Planungen für ICE-Trasse werden konkreter

Bad Oeynhausen. Die Planungen für die neue ICE-Trasse werden konkreter. Die Deutsche Bahn hat in der vergangenen Woche in einem nicht-öffentlichen Workshop ihren Bewertungsmaßstab vorgestellt, nach dem eine Neubautrasse quer durch OWL oder auf der Bestandsstrecke gebaut werden könnte. Diese Kriterien werden Raumwiderstände genannt. Die Trasse zwischen Bielefeld und Hannover könnte abseits der bestehenden Gleise durch die Bundesländer NRW und Niedersachsen führen. Dort gibt es aber zahlreiche Naturschutzgebiete. An der Bestandsstrecke gibt es dagegen viele Wohngebiete. Wie schützenswert welche Flächen sind, darüber wird hinter den Kulissen gerungen. Die Bahn klassifiziert die Raumwiderstände auf einer Skala von I bis V und weicht dabei mitunter auch vom Urteil der maßgeblichen Behörden ab. Das geht aus einer Zusammenfassung der Raumordnungskriterien hervor, die die Bahnplaner veröffentlicht haben. Wohngebiete und Naturschutzgebiete bekommen die höchste Punktzahl, bieten also den höchsten Raumwiderstand. Anders sieht es dagegen mit Flächen der Denkmalpflege aus. Während die maßgeblichen Behörden diese Flächen in die zweithöchste Schutzstufe einteilen, ordnet die Bahn dieser "Kulturlandschaft" nur Stufe III zu. Künftige Gedenkstätten wie im Jakobsberg bei Porta Westfalica genießen dagegen den höchsten Schutz und werden in die höchste Kategorie V eingestuft, versicherte eine Bahnsprecherin auf Nachfrage der NW. Erste Pläne des Verkehrsministeriums zum Tunnelbau durch den Jakobsberg hatten noch die jahrzehntelange Erinnerungsarbeit in Porta Westfalcia weitgehend ignoriert. Etwa 3.000 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme mussten von März 1944 bis April 1945 unter menschenunwürdigen Bedingungen die alten Bergwerksstollen im Wiehen- und Wesergebirge zu Rüstungsanlagen der deutschen Kriegswirtschaft ausbauen. Die Bahn hat jüngst in ihren Untersuchungen der Bestandsstrecke eine Abkürzung zwischen Bad Oeynhausen und Bückeburg vorgesehen. Auch dafür wäre allerdings ein Tunnel durchs Wesergebirge nötig. Wo genau, ist noch nicht bekannt. Bahn will überbrücken und untertunneln Der Unterschied bei den Einstufungen wird besonders bei den Kaltluftleitbahnen augenfällig. Kaltluftströme entscheiden über das örtliche Klima und den Luftaustausch. Während Planungsbehörden besonders wichtigen und mittelwichtigen Flächen Stufe IV und damit einen hohen Raumwiderstand zuordnen, gehen die Bahnplaner ausweislich der veröffentlichten Tabelle nur von Stufe III aus. Mittelwichtige Kaltluftströme bekommen von der Bahn sogar nur Stufe II. Diese Unterschiede haben bei dem nicht-öffentlichen Workshop dem Vernehmen nach zu Diskussionen geführt. Die Bahn erklärt die Unterschiede auf Nachfrage der NW mit technischen Möglichkeiten, Raumwiderstände zu überwinden: Sie will überbrücken, untertunneln - oder verschieben. Bauwerke können verhindern, dass Kaltluftströme unterbrochen werden. Die meisten Abstufungen der Bahnplaner betreffen allerdings die Bereiche Infrastruktur, Verkehr und Logistik, also menschengemachte Bauwerke, die abgerissen, umgebaut oder neugebaut werden können. Wie teuer das letztlich wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Bahn stuft auch einige Raumwiderstände höher ein als die zuständigen Planungsbehörden. Dabei handelt es sich allerdings um Gebiete, die durch Europarecht geschützt werden wie die "Natura 2000"- und Flora-Fauna-Habitat-Gebiete. "In der Regel folgt die Bahn der Einschätzung, für die sich die Mehrheit der Behörden ausspricht", schreibt eine Bahnsprecherin. Die in Bad Oeynhausen vielbeachteten Heilquellen und die für die Stadt Minden wichtige Trinkwasserbrunnen im Raum Porta Westfalica genießen gleichermaßen den höchsten Schutz. Eine Vorentscheidung, wo die Bahn die Hochgeschwindigkeitsstrecke bauen wird, lässt sich aus den Einstufungen der Raumwiderstände nicht ohne weiteres ablesen. Die Bahn wird letztlich zwei oder mehr Strecken vorschlagen und die Raumwiderstände entlang dieser Strecken auf einer Punkteskala benennen. Die Strecke mit der höheren Punktzahl hätte demnach eine geringere Chance, verwirklicht zu werden. Nächster Termin: 9. November Teilnehmer beschreiben den nicht-öffentlichen Workshop als "sehr harmonisch" und "fachorientiert". Die Bahn hat demnach versprochen, in regionalen Workshops örtliche Raumwiderstände zu erkunden, die bisher keine Beachtung erfahren haben. Die Bürgerinitiative Widuland, die sich für einen Ausbau der Bestandsstrecke stark macht, hat auf der eigenen Internetseite bereits angefangen, zahlreiche Raumwiderstände grafisch zu verdeutlichen. Die nächste öffentliche Veranstaltung des Bahn-Projekts ist am Dienstag, 9. November, von 16 bis 19 Uhr. Die Bahn hat ihre Zwischenergebnisse bisher wegen der Coronakrise nur virtuell mitgeteilt. Teilnehmer können sich über diese Internetseite anmelden.

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