Geschäfte nach Corona-Pause: "Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig"

Bad Oeynhausen. Der Lockdown ist beendet, die Zugangsbeschränkungen zu den Geschäften vorerst Geschichte. Shoppen ist nahezu wieder wie früher möglich - nur eben mit Mund-Nase-Schutz. Doch stehen die Bad Oeynhausener nach Öffnung des Einzelhandels dort Schlange? Oder ist der Start eher verhalten? Die Bilanz in der Innenstadt, dem Werre-Park und der Südstadtmeile fällt unterschiedlich aus. "Schlecht." Frank Vaupel winkt schon gleich bei der ersten Frage ab. Die Kunden bleiben weiterhin aus beim Juwelier in der Südstadt. "Die sind leider nicht sofort wieder losgestürzt", sagt Vaupel. Die Resonanz nach der Wiederöffnung sei verhalten. Da bleibe nur, abzuwarten. "Die Menschen sind coronamüde. Viele wissen gar nicht, wie derzeit das Einkaufen geregelt ist", hat er erfahren. Gründe für viele, lieber gleich zuhause zu bleiben. "Es ist Unsicherheit zu spüren. Manche Kunden stehen in der Ladentür und fragen, ob sie überhaupt reinkommen dürfen, oder ob es dafür noch Einschränkungen gibt." Diskussionen über Maske und Preise Ähnliche Erfahrungen macht derzeit auch Jörg Becker von "Saffia - die Lederecke" in der Klosterstraße. Die Kunden bleiben aus, die wenigen, die kommen, wollen diskutieren. Über das Tragen der Maske oder über Preise. "Ich mache ja schon Angebote - aber mir sind finanziell die Hände gebunden", erklärt er. 50 Prozent Umsatzeinbruch in den vergangenen Monaten müssten erst einmal aufgefangen werden. "Die Resonanz ist sehr verhalten. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig." Nicht nur die Gäste und Kurgäste fehlen als Kunden, auch die Einheimischen bleiben weg. Wenn wenig in die Kasse kommt, bleibt auch nicht viel, um Rechnungen zu bezahlen. "Steuerberater, Putzfirma und Lieferanten waren toll", lobt Jörg Becker. Längere Zahlungsfristen oder Angebote hätten vieles erleichtert. Derzeit hofft er auf Kulanz bei seinem Vermieter: "Ich habe 2020 komplett die Miete durchgezahlt. Aber jetzt die Zahlungen vorerst eingestellt." In der Hoffnung, dass es ein Entgegenkommen gebe. "Ich will ja keinen kompletten Erlass, aber vielleicht einen Kompromiss." Trotz der großen Online-Konkurrenz hat sich die Buchhandlung Scherer auch in Coronazeiten am Markt gehalten. Die Stammkunden, die während der Schließungsphase bestellt und abgeholt haben, stöbern nun wieder direkt in den Regalen. "Es geht wieder Richtung Normalität", bilanziert Inhaberin Anette Gohlke. "Der Laden ist wieder gut gefüllt - das ist manchmal durchaus ungewohnt, so viele Kunden auf einmal zu sehen", sagt sie lachend. Eingekauft wird für Feiern Die Stammkunden sind es auch, die das Modehaus Hagemeyer in diesen schwierigen Zeiten unterstützen und zu Einkäufen vorbeikommen. "Wie viele aber tatsächlich Online abgewandert sind, werden wir erst am Ende des Jahres beurteilen können", weiß Hagemeyer-Geschäftsführerin Daniela Drabert. Was aber feststeht: "Die Öffnung der Gastronomie ohne Test hat viel zur Frequenz in der Stadt und im Geschäft beigetragen", ist sie überzeugt. "Shoppen ist nun mal ein Freizeitvergnügen." Auch käme der Bad Oeynhausener Filiale zugute, dass die Kurstadt eine kleine Stadt sei und somit wenig Angst vor zu großem Andrang herrsche. Die Kunden kommen aber nicht nur zum Gucken, sondern kaufen auch: "Vor allem im Bereich Wäsche und Hosen war ein Nachholbedarf spürbar", hat Daniela Drabert beobachtet. Das allein aber reicht nicht. "Es müssen auch die Events, die Hochzeiten und Geburtstage wiederkommen und bleiben. Denn dafür wird sich schick gemacht. Nicht für die eigene Couch oder den Supermarkt." Zufrieden mit dem Neustart ist auch Torben Schultz, Center-Manager des Werre-Parks: "Es ist nach dem Lockdown sehr, sehr gut angelaufen", bilanziert er. "Der erste Samstag nach der Öffnung ohne Beschränkung war mein schönstes Erlebnis", sagt Schultz lachend. Die Mall voll, aber nicht übervoll, die Gastronomie bestens besucht. "Das war ein Glücksmoment." Je nach Branche gebe es aber auch im Einkaufszentrum Gewinner und Verlierer. "Die Läden waren sieben Monate geschlossen - natürlich haben einige dadurch Kunden an Online verloren", sagt Schultz. Nach dem guten Start gab es aufgrund des Wetters in der vergangenen Woche einen kleinen Einbruch: "Es ist absolut verständlich, dass es die Menschen bei der Hitze nicht zum Einkaufen zieht." Leben mit dem Virus Trotzdem schaut Torben Schultz zuversichtlich in die kommenden Wochen: "Shopping ist für die Menschen die Chance rauszukommen, andere Menschen zu sehen, zu treffen. Viele können die eigenen vier Wände nicht mehr sehen." Zudem stehe die Ferienzeit vor der Tür und der eine oder andere denke durchaus an Urlaub: "Dafür braucht es auch das ein oder andere und das wird gekauft." Für den Center-Manager kann es in den kommenden Monaten so weitergehen. "Wir müssen mit dem Virus leben - und dass das möglich ist, zeigt der derzeitige Umgang", ist er überzeugt. "Der Einzelhandel war und ist kein Inzidenztreiber."

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