Berghotel Lutternsche Egge ist Flüchtlingsunterkunft in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Schon auf dem Weg zum Kamm des Wiehengebirges weht von einem Balkon die ukrainische Fahne. Die Sympathien mit dem Land im Osten, das von Russland angegriffen wird, sind offenbar groß in der Bevölkerung. Doch, sie fühlten sich hier willkommen, sagt auch Dimitri Smigelsky. Er stammt aus Schytomyr, rund 100 Kilometer entfernt von der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Er hat lange gezögert, sein Land zu verlassen. Doch als die Schule im Ort explodiert sei, habe die Entscheidung festgestanden. Zusammen mit seiner Frau und seinen fünf Kindern machte er sich auf den langen Weg in den Westen.Nun ist er angekommen - im Berghotel Lutternsche Egge. Und voller Dankbarkeit für die Initiative von Elena und Sergej Löwen. Die Eigentümer der Herberge haben kurzerhand ihren Betrieb geschlossen und Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Allein 62 Vertriebene haben bei ihnen Zuflucht gefunden, 219 sind es in ganz Bad Oeynhausen. Dankbar ist aber nicht nur Dimitri Smigelsky, sondern auch Bad Oeynhausens Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU). "Wir als Stadt sind auf solche privaten Initiativen und Unterbringungen angewiesen", gibt er zu. Der knappe Wohnungsmarkt sorge dafür, dass kaum Platz vorhanden sei. "Zumal wir in der vergangenen Woche auch noch Zuweisungen afghanischer Ortskräfte bekommen haben", sagt Bökenkröger, der gleichzeitig an Bund und Land für mehr Unterstützung appelliert. "Viele Kommunen sind bereits an ihren Aufnahmegrenzen angekommen." Auch in Bad Oeynhausen gibt es nicht wirklich Platz für einen großen Flüchtlingszustrom. Das Bürgerhaus Rehme, das noch 2015 als Notunterkunft genutzt wurde, steht derzeit nicht zur Verfügung. "Wir werden Turnhallen oder Gemeindehäuser zu Notunterkünften machen müssen. Denn der Flüchtlingsstrom wird weiter anhalten", betont der Bürgermeister. Derzeit werde von der Stadt geprüft, welche Möglichkeiten es gebe. Auch liefen Gespräche mit der Johanniter Unfall-Hilfe und der Diakonie zwecks Betreuung. Angst vor dem Ungewissen Elena und Sergej Löwen waren persönlich berührt, als sie vom Angriff auf die Ukraine erfuhren. Die beiden gebürtigen Kasachen haben selbst Freunde und Verwandte in der Ukraine und beschlossen spontan, ihr Haus zu schließen und Flüchtlinge nach Bad Oeynhausen zu holen. "Alles belegt", sagt Sergej Löwen, der mittlerweile eine Warteliste führt. "Die Nachfrage ist da", weiß er. Denn immer mehr Städte werden zerbombt, immer mehr Menschen verlieren ihr Zuhause. Es sind überwiegend Frauen und Kinder, die auf dem Berg wohnen, die ihren Mann und Vater zurückgelassen haben. "Da wurden Familien auseinandergerissen. Alle haben Angst. Erst Angst ihr Zuhause zu verlassen, dann Angst vor der Flucht und schließlich die Angst vor dem Ungewissen hier", sagt Löwen. Die meisten seiner Schützlinge seien mit dem Zug über Polen angereist und von Berlin nach Bad Oeynhausen gekommen. "Ich kennt jetzt die Fahrpläne", scherzt Löwen. Dimitri Smigelsky ist einer von denen, die aktiv mit anpacken. Die helfen, weitere Flüchtlinge an den Grenzen abzuholen. Und der selbst mit seiner Großfamilie geflohen ist. Drei Tage habe allein der Grenzübertritt nach Polen gedauert. "Viele scheuen die Flucht mit Kindern - es ist auch nicht leicht mit Kindern", sagt er. Dimitri Smigelsky hat kein Verständnis für Hass zwischen Nationalitäten. "Mein Opa war Russe, meine Oma Polin - wird sind doch alle ein Volk", findet er. "Den Hass, den gibt es nur in der Politik - nicht zwischen den Menschen", ist er überzeugt. "Das ist kein Krieg der Bevölkerung, kein Krieg der Russen." "Der Frieden wird siegen" Wenig haben Dimitri Smigelsky und seine Landsleute in den vergangenen Tagen gesehen. Nur kurz waren sie zur Anmeldung im Bürgerbüro im Rathaus und haben einen Blick auf die Stadt geworfen. "Wunderschön", schwärmt er. "In der Ukraine gibt es nur wenige so schöne Städte. Lwiw zum Beispiel. "Bei uns gibt es meistens Hochhäuser." Ein Leben in Bad Oeynhausen, das stellt sich der Familienvater aus der Nähe von Kiew schön vor: "Hier möchte ich mich nützlich machen - als Dank", sagt er. Und ist überzeugt: "Am Ende wird der Frieden siegen." Auch wenn auf der Lutternschen Egge viele Betten zur Verfügung stehen - so fehlt es doch an vielem. Bisher zahlen Elena und Sergej Löwen ihre Hilfe aus eigener Tasche, opfern ihr Erspartes. Doch auch das ist endlich. Selbst wenn es ab der kommenden Woche für die meisten der Flüchtlinge städtische Hilfeleistungen gibt und Löwens eine Aufwandsentschädigung ausbezahlt bekommen - Spenden sind willkommen."Lebensmittel, Hygieneartikel für Frauen und Kinder, Windeln oder Spielzeug", würden benötigt. "Und Heizöl", ergänzt Dimitri Smigelsky. Denn das ist nahezu aufgebraucht. "Aber es gibt derzeit lange Lieferzeiten - vielleicht könnte uns ja jemand vorziehen", hofft Sergej Löwen, der 2018 das ehemalige Landschulheim gekauft hat. "Damit auch warmes Wasser für die Familien zur Verfügung steht."Spenden und Ehrenamtliche gesucht Die ersten Spenden sind bereits eingetroffen. Kartoffeln hat ein Landwirt vorbeigebracht. Und die Kirchengemeinde Volmerdingsen-Wittekindshof mit Pfarrerin Elsie Joy de la Cruz sowie Pfarrer für Mission und Ökumene, Christian Hohmann, erste Spenden organisiert. "Herr Löwen wird sich außerdem am Sonntag beim Friedensgebet vorstellen und erklären, was benötigt wird", sagt Joy de la Cruz. Gern gesehen sind auf dem Berg zudem Ehrenamtliche, die zum Beispiel mit den Kindern einen Waldspaziergang machen oder einen Ausflug anbieten können. "Wir sind hier transportmäßig sehr eingeschränkt. Man kommt von hier oben nur schlecht weg", erklärt Sergej Löwen. Wenn also jemand einen Bulli für einen Ausflug, zum Beispiel zur Aqua Magica, zur Verfügung stellen könne, sei man dankbar.Doch auch die Stadt hat Bedarf an Ehrenamtlichen: "Es ist für unsere Mitarbeiter nicht leicht, die kyrillischen Pässe der Flüchtlinge sowie ihre Dokumente zu übersetzen", sagt Bürgermeister Lars Bökenkröger. Auch Sprachangebote für die Flüchtlinge würden gebraucht. "Und wir haben viele Kinder, die zur Schule müssen. Auch da braucht es Hilfe."

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