Kirchenverkauf sorgt für Kontroverse in der Bad Oeynhausener Emmaus-Gemeinde

Bad Oeynhausen. Marius Müller-Westernhagen hätte die Versammlung vermutlich mit der Zeile &bdquo;Die Verträge sind gemacht“ eröffnet. Denn bevor die Emmaus-Gemeinde ihre Mitglieder zur Gemeindeversammlung am Donnerstagabend in die Heilig-Geist-Kirche eingeladen hatte, hatte das Presbyterium die wichtigsten Beschlüsse zur Neuordnung der Gemeinde-Immobilien schon besiegelt. So sei bereits eine knappe Woche vor der Versammlung die Entscheidung über den Verkauf der Heilig-Geist-Kirche und des Wichernhauses an die koptische Gemeinde Bielefeld im Presbyterium gefallen, wie die Vorsitzende des Presbyteriums, Christiane Kemper, bestätigte. Diese Vorgehensweise war einer, aber nicht der einzige Kritikpunkt aus der Gemeindeversammlung. Kemper betonte: &bdquo;Das Presbyterium fällt keine leichtfertigen Beschlüsse. Wir haben uns Rat auch vom Kirchenkreis und der Landeskirche geholt.“ Um die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen zu unterstreichen, schilderte Uwe Henke, Finanzfachmann im Kirchenkreis Vlotho, zunächst die wirtschaftliche Lage der Emmaus-Gemeinde. Während die vier Gemeinden, aus denen per Fusion die Emmaus-Gemeinde entstand, 2013 zusammen noch 13.200 Mitglieder hatten, lag Ende 2023 - am Ende des ersten Jahres seit dem Zusammenschluss - die Zahl der Gemeindemitglieder nur noch bei 10.260. Weniger Mitglieder bedeute auch weniger Geld, aber auch weniger Raumbedarf, wie Henke erläuterte. Der Haushaltsplan der Gemeinde gehe im laufenden Jahr von einem Defizit von 352.000 Euro aus, Tendenz steigend. &bdquo;Wenn wir nichts unternehmen, steigt das Defizit bis 2026 auf 466.000 Euro und summiert sich innerhalb von vier Jahren auf 1,6 Millionen Euro“, so rechnete Henke vor. Im Durchschnitt ergebe das also einen Verlust von 400.000 Euro jährlich. &bdquo;Durch den Verkauf der Heilig-Geist-Kirche und des Wichernhauses können wir unseren Haushalt um 100.000 Euro pro Jahr entlasten“, sagte Uwe Henke. Denn so hoch seien die Kosten für den Unterhalt der Gebäude der ehemaligen Wicherngemeinde zu veranschlagen. Mit allen Maßnahmen zusammen, also auch der Vermietung großer Teile des Bonhoeffer-Hauses, könne die Emmaus-Gemeinde jährlich eine Viertelmillion Euro einsparen, stellte Presbyter Ralf Schröder in Aussicht. Hintergrund: Koptischer Bischof von Heilig-Geist-Kirche begeistert Weiterverkauf in den nächsten 15 Jahren untersagt Nach dem Blick auf die Zahlen hatten die Besucher der Versammlung das Wort. Und viele der etwa 100 Anwesenden sparten nicht mit Kritik am Vorgehen des Presbyteriums. &bdquo;Die Gemeinde wird immer erst nach den Beschlüssen informiert. Sie grenzen uns aus und schüren so Gerüchte und Spekulationen“, sagte Torsten Kallmeyer in Richtung Presbyterium. &bdquo;Ich bin maßlos enttäuscht von Ihrem Vorgehen und zutiefst verletzt“, sagte Kallmeyer und erntete dafür deutlichen Applaus. In eine ähnliche Kerbe schlug eine andere Versammlungsteilnehmerin. &bdquo;Warum sollen wir hier eigentlich noch Fragen stellen, wenn doch alle Antworten schon feststehen?“, fragte sie. Der Pfarrer im Ruhestand Bernhard Silaschi wollte wissen, ob denn Kirche und Gemeindehaus zu einem marktüblichen Preis verkauft worden seien. Ein weiteres Gemeindemitglied wollte es konkreter wissen: &bdquo;Wie viel Geld wird die koptische Gemeinde bezahlen?“, lautete ihre Frage. Einen konkreten Kaufpreis wollte Christiane Kemper nicht nennen. &bdquo;Es ist auch mit der koptischen Gemeinde vereinbart, darüber Stillschweigen zu bewahren“, sagte die Vorsitzende des Presbyteriums und versicherte: &bdquo;Wir haben das nicht für ’nen Appel und ’nen Ei verkauft.“ Bernhard Silaschi legte noch eine Frage nach. &bdquo;Wie schließen Sie aus, dass dieses Filetstück auf dem Immobilienmarkt für die koptische Gemeinde nur ein Spekulationsobjekt ist, das nach ein paar Jahren zu einem deutlich höheren Preis weiterverkauft wird?“ Der konkrete Kaufvertrag liege noch nicht vor, sagte Christiane Kemper. &bdquo;Wir werden da aber hineinschreiben, dass Gebäude und Gelände in den nächsten 15 Jahren nicht verkauft werden dürfen.“ Kirche wird in christliche Hände gegeben Ein Mitglied der Gemeinde erklärte: &bdquo;Bei den ganzen Neuordnungen ist die Wicherngemeinde der Verlierer.“ Er wollte zudem wissen, was denn mit dem Kirch-Inventar - also der Kanzel, dem Taufbecken, dem Kruzifix oder der Orgel geschehen solle. Über die Zukunft des Inventars sei noch nicht entschieden, sagte Kemper. &bdquo;Klar ist aber, dass es keinen Sinn macht, die Orgel stehen zu lassen. Deshalb haben wir entschieden, die Orgel zu verkaufen“, erklärte sie. Ein Gemeindemitglied fragte: &bdquo;Man gibt hier in Wichern den besten Standort für ein Gemeindezentrum auf. Warum?“ Christiane Kemper erwiderte: &bdquo;Wir bauen ja gar kein Gemeindezentrum.“ Zwar habe es den Plan für ein neues, zentrales Gemeindehaus an der Auferstehungskirche gegeben. &bdquo;Aber das ist ja nicht auf viel Gegenliebe gestoßen.“ Nach Angaben der Aktionsgemeinschaft &bdquo;Pro Wichern“ soll noch ein fünfstelliger Betrag auf dem Konto der Emmaus-Gemeinde aus Spenden für die Renovierung des Wichernhaus-Foyers liegen. Was denn mit diesen Spenden nun geschehen solle, wollte eine Teilnehmerin der Gemeindeversammlung wissen. &bdquo;Wir werden alle Spender anschreiben und fragen, ob sie mit einer anderen Verwendung des Geldes einverstanden sind“, versprach Christiane Kemper. Der Verkauf an die koptische Gemeinde sei doch immerhin &bdquo;eine erträgliche Lösung“, sagte Pfarrer Matthias Mengel. &bdquo;Wenn wir die Kirche in christliche Hände geben, ist das auch viel wert.“ Lesen Sie auch: Pfarrer dementiert Gerüchte um geplatzen Kirchenverkauf &bdquo;Diese Aussprache hätte ja nichts verändert“ Zum Abschluss der Versammlung dankte Superintendentin Dorothea Goudefroy &bdquo;allen, die in solch schwerer Zeit den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen.“ Das fand noch den Beifall der Versammelten. Ihr nächster Satz aber weckte Opposition: &bdquo;Die machen nichts heimlich und intransparent“, so die Superintendentin mit Blick auf das Presbyterium. Ulrike Kallmeyer von der Aktion &bdquo;Pro Wichern“ hielt dagegen: &bdquo;Es bleibt ein Unding, dass diese seit Monaten eingeforderte Gemeindeversamlung erst jetzt stattfindet. Der Verkauf der Wichern-Immobilien wurde zu 100 Prozent im stillen Kämmerlein ausgeheckt.“ Warum das Presbyterium erst nach der Verkaufsentscheidung zur Gemeindeversammlung eingeladen hat, begründet Christine Kemper gegenüber der NW so: &bdquo;Diese Aussprache hätte ja nichts verändert. Es gibt keine wirkliche Alternative zum Verkauf.“ Auch hätten die Interessenten für die Wichernimmobilien nicht gerade Schlange gestanden. Kemper: &bdquo;Wenn wir nicht an die koptische Gemeinde verkaufen würden, dann wäre die Alternative wohl Abriss der Gebäude und eine Bebauung des Geländes.“

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