärme von durchschnittlich zwölf bis 14 Grad Celsius hebt und ins Fernwärmenetz einspeist. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist der Abnehmer: die 2021 gegründete Neue Energien Bad Oeynhausen (NEO). Sie betreibt das lokale Fernwärmenetz. &bdquo;Wir verkaufen der NEO die Wärme direkt am Zaun der Kläranlage“, sagt der Stadtwerke-Chef. Somit würde Schwarze die Energie aus dem Abwasser quasi an sich selbst veräußern, halten die Stadtwerke doch 51 Prozent an der NEO. Mit 49 Prozent ist die Gelsenwasser AG beteiligt. Wie teuer die NEO die Wärme aus der Kläranlage verkaufen und wer tatsächlich davon profitieren werde, will der Verwaltungsrat öffentlich nicht verhandeln. Im Kommunalwahlkampf war die NEO dafür kritisiert worden, dass ihre Fernwärmestrategie eigentlich nur auf Großkunden ziele. Und die NEO ist auch der Grund dafür, dass man die Wärmegewinnung in der Kläranlage nach und nach modular ausbauen wolle. Erst müsste die NEO die Fernwärmeleitung bauen, bevor die Stadtwerke zu viel Wärmeenergie zur Verfügung stellten. Deshalb bietet die geplante Halle auch Platz für weitere Wärmetauscher. Die Pläne fügen sich in die kommunale Wärmeplanung ein, die Bad Oeynhausen bis 2045 klimaneutral machen soll. Der jährliche Wärmebedarf der Stadt liegt bei etwa 531 Gigawattstunden. Neben Abwasser untersucht die Stadt auch andere Quellen – von industrieller Abwärme bis zu Tiefengeothermie. Schwarze und die Hydro-Ingenieure Stefan Krieger und Thorsten Jung, die ihre Studie im Verwaltungsrat vorstellen, ernten viel Applaus von den Mitgliedern und die Frage von Volker Brandt (Grüne), warum man das Projekt nicht eher angestoßen habe. &bdquo;Weil die NEO noch keine Leitung verlegt hat“, sagt Schwarze. Nur Matthias Groh (AfD) stimmt gegen eine Fortführung der Planung. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen