Deshalb gibt der Cannabis-Social-Club Bad Oeynhausen vor der ersten Ernte auf

Bad Oeynhausen. Die Euphorie war auch unter den Konsumenten in der Kurstadt groß, als das Gesetz für die Teilfreigabe von Cannabis am 1. April in Kraft trat. Doch mittlerweile ist die Euphorie der Ernüchterung gewichen. Bei bei den im Frühling gegründeten Anbauvereinen überwiegt der Frust. So auch beim Cannabis-Social-Club Bad Oeynhausen (CSC). Denn statt die erste Ernte des selbstangebauten Cannabis einzufahren, steht der Anbauverein vor seiner Auflösung - bevor es überhaupt zum Anbau der Hanfpflanzen gekommen ist. &bdquo;Wir haben gar keinen Anbaugenehmigungsantrag mehr gestellt“, sagt Michael Götschenberg, Gründungs- und Vorstandsmitglied des CSC Bad Oeynhausen. Bei seiner Gründung am 15. April hatte der Club zehn Mitglieder und 15 Interessenten. &bdquo;Etwa die Hälfte unserer Mitglieder nutzt Cannabis aus medizinischen Gründen und die andere Hälfte aus reinem Genuss“, erklärte Götschenberg im Mai gegenüber der NW. Die Genehmigung hätte der CSC ab 1. Juni beantragen können und dann ab 1. Juli theoretisch auch Hanf anbauen können. Doch letztlich haben die hohen Vorlaufkosten dem kleinen Club das vorzeitige Ende gebracht. Mit ihrem Frust stehen die Bad Oeynhausener CSC-Mitglieder nicht alleine da. &bdquo;Gerade erst hat sich in Düsseldorf ein Club mit 300 Mitgliedern aus den gleichen Gründen gegen einen Antrag auf Anbau entschieden“, weiß Michael Götschenberg. 15.000 Euro Vorleistung vor der ersten Ernte Mit diesen Kosten hätte der Bad Oeynhausener CSC für einen Anbauantrag in Vorleistung treten müssen: Mehrere Tausend Euro wären für Miete und Kaution eines gesicherten Gebäudes erforderlich gewesen, für die notwendige Nutzungsänderung des gemieteten Gebäudes wären unter anderem Architektenkosten zwischen 2.000 und 4.000 Euro angefallen, für die Schulung zum Suchtbeauftragten - selbst für qualifizierte Fachkräfte aus dem psychologischen Bereich - hätte der Verein mit Kosten in Höhe von 750 Euro rechnen müssen. Und für das vom Gesetzgeber geforderte Brandschutz- und Sicherheitskonzept wären weitere Kosten hinzugekommen. &bdquo;Letztere Kosten hätten wir nicht aufbringen müssen, weil wir ein Ehrenmitglied aus diesem Bereich haben“, sagt Götschenberg. Zudem hat am Montag das Land NRW seine Gebührenordnung für Cannabis-Anbauvereinigungen veröffentlicht. Demnach kostet allein die Genehmigung 1.150 Euro. Insgesamt hätte der kleine Bad Oeynhausener Club allein vor der ersten Ernte rund 15.000 Euro aufbringen müssen, um den Anbau zu beantragen. &bdquo;Ob wir dann auch eine Genehmigung bekommen hätten, steht auf einem ganz anderen Blatt“, sagt Götschenberg. &bdquo;Und außerdem hätten wir dann noch keine Gerätschaften gehabt, die wir für den Anbau brauchen“. &bdquo;Bei der Bezirksregierung Detmold sind bisher zehn Anträge aus ganz Ostwestfalen-Lippe eingereicht worden“, teilt Peter Westphal, Sprecher der Bezirksregierung, auf Anfrage der NW mit. Acht davon befänden sich noch im Prüfverfahren – zwei Anbauvereinigungen seien mittlerweile genehmigt worden. Einer davon ist ein Anbauverein in Bielefeld. Zurückgezogen wurde bislang kein Antrag, so Westphal weiter. Experten haben wenig Hoffnung auf die zweite Säule Das Cannabis-Gesetz basiert auf zwei Säulen. Der erste in Kraft getretene Teil regelt den privaten und gemeinschaftlichen, jedoch nicht-kommerziellen Anbau. Die Säule zwei sollte Produktion, Vertrieb, und Abgabe in Fachgeschäften im staatlich kontrollierten Rahmen ermöglichen sowie deren Auswirkungen auf den Jugendschutz und Schwarzmarkt wissenschaftlich untersuchen. Nach dem vorzeitigen Aus der Ampel-Koalition dürfte diese Säule kaum noch Chancen auf Verabschiedung haben. Durch das Gesetz dürfen erwachsene Personen seit dem 1. April Cannabis legal konsumieren und produzieren. Es ist nun für Menschen, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, möglich, 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich zu führen, außerdem drei Cannabispflanzen aufzuziehen oder diese Aufgabe an einen Verein, einen &bdquo;Cannabis Social Club“, abzugeben. Diese Clubs müssen eingetragene Vereine oder Genossenschaften sein und dürfen nicht mehr als 500 Mitglieder haben. Für die CSC-Gründungsmitglieder Kimberly und Michael Götschenberg ging es bei der Gründung des CSC von Anfang an weniger um Cannabis als Genussmittel, sondern mehr um Cannabis als medizinisches Therapeutikum, denn beide sind seit Jahren chronisch krank und haben dauerhaft Schmerzen. &bdquo;Die ersten Jahre habe ich dauerhaft Schmerzmittel verschrieben bekommen – von Paracetamol über Ibuprofen bis Tilidin“, berichtet Michael Götschenberg. Seitdem er ärztlich verordnetes, medizinisches Cannabis nimmt, geht es ihm besser, denn die Nebenwirkungen der Schmerzmittel belasten ihn nicht mehr. Die Alternative war bislang das Privatrezept – allerdings eine sehr kostenintensive. Per Privatrezept dürfen 100 Gramm Cannabis pro Monat verordnet werden. Das entspräche in etwa 350 Joints. Vom Konsum in Form der klassischen Joints hält Michael Götschenberg indes nichts. &bdquo;Beim Verbrennen mit Tabak ist mir der Drang zum Rauchen zu groß.“ Götschenberg setzte dagegen auf einen Vaporisator – einen Verdampfer. &bdquo;Es gibt aber auch viele alternative Darreichungsformen.“ Menschen, die aus medizinischen Gründen Cannabis konsumieren, müssen übrigens immer ihren Patientenausweis mitführen, in dem die verordnete Menge registriert ist. Preise erheblich gesunken Einen positiven Effekt hat das Cannabis-Gesetz bisher allerdings: Bis zum Inkrafttreten des Cannabisgesetzes am 1. April 2024 lag der Apothekenpreis für ein Gramm laut Götschenberg zwischen acht und 15 Euro. Mittlerweile seien die Preise für das verschreibungspflichtige medizinische Cannabis auf drei bis fünf Euro pro Gramm gefallen. Für Auswirkungen auf den Schwarzmarkt und damit auf den illegalen Drogenhandel sei das Gesetz nach Auffassung von Experten noch zu jung. Das Entscheidende und Verheerende am Schwarzmarkt-Cannabis sei allerdings, dass der Konsument nicht erfahre, wie hoch der THC-Gehalt ist. &bdquo;Der Wirkstoffgehalt schwankt zwischen 10 und 25 Prozent. Eine zuverlässige Dosierung ist also schwieriger. Außerdem werden dem Schwarzmarkt-Cannabis oft Schadstoffe wie Düngemittel oder Haarspray beigemischt“, berichtet Götschenberg. Für die CSC-Mitglieder bedeutet das Ende ihres Clubs nun, dass &bdquo;wir privat anbauen oder unsere Cannabis in der Apotheke kaufen“, sagt Götschenberg. Denn nach dem Cannabis-Gesetz ist der Besitz von drei Pflanzen pro Person und der daraus resultierende Anbau erlaubt.

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