ICE-Trasse: 31 Minuten Fahrtzeit sollen nicht Ziel, sondern Mittel zum Zweck sein

Bad Oeynhausen. Die schnelle Bahn braucht noch Zeit. "Wir stehen noch ganz am Anfang unserer Planungen", versicherte Carsten-Alexander Müller. "Wir haben erst Anfang März mit der Betrachtung der Bestandsstrecke begonnen", erklärte der Leiter des Bahnprojekts Bielefeld-Hannover, der deshalb auf viele Fragen aus dem Bad Oeynhausener Stadtrat nur vage antworten konnte. Müller und sein Kollege Volker Vorwerk waren am Mittwoch zu Gast in der Ratssitzung, um das Projekt einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Bielefeld und Hannover vorzustellen. Vier oder sechs Gleise auf der Bestandsstrecke? Der Bad Oeynhausener Rat hatte sich Anfang des Jahres in einer Resolution darauf festgelegt, einen Ausbau der Bestandsstrecke zu favorisieren und eine komplette Neubautrasse abzulehnen. Wenn denn über die Nutzung der bestehenden Trasse zwischen Bad Oeynhausen und Bielefeld nachgedacht werde, ob dann die bestehenden vier Gleise ausreichen würden oder ob die Bahn in dem Fall zwei zusätzliche Gleise bauen werde, wollte Olaf Winkelmann (SPD) vom Projektleiter wissen. "Wie könnte eine Neubaustrecke oder ein Umbau der Bestandsstrecke hier in Bad Oeynhausen aussehen? Welche Modelle gibt es da?", fragte Winkelmann. Ob bei einer Nutzung der bestehenden Trasse vier oder sechs Gleise zu planen seien, dazu könne er noch nicht Genaues sagen, erklärte Müller. "Wir müssen jetzt erstmal schauen, was dort möglich wäre." Ab September werde man dann auch gezielt Möglichkeiten einer neuen Trasse in den Blick nehmen. Am Ende werde man dann sehen, welches die beste Lösung sei, so Müller. "Das zieht den Hass der Anwohner auf Sie" So ganz mochte Thomas Heilig (UW) die Beteuerungen, das Planverfahren sei offen, nicht glauben. Er habe der Presse entnommen, dass es schon fünf Varianten-Vorschläge gebe. "Alle mit Zahlen und Fakten versehen." Das nähre den Verdacht, dass doch schon klar sei, was gebaut werden solle. "Und das zieht den Hass der Anwohner auf Sie", sagte Heilig. Müller bestätigte, dass es fünf Vorschlags-Varianten gebe. "Das sind Varianten, die das Bundesverkehrsministerium entwickelt hat. Die sind für uns nicht bindend", versicherte der Projektleiter. "Wir werden die möglichen Varianten in ganz anderer Tiefe betrachten, als es der Bund getan hat." In den Projektzielen, die Müller vorstellte, steht auch: "In bis zu 31 statt 48 Minuten von Hannover nach Bielefeld für den Deutschlandtakt." Aus dieser angestrebten Fahrzeitverkürzung hatten Planer abgeleitet, dass die ICE-Züge dann mit Tempo 300 auf der Strecke unterwegs sein müssten. Was wiederum eher einen Neubau als die Nutzung der Bestandsstrecke mit ihren engen Kurven nahelegen würde. "Wie fest ist dieses Ziel der Fahrtzeit von 31 Minuten fixiert?", wollte Christian Fitte (Grüne) wissen. "Nicht die Fahrtzeit ist das Ziel, sondern ein funktionierender Deutschlandtakt. Mit verlässlichen Umsteigezeiten an den Knoten-Bahnhöfen", antwortete Volker Vorwerk. "Bislang sagen die Gutachter: Dafür brauchen wir 31 Minuten. Wenn sich herausstellt, dass auch 34 Minuten reichen, dann planen wir damit." 100 Kriterien sind gegeneinander abzuwägen Henning Bökamp (FDP) verwies auf einen "Ballungsraum mit 320.000 Menschen" und fragte: "Wie soll die Region hier an die neue ICE-Strecke angebunden werden? Welche Haltestellen planen Sie?" Auch hier verwies Müller auf den frühen Planungsstand. "Aber wir wollen auf der hoch überbelasteten Strecke mehr Möglichkeiten für den Fern-, den Nah- und den Güterverkehr bekommen." Zu etwaigen ICE-Haltestellen sagte Müller nichts. Was Ingrid Schley (Grüne) zu der Bemerkung veranlasste: "Ich hatte mir heute etwas konkretere Antworten vorgestellt." Müller und Vorwerk skizzierten noch einmal die Schritte der nächsten 24 Monate. Im Sommer 2021 werde es erste Vorschläge für "Grobkorridiore" geben, im Herbst dann konkretere "Trassenkorridore", die gegebenenfalls durch das Planungsplenum und die Öffentlichkeit zu ergänzen seien. Im Frühjahr 2022 sollen dann Trassen-Alternativen im Planungsdialog abgestimmt werden. Ende 2022 soll dann eine konkrete Antragsvariante vorgestellt werden. Damit werde sich dann der Verkehrsausschuss des Bundestages befassen. Und schließlich werde der Bundesverkehrsminister entscheiden, ob das formelle Genehmigungsverfahren über ein Planfeststellungsverfahren oder über das neue Maßnahmengesetz, also direkt über einen Beschluss im Bundestag, erfolgen solle. Wann es soweit sei, dazu sagten die Bahn-Planer nichts. Rund 100 Kriterien wie Umweltbelastung und Naturschutz, Lärm oder die Wirtschaftlichkeit seien in dem Planungsprozess zu bewerten und gegeneinander abzuwägen, sagte Vorwerk. An dem Planungsplenum seien 43 Vertreter von Verbänden und zehn Bürgerinitiativen, Abgeordnete aus Bund und Land, Landräte und Bürgermeister beteiligt. "Es ist noch ein langer Weg, den wir da zusammen gehen müssen", sagte Müller.

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