So würden Bad Oeynhausener Modellbahner die ICE-Trasse bauen

Bad Oeynhausen/Löhne. Zugegeben: Es ist eine etwas schräge Idee. Aber sind nicht Modelleisenbahner quasi täglich mit Streckenplänen, Neu- und Ausbauten beschäftigt? Wie also beurteilen die Mitglieder des Modelleisenbahnclubs Bad Oeynhausen-Löhne die Pläne der Bahn für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Bielefeld und Hannover? Anlass für einen Ortstermin im Vereinshaus an der Steinstraße in Löhne. Dass sich die Modellbahner auch für die Pläne der großen Bahn interessieren, macht der Vereinsvorsitzende Jürgen Miethke gleich zum Start des Gesprächs klar. Er hält einen dicken Stapel Zeitungsausschnitte hoch, die sich allesamt mit der ICE-Strecke befassen. Mit einer Variante räumen die Modellbahner sofort auf: Die Bestandsstrecke so auszubauen, dass auf ihr Tempo 300 gefahren werden kann - das werde nicht gehen. Die Kurven wären zu eng für dieses Tempo. Die Gleise müssten weiteren Abstand voneinander haben, die Trasse würde breiter, und das in oft dicht bebauter Umgebung, so hat das auch die Bahn selbst in einem erschreckender Szenario durchgespielt. Und dann die Bahnhöfe: "Wenn da ein ICE mit Tempo 300 durchrauscht - das haut mich doch vom Bahnsteig. Das geht nicht", ist sich Manfred Reinelt sicher. Die Bestandsstrecke für Tempo 200 auszulegen, das wäre ein deutlich geringerer Aufwand. "Was würde das eigentlich für einen zeitlichen Unterschied auf der Strecke zwischen Bielefeld und Bad Oeynhausen ausmachen?", fragt Eckard Hinz. Und ist sich sicher: "Das wäre doch minimal." "Wir bauen erst die Strecke und dann die Welt drumrum" Mit einer neuen ICE-Strecke durch die Porta als natürliche Öffnung im Wiehengebirge zu gehen, das erschiene Peter Plagens schon als sinnvollste Lösung. "Alles andere wäre ja ein unglaublicher Aufwand, mit großen Tunneln", weiß er. Und weiter? Die Modellbahner blicken auf die Karte und sehen den Bogen, den die Bahnstrecke gen Minden macht. "Den Schlenker würde ich abschneiden", sagt Miethke entschieden. Das würde die Strecke verkürzen und dem schnellen Zug die engen Kurven ersparen. Und dann geradeaus weiter durchs Wesergebirge." Plagens sieht das anders. "Ich würde Minden nicht abhängen", rät er. Herausforderungen, die die Modellbahner bei ihren Planungen zugegebenermaßen nicht haben. "Wir machen das ja umgekehrt: Wir bauen erst die Strecke und schaffen dann die Welt drumrum", beschreibt Plagens. Zu sehen ist das im Obergeschoss des Vereinshauses, wo gerade eine große H0-Anlage neu entsteht. Und an der man sehen kann, dass die Modellbauer durchaus ein bisschen Rücksicht auf die Wirklichkeit nehmen. "Dort, wo die Kurve ist, kommt ein Berg hin", erläutert Miethke. Und zwar nicht irgendein Berg, sondern der Wittekindsberg von der Porta mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal oben drauf. Die Modellbahner bauen es im Maßstab 1:100 nach Originalzeichnungen, die ihnen der Landschaftsverband zur Verfügung gestellt hat. Ließe man den Modellbauern völlig freie Hand bei der Planung einer Neubaustrecke, dann würde Peter Plagens dazu einfach ein Lineal in die Hand nehmen und eine gerade Linie, die natürlich kürzeste Verbindung, zwischen Bielefeld und Hannover ziehen. "Da könnte man dann auch wirklich schnell fahren", argumentiert er. Ja, das brauchte sicherlich jede Menge Tunnel und Brücken. Aber das wäre doch wohl ein Traum für Modellbahner, oder? Die nicken. Und schränken ein: "Auf unseren Anlagen bauen wir immer auch Kurven ein. Das wäre sonst zu langweilig", sagt Roland Westerheide. Machbar wäre so eine ICE-Strecke quer durchs Land, unabhängig von der Topografie. "Aber was kostet das?", fragt Plagens. "Die Bahn fährt voll auf Verschleiß" Die Bahn hat für eine komplette Neubaustrecke zuletzt von 8,4 Milliarden Euro gesprochen. Ist solch eine Summe - bei der es ja nach aller Erfahrung kaum bleiben würde - gerechtfertigt, um statt in 48 Minuten künftig in 31 Minuten von Bielefeld nach Hannover zu gelangen? Die Antwort der Modellbahner lautet eindeutig: nein. "Das alles für 17 Minuten weniger? Na toll!", lästert Eckard Hinze. Die Modellbahner sind sich einig, dass ganz andere Dinge wichtig wären, um die Bahn attraktiver zu machen. Peter Pagens kann dazu auf reichlich Erfahrungen mit der "großen" Bahn zurückgreifen. "Ich bin 15 Jahre lang von Bad Oeynhausen nach Berlin gependelt", berichtet er. 1.300 Mal sei er die Strecke wohl gefahren, mindestens. "Das größte Problem ist: Die Bahn fährt voll auf Verschleiß." Das ist eine Erfahrung, die auch die Modellbahner machen: Lokomotiven, Wagen, Schienen und Elektrik müssen funktionieren. Wie es aussieht, wenn das nicht gewährleistet ist, schildert Pagens an einem Beispiel: "Wenn ein Intercity nicht mit den üblichen neun, sondern nur mit fünf Waggons unterwegs ist, da stehen die Leute im Zug." Die entscheidende Frage sei dann nicht, ob ein Zug mit 100, 200 oder 300 Stundenkilometern fahre. Und dann die Pünktlichkeit. "Was nützt denn die Hochgeschwindigkeit, wenn die Züge 'ne halbe Stunde Verspätung haben oder gar ganz ausfallen?", fragt Eckard Hinz. "Macht erstmal eure Hausaufgaben" Welchen Rat würden die Modelleisenbahner also der Bahn geben? "Lasst die Finger von der Neubaustrecke", fasst Jürgen Miethke das Fazit zusammen: "Macht erstmal eure Hausaufgaben für den Alltag, arbeitet an Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit." Und Dieter Schiermeyer sagt verschmitzt: "Unsere Züge sind pünktlich." Wer sich davon selbst ein Bild machen will, kann das am 18. und 19. März tun. Dann öffnet der Modelleisenbahnclub Bad Oeynhausen - Löhne sein Vereinshaus in der Steinstraße 13a in Löhne mit Anlagen verschiedener Spurbreiten jeweils von 10 bis 17 Uhr zu den ersten Fahrtagen 2023. Weitere Infos zum Verein gibt es unter www.modelleisenbahnclub-badoeynhausen-loehne.de

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