Dem Kaarbach wird das Bett gemacht

Bad Oeynhausen. Das Wehr muss weg. Nicht nur die Tage des Sielwehrs in Werste sind gezählt, das voraussichtlich ab 2023 beim Umbau der Werre fallen soll. Auch der kleine Bruder, das Wehr an der alten Schlossmühle in Ovelgönne, soll bald Geschichte sein. Zwar soll die alte, zwei Meter hohe Staumauer stehen bleiben. Doch der Kaarbach wird in einem neuen Bett darum herum geführt. Das erklärte Carsten Vogt, Gewässerfachmann der Stadtverwaltung, dem Umweltausschuss in seinem Zwischenbericht über ein Großprojekt. Denn der Umbau des Kaarbachs läuft schon seit 15 Jahren. "Es ist das größte Bachsystem Bad Oeynhausens mit elf Kilometern Länge", so erklärt Vogt der NW. Mit zahlreichen Zuläufen wird der Kaarbach aus dem Wiehengebirge gespeist und mündet schließlich in die Werre. 2006 begannen die ersten Arbeiten zur Umgestaltung des Baches im Rahmen des "Weser-Werre-Else-Gewässerentwicklungsprojektes" (WWE), an dem die Kreise Herford und Minden-Lübbecke, die Kommunen und die Bezirksregierung beteiligt sind, und das seit der Jahrtausendwende zwei Ziele verfolgt: die naturnahe Umgestaltung der Gewässer und gleichzeitig die Qualifizierung von Langzeit-Arbeitslosen. Seit 2006 war Diplom-Ingenieur Carsten Vogt als Wasserbaufachmann beim WWE beschäftigt, bis er im Mai 2020 zur Stadt Bad Oeynhausen wechselte. Früher sollten die Bäche möglichst gerade und tief sein Er kennt also den Umbau des Kaarbachs seit 2006, hat auch die große Umgestaltung 2011 nördlich des Wasserschlosses bei der WWE geleitet und begleitet nun den nächsten Anschnitt südlich des Schlosses als Mitarbeiter der Stadt. Hier, wie im Prinzip bei allen Projekten des WWE, geht es darum, dem Bach Kurven und Schwünge zu verleihen, Überschwemmungszonen einzurichten und allzu tiefe Einschnitte des Bachbettes zurückzubauen. Dafür muss oft rückgängig gemacht werden, was frühere Bachumbauten geschaffen haben. Denn vor Jahrzehnten sollten die Bachläufe möglichst gerade und tief sein, um bei Hochwasserereignissen möglichst viel Wasser möglichst rasch Richtung Werre zu transportieren. Dort aber kamen ebenso wie später dann in der Weser so gewaltige Wassermengen gleichzeitig an, dass auch die größeren Flüsse sie nicht mehr aufnehmen konnten. Die Wasserbauer dachten um. "Wir geben den Bächen wieder mehr Platz", sagt Vogt. Die Fließstrecken werden durch Kurven - sogenannte Mäander - verlängert, die Bachbetten eher breiter als tief. Und idealerweise können sie bei starkem Regen auch über ihre Ufer treten und sich auf Wiesen oder in Wäldchen ausbreiten. Retentionsräume nennt das der Fachmann, die aber nur dort möglich sind, wo es eben auch Platz dafür gibt. "Die Staustufe ist eine Barriere" Nach diesen Regeln wird derzeit auch der Kaarbach in Eidinghausen umgebaut. Er ist eines von vier aktuellen WWE-Projekten in Bad Oeynhausen neben dem Osterbach, dem Wulferdingsener und dem Volmerdingsener Bach - beide sind mit dem Kaarbach verbunden. Frisch abgeschlossen, so berichtete Vogt dem Ausschuss, ist ein Projekt am Borstenbach. Am Kaarbach südlich des Wasserschlosses Ovelgönne ist die Staustufe der alten Mühlen ein zentraler Punkt des Umbaus. "Die Staustufe ist eine Barriere" erklärte Vogt. Sie verhindert die Durchlässigkeit des Gewässers für Tiere, ist also ökologisch von Nachteil. Die Bachbauer lassen die Staumauer allerdings stehen und leiten den Kaarbach drum herum. Zwei "raue Gleiten" - ein Gewässerabschnitt, auf dem die Sohle mit großen Steinen aufgefüllt wird - sollen den Höhenunterschied ausgleichen. "Dazu kommt der Effekt, dass der Lauf des Kaarbachs in diesem Bereich deutlich länger wird", erläutert Vogt. Statt 120 Meter werde der Bach hier künftig 160 Meter lang sein. Außerdem werden zwischen Eidinghausener Straße und dem Sportplatz dem Bach auch Retentionsräume eingeräumt - also Platz, sich auszudehnen, wenn es stark regnet. Die Entdeckung der Langsamkeit Dies alles führt dazu, dass auch bei Hochwasser der Bach langsamer fließt. Und das hilft auch der Natur: "So werden nicht alle Organismen mit einer großen Flutwelle weggespült", sagt Vogt. Und das Wasser wird dort gehalten, wo es gebraucht wird, wenn es mal länger nicht regnet. Denn schnell fließende begradigte Bäche graben sich mit der Zeit immer tiefer ins Gelände ein. Und sorgen so dafür, dass der Grundwasserspiegel sinkt. Am Wasserschloss fließt der Bach durch städtisches Land. Das macht die Planung leichter. Doch oft sind es auch private Eigentümer, die von dem Sinn des Bachumbaus überzeugt werden müssen. "Die Gespräche dazu sind in den letzten Jahren leichter geworden", berichtet Vogt. "Die Eigentümer sind heute oft offener für die Themen Klimaschutz und Gewässerschutz." Im Sommer soll der aktuelle Bauabschnitt am Kaarbach fertig sein. Zwei weitere Umbau-Projekte im unteren Bachlauf sind noch für 2022 und 2023 geplant. 2024 soll dann der Umbau des Kaarbaches vollbracht sein. Ein Projekt, das dann fast über zwei Jahrzehnte lief.

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