„Da wird mir angst und bange“: Angst vor Problem-Viertel in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Die Pläne der Stadtverwaltung für ein neues Übergangswohnheim für ausländische Flüchtlinge, Obdachlose und Spätaussiedler stoßen im Stadtrat auf Skepsis. Die Verwaltung plant, mehrere Wohnungen der Stadttochter Städtische Gesellschaft für Wohnen (SGW) in der Albert-Rusch-Siedlung drei Jahre lang anzumieten. Damit sollen menschenwürdige Unterkünfte geschaffen - und gleichzeitig vermieden werden, dass erneut Turnhallen oder das Bürgerhaus Rehme zu Notunterkünften werden. Allerdings wohnen im Albert-Rusch-Viertel bereits zahlreiche Menschen mit Migrationsvordergrund. Der Stadtrat vertagte überraschend auf Antrag der Grünen seine Entscheidung. Mehr Infos: Stadt Bad Oeynhausen mietet Flüchtlingsunterkünfte bei ihrer Tochter Die neuen Unterkünfte sollten eigentlich zum 1. Oktober bezogen werden. Das geht aus der Sitzungsvorlage des Stadtrates hervor. Der Tagesordnungspunkt versteckte sich hinter einer &bdquo;Satzungsänderung“. Diese Änderung ist nötig, damit die Stadt die Wohnungen abrechnen kann. In der Bürgerfragestunde zur Ratssitzung am Mittwochabend im Bürgerhaus Rehme meldete sich jedoch ein Anwohner des Viertels und stellte Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) eine Frage, die später zu erheblichem Diskussionsbedarf führte. Geschäftsmodell bezahlbarer Wohnraum mit sicherer Miete Heinz Wondratschek, nach eigener Auskunft zeit seines Lebens Südstadtbewohner, erzählte von seinen Eindrücken und den Veränderungen in der Nachbarschaft des Rusch-Viertels. Die Albert-Rusch-Siedlung ist in der Nachkriegszeit als sozialer Wohnungsbau errichtet worden. Die damalige Städtische gemeinnützige Heimstättengesellschaft (SGH), die sich inzwischen zur SGW umbenannt hat, sorgte in der Südstadt rasch für bezahlbaren Wohnraum. Inzwischen hat das Viertel erheblichen Sanierungsbedarf. Die Politik diskutiert längst über Abriss und Neubau. In der Zwischenzeit aber sollen die Wohnungen immer noch Lücken im Wohnungsmarkt stopfen helfen. Bezahlbarer Wohnraum ist inzwischen aber offenbar auch zu einem Geschäftsmodell privater Investoren geworden. Diese Investoren geben den günstigen Wohnraum an Mieter weiter, von denen sie wissen, dass die Mieten ziemlich sicher bezahlt werden, weil die öffentliche Hand dafür einspringt. In der Nachbarschaft des Rusch-Viertels sind nach den Beobachtungen von Wondratschek jedenfalls in der letzten Zeit mehrere private Mietwohnungen angeboten worden, in die vor allem Migranten eingezogen sind. Bad Oeynhausen muss noch 35 Flüchtlinge aufnehmen Die zunehmende Zahl von Geflüchteten in diesem Südstadt-Viertel wird nach Wondratscheks Eindruck zunehmend zum Problem: &bdquo;Das wird ein Viertel, da wird mir angst und bange.“ Vom Bürgermeister wollte Wondratschek aber wissen, ob der Verwaltung eigentlich bekannt sei, dass in mittelbarer Nachbarschaft der Rusch-Siedlung ein privater Investor bereits mehrere Häuser aufgekauft hat, um dort bevorzugt Flüchtlingen günstigen Wohnraum anzubieten. Bürgermeister Bökenkröger antwortete mit einer allgemeinen Auskunft: &bdquo;Die Sozialstruktur ist vielen bekannt.“ Es sei eine Frage der Politik, wie man dem begegne. Wondratschek wollte aber Antwort auf seine konkrete Frage und Bökenkröger verwies auf seinen Beigeordneten für Bürgerdienste, Stefan Tödtmann. Der Beigeordnete schüttelte den Kopf. Nein, das sei der Stadt nicht bekannt. Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge werde zudem vom Kreis bezahlt. Die Stadt bekomme diese Daten nicht. Bökenkröger versicherte: &bdquo;Wir gehen dem nach.“ Das taten dann aber zunächst einmal die Kommunalpolitiker im Stadtrat. Zuvor erläuterte Tödtmann noch einmal die Gründe für die Einrichtung der neuen Unterkünfte. &bdquo;Das ist kein Ausbau, sondern eine Entlastung“, sagte Tödtmann. Die Verwaltung wolle ihre Unterkünfte in der Britensiedlung und an der Mindener Straße renovieren. Außerdem könnten womöglich &bdquo;deutlich mehr Zuweisungen“ durch das Land erfolgen. Man wolle gewappnet sein. Bad Oeynhausen müsste dieses Jahr laut Flüchtlingsaufnahmegesetz aktuell noch 35 Flüchtlinge aufnehmen. In die Unterkünfte sollen Familien einziehen Wie viele Wohnungen genau in der Albert-Rusch-Siedung eingerichtet werden und wie viele Flüchtlinge dort einziehen, ist bislang unklar. Offen ist auch, wie viel Geld die Stadt eigentlich ihrer Tochter SGW für die neuen Flüchtlingsunterkünfte überweist. Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich konnte das am Donnerstag auf Anfrage der NW nicht beantworten. In der Ratssitzung zog Grünen-Fraktionschef Brand seine Schlüsse aus den Plänen des Beigeordneten: Er habe den Eindruck, dass die Verwaltung gar nicht genau weiß, was zu tun sei und welche Auswirkungen das habe. Tödtmann versicherte, dass die Betreuung der Unterkünfte durch Sozialarbeiter gewährleistet sei. Man werde ausschließlich Familien unterbringen, keine alleinreisenden jungen Männer. Doch Brand war nicht überzeugt. Er schlug vor, die Entscheidung zu vertagen, bis der Beigeordnete fehlende Informationen habe. Bürgermeister Bökenkröger verteidigte seinen Beigeordneten noch: &bdquo;Die Leistungen werden über den Kreis abgerechnet - woher sollen wir das wissen?“ Doch auch seine eigene CDU-Fraktion nannte die Informationen &bdquo;schwammig“. Mit den Stimmen der überwältigenden Ratsmehrheit wurde die Entscheidung über die &bdquo;Satzungsänderung“ vertagt. Die SPD-Fraktion enthielt sich.

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