So sieht’s unter der Kuppel im historischen Badehaus von Bad Oeynhausen aus

Bad Oeynhausen. Die Tauben sind weg, ihren Dreck haben sie aber da gelassen. Unter der achteckigen Kuppel von Badehaus II sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa. Von unten ist das mit bloßem Auge schwer zu erkennen, aber wenn man auf 14 Metern Höhe steht, lässt sich der Dreck mit Händen greifen. Das Flattervieh ist offenbar immer wieder in das denkmalgeschützte Gebäude eingedrungen, obwohl die Fenster nie offen standen. Was klingt wie ein Zaubertrick, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Vernachlässigung: Die Holzrahmen der Fenster sind einfach durchgefault, es klaffen faustgroße Löcher in den Rahmen. Staatsbad-Betriebsleiter Stefan Meyhöfer und Architektin Elke Zeise zeigen Dienstagvormittag bei einem Pressetermin die Schäden. Erst auf Fotos, dann in schwindelerregender Höhe. Im Mai sind die Probleme in der Kuppel von Badehaus II entdeckt geworden. &bdquo;Wir mussten handeln“, sagt Meyhöfer. Vor allem zur Wetterseite hin waren die Eichenholzrahmen der etwa 1,80 Meter hohen Fenster durch. &bdquo;Wir fürchten, dass die Fenster bei einem größeren Sturm im Herbst eingedrückt werden könnten.“ So morsch war das Holz. Dabei sind die Fenster gar nicht so alt wie das Gebäude. Elke Zeise hat sich auf die Sanierung von Baudenkmälern spezialisiert. Sie schätzt, dass die Rahmen zuletzt vor 70 Jahren erneuert und weiß angemalt wurden. Die Handwerker unter der Kuppel bestätigen das. Sie haben beim Rausschneiden der alten Fenster Zeitungspapier als Dichtungsmaterial gefunden. Die Fenster werden mit Hanf abgedichtet Das Badehaus ist deutlich älter. Es wurde 1885 fertiggestellt. Damals verwendeten Handwerker noch in Leinöl getränktes Hanf als Dichtungsmasse in den Fensterrahmen. Und genau das nehmen die Tischler heute auch wieder. &bdquo;Zeitungspapier ist typisch für die 1950er“, sagt ein Handwerker. Zu dieser Zeit waren Geld und Material knapp. Nach der britischen Besatzungszeit des Bades aber dürfte der Sanierungsbedarf groß gewesen sein. Das Badehaus II ist das jüngste der Badehäuser im Kurpark. Es kam als Badehaus IV auf die Welt, wie auf einem Bild von 1909 zu erkennen ist. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto hat Architektin Zeise auch erkannt, dass die Holzrahmen der Kuppelfenster eigentlich im Original dunkel waren - und nicht etwa weiß wie die Fenster aus den 1950er-Jahren. Weil zwei andere Badehäuser verschwanden, wurde aus der römischen Vier eine römische Zwei überm Eingang. Wieso aber konnten die Eichenholzrahmen überhaupt faulen? Die Antwort ist bitter für die Klimabilanz des Staatsbades. Das ganze Badehaus ist energetisch eine Vollkatastrophe. &bdquo;Eigentlich heizen wir hier den Kurpark“, sagt Zeise. Sämtliche Wärme steigt in die Kuppel und verpufft überm Himmel von Bad Oeynhausen. Wenn’s draußen kalt, bildet sich innen zudem an den Fensterscheiben Kondenswasser. Das war schon den Konstrukteuren des Badehauses klar. Sie ließen deshalb Bleifänge an der unteren Hälfte der runden Fenster montieren, die das Wasser sammeln und durch Röhrchen nach außen leiten sollten. Offenbar haben sich die Röhrchen aber über die Jahrzehnte zugesetzt. Das Wasser lief nicht ab. Damit sich dieses Problem nicht wiederholt, will Meyhöfer die Abstände der Fensterpflege verringern. In den vergangenen 140 Jahren hat das nicht so gut geklappt. Alle 70 Jahre mussten bislang neue Fenster geordert werden. Die neuesten Fenster sind auch wieder bloß einfach verglast. Allerdings könnte das Staatsbad eine passende zweite Scheibe zur Wärmedämmung später dazu zu kaufen. Das ergibt aber erst Sinn, wenn auch die acht kleineren Fenster darüber, sie haben einen Durchmesser von 80 Zentimetern, ebenfalls saniert werden. Architektin Zeise macht aber deutlich, dass das gar nicht das Hauptproblem ist. &bdquo;Das Dach der Kuppel besteht bloß aus Holz und Lehm.“ Der ganze Bau ist ungedämmt. Rosafarbener Sternenhimmel Von innen wird die Kuppel aus Gips und Farbe zusammengehalten. Die aufwendigen Stuckarbeiten sind in den vergangenen Jahrzehnten aufgefrischt worden. Von unten könnten Betrachter einen rosafarbenen Sternenhimmel sehen, wenn das Gerüst wieder abgebaut wird. Das bleibt so lange, bis die Handwerker die acht Fenster im Achteck ausgetauscht haben. Das Gerüst schützt zugleich auch die Patienten von Rehaconcept, der Physiotherapiepraxis der Klinik am Rosengarten, vor möglicherweise abstürzendem Baumaterial. Außerdem wird das Bodenmosaik geschont. Darauf ist zu lesen: &bdquo;Hier werden sie gesund“, auf Latein: &bdquo;Qui si sana“. Das ist so etwas wie der Leitspruch des ehemals königlich-preußischen Staatsbades. Das Gerüst wiegt allein 28 Tonnen. Das ist eigentlich zu viel für die Statik des Badeshauses. Die Kappendecke im Keller des Hauses hat Architektin Ziese deshalb mit Baustützen und Stahlträgern stabilisieren lassen. &bdquo;Glücklicherweise ist das alles sehr symmetrisch“, sagt sie. Die Standorte für die Fußplatten des Gerüsts konnten genau eingemessen werden. Alles das hat aber auch seinen Preis. Meyhöfer rechnet mit einer Rechnung in Höhe von rund 105.000 Euro. In wenigen Tagen wollen die Handwerker mit den acht Fenstern und der Sanierung der Fassade fertig sein. Dann kann auch erst die defekte Lichterkette über der Kuppel für den Weihnachtsmarkt im Kurpark erneuert werden. Apropos Lichterketten: Die Schäden der falsch befestigten Weihnachtsbeleuchtung am Theater im Park sind erst im vergangenen Sommer beseitigt worden. Die Tropfkante war gequetscht worden. Und 2025 geht’s an die energetische Sanierung? &bdquo;Nein“, sagt Meyhöfer. Priorität habe zunächst der &bdquo;reine Unterhalt“ der denkmalgeschützten Bauten. Nächstes Jahr will der Staatsbad-Betriebsleiter das Dach des großen Kurhauses sanieren. Dann geht’s aufs Kaiserpalais.

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