Werre-Umbau in Bad Oeynhausen: Wie es nach dem ersten Bauabschnitt weitergeht

Bad Oeynhausen. Die Werre hat eine ganze Reihe neuer Inseln bekommen. Der Fluss, der dank ergiebiger Regenfälle mit stattlicher Strömung gen Weser fließt, umspült unterhalb des Sielwehres mindestens ein halbes Dutzend kleiner Eilande, die es so vor einem Jahr noch nicht gab. Auch nicht die von einer Weide bewachsene Insel, die nun mitten im Fluss liegt. "Das", sagt Eckhard Nolting, "war früher das Nordufer der Werre." Im Herbst 2022 kamen die Bagger und machten der Werre hier das Bett neu. 15.000 Kubikmeter Boden wurden auf dem gerade mal 400 Meter langen Flussabschnitt ausgehoben. Zwei Drittel des Bodens wurden abgefahren, rund 5.000 Kubikmeter wurden vor Ort wieder eingebaut. Mit dieser Erde wurde das Flussbett aufgefüllt. Mit dem Ergebnis, dass die Werre hier deutlich flacher geworden ist, als sie vorher war, dafür aber mit 50 Metern in etwa doppelt so breit. Der Sielpark wird Überschwemmungsgebiet Davon versprechen sich die Planer vielfältige Vorteile: Zum einen habe der Fluss in dem viel breiteren Bett bei Starkregen und Hochwasser erheblich mehr Spielraum, um sich auszudehnen, wie Eckhard Nolting, Biologe und Projektleiter für den Werreumbau bei der Stadt Bad Oeynhausen, beschreibt. Dass das Flussbett nun flacher sei, werde dadurch mehr als ausgeglichen, sagt Nolting. Der beim Thema Hochwasserschutz auf eine tiefgreifende Änderung hinweist, die auf den Sielpark zukommt. "Der Deich zum Park südlich der Werre soll stellenweise, auf etwa 75 Metern Länge, abgesenkt werden", erklärt Nolting. Damit soll bei starkem Hochwasser, wie es im statistischen Mittel alle 20 Jahre auftritt, das Wasser auch Teile des Parks - inklusive Ententeich - überfluten. "Das ist Teil des Planfeststellungsverfahrens zum großen Werreumbau", sagt Nolting. Doch zurück zum ersten, bereits umgesetzten Abschnitt des Flussumbaus, für den kein formelles Planverfahren notwendig war. "Weil hier der Flusspegel nicht abgesenkt wurde", wie Nolting erklärt. In dem breiten Bett fließt die gut gefüllte Werre derzeit mit rund einem Meter pro Sekunde flott dahin. "Diese Dynamik ist sehr gewollt", erläutert der Biologe. Dadurch werden Sand und Kies stetig umgeschichtet, es bilden sich Sandbänke und Abbruchkanten, kleine Steilufer. Davon profitieren die Menschen, die den Fluss hier nun viel besser erreichen können. Vor allem aber sollen auch Pflanzen und Tiere Vorteile von dem Umbau haben. "Das ist genau das, was wir gewollt haben" Zum Beispiel Steinbeißer und Groppe, zwei seltene Fischarten, die schon in der Werre vorkommen und auf sehr gute Wasserqualität angewiesen sind, sollen diese Bereiche zu schätzen wissen. Aber auch Wasseramsel, Eisvogel und Uferschwalbe sollen hier bessere Nistmöglichkeiten finden. "Die Barben laichen in den flachen Uferzonen, Insekten und Krebstiere profitieren vom Totholz im und am Fluss", schildert Nolting die Vorteile. Mit dem, was bislang schon an Veränderungen in dem kurzen Werre-Abschnitt zu erkennen ist, ist der Biologe sehr zufrieden. "Das ist genau das, was wir gewollt haben." 580.000 Euro hat dieser vorgezogene Abschnitt des Flussumbaus gekostet, davon bekam die Stadt 460.000 Euro aus Fördermitteln erstattet. Dass diese ersten 400 Meter Werreufer schon vorab umgebaut werden konnten, ist für Nolting ein Glücksfall. "Das ist auch ein Experimentierfeld für uns, um zu sehen: Wie entwickelt sich der Fluss? Und wie schnell?" Die Erkenntnisse sollen einfließen in das große Gesamtprojekt Werre-Umbau. Denn der Fluss soll auf insgesamt fünf Kilometern Länge, vom Sielwehr nach Westen bis tief hinein nach Löhne, etwa bis zum Gymnasium, naturnah gestaltet werden. Das Planfeststellungsverfahren ist abgeschlossen Das Großprojekt ist unterteilt in zwei Bauabschnitte. Der erste Abschnitt reicht vom Sielwehr bis zum Werre-Knie, kurz vor der Brückenstraße auf Löhner Gebiet. Auf 1,7 Kilometern Länge sollen 100.000 Kubikmeter Boden bewegt werden, um auch hier das Flussbett breiter und flacher zu machen. "Das Planfeststellungsverfahren für diesen ersten Bauabschnitt ist abgeschlossen", berichtet Nolting. Beim Erörterungstermin im Juni seien keine gravierenden Einwände gegen das Projekt erhoben worden. "Wir erwarten nun Anfang Oktober den Planfeststellungsbeschluss", sagt Nolting. Genehmigungsbehörde ist der Kreis Minden-Lübbecke. Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, habe die Stadt Bad Oeynhausen bereits die Ingenieurleistungen für die genaue Planung des Umbaus ausgeschrieben. Anfang des nächsten Jahres sollen dann die Bäume und Sträucher, die dem Flussumbau auf diesem Abschnitt im Wege stehen, gefällt werden. Und frühestens im Sommer 2024 könnte dann der Umbau beginnen. An 35 Stellen hat die Stadt bereits den Boden mit Probebohrungen untersuchen lassen. "Nach den Ergebnissen gehen wir davon aus, dass 90 Prozent des Bodens unbelastet sind", sagt Nolting. Stärker belasteter Boden müsste in besonderen Deponien eingelagert werden, was teuer ist. Obwohl Nolting hier nicht mit größeren Mengen rechnet, die deponiert werden müssen, geht er von mindestens 10 Millionen Euro Kosten für den ersten Bauabschnitt aus. Auch hier erwartet die Stadt einen erheblichen Anteil an Fördermitteln vom Land. Noch zwei Jahre Schonzeit fürs Sielwehr Wie der Projektleiter erklärt, soll der Flussumbau am Werre-Knie beginnen und dann flussabwärts weitergeführt werden, bis zum Sielwehr. Das aber werde erst in der letzten Etappe dieses Bauabschnitts abgerissen, also frühestens Ende 2025, so Nolting. Statt der Stauanlage wird hier eine "raue Gleite", eine Aufschüttung mit großen Natursteinen, errichtet. Der Werrepegel wird dadurch um 80 Zentimeter abgesenkt und der Fluss soll deutlich flotter fließen - so wie jetzt schon in dem umgebauten Teilstück bis zur Einmündung des Kaarbachs. Insgesamt rechnet Nolting mit zwei Jahren Bauzeit. Und dann folgt noch der 3,3 Kilometer lange zweite Bauabschnitt, der ausschließlich auf dem Gebiet der Stadt Löhne liegt.

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