Volmerdingsener Bach wird umgeleitet

Bad Oeynhausen. "Wasser marsch", ruft Vorarbeiter Juri Kremser seinem Team zu. Vasin Nikolaj, Sleman Ali Kassem, Yakub Jan und Alexander Arndt vom Bad Oeynhausener Team des Werre-Weser-Else-Projekts lösen mit ihren Schaufeln das kleine Erdwehr. Und der Volmerdingsener Bach nimmt an der Weinstraße, nachdem er durch einen neuen Betondurchlass die Straße "Röhn" passiert hat, einen neuen Verlauf. Wegen der nun schon wieder seit mehr als zwei Monate anhaltenden Trockenheit, gleicht die Wasserwelle aber eher einem Rinnsaal. Nur langsam füllt sich das neue Bachbett. Der Volmerdingsener Bach schlängelt sich an dieser Stelle nun westlich am Mühlenteich entlang. Und er hat so nun deutlich mehr Platz, um sich bei starkem Regen weiter auszudehnen. Durch den schlängelnden Verlauf ist der Weg, den das Wasser nehmen muss, auch länger geworden. Auch in die Breite kann sich der Bach bei großen Niederschlagsmengen besser ausdehnen. Der alte Verlauf des Bachs war stark eingeengt Südlich des Teichs mündet die Umführung wieder in den alten Verlauf des Volmerdingsener Bachs. Diese Bachverlegung ist Teil der Renaturierung des Volmerdingsener Bachs entlang der Weinstraße. "Hier wird auf einer Länge von 600 Metern der Bachlauf verbreitert und zum Teil auch offen gelegt", erklärte der städtische Gewässerexperte Eckhard Nolting. Südlich der Straße "Röhn" nimmt der Bach nun einen anderen Verlauf. Und er speist den Mühlteich nur noch, wenn er viel Wasser führt. "Der alte Verlauf auf der östlichen Seite des Mühlenteichs war tief und stark eingeengt", sagt Carsten Vogt. Der studierte Landschaftsarchitekt und Experte für natürlichen Hochwasserschutz ist seit 1. Mai bei der Stadt Bad Oeynhausen nun neben Eckhard Nolting für den Gewässerschutz zuständig. Die vergangenen 16 Jahre hat Vogt als Projektkoordinator beim Weser-Werre-Else-Projekt gearbeitet. Und hat in dieser Funktion viele Gewässer-Renaturierungsmaßnahmen in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford betreut. Viele davon in Bad Oeynhausen. In Sachen Gewässerrenaturierung führend in OWL Seit 2002 wurden allein in Bad Oeynhausen etwa 250 Baumaßnahmen an Gewässern vorgenommen. Seit Beginn des WWE-Projekts sind knapp 50 Prozent des Gewässernetzes in Bad Oeynhausen renaturiert worden. Verglichen mit anderen Kommunen sei die Stadt bei der Gewässerrenaturierung schon sehr weit, "wahrscheinlich sind wir sogar führend in Ostwestfalen-Lippe", fügt Gewässerexperte Eckhard Nolting hinzu. Das System der Bäche in Bad Oeynhausen ist mehr als 130 Kilometer lang. Durch die vielen Renaturierungen hat es in den vergangenen Jahren an Länge etwas zugelegt. "Das Größte ist das Kaarbachsystem im Norden mit etwa 80 Kilometern Länge", fügt Gewässerexperte Eckhard Nolting hinzu. Und zu diesem System gehören neben dem Kaarbach, der Volmerdingsener Bach, der Wulferdingsener Bach und der Wulferdingsener Mühlenbach - mit sämtlichen Nebenarmen. Der Kaarbach mündet letztlich in der Werre. Bedeutung für das Stadtklima wird immer größer Zu Beginn des Projekts 2001 stand der Hochwasserschutz im Vordergrund. Allen Bad Oeynhausenern waren die Auswirkungen des Pfingsthochwassers von 1997 noch sehr präsent. Damals hatten beispielsweise die Wassermassen des Borstenbachs einen Teil der Weserstraße weggerissen, zahllose Keller wurden überflutet. "Mittlerweile nimmt die Bedeutung der Bäche für das Kleinklima in der Stadt immer mehr zu“, sagt Nolting. Denn die Bäche legen sich mit ihren Grünzonen wie Finger über die Landschaft, und die Wasserläufe sorgen in den immer häufiger werdenden Trocken- und Hitzeperioden für eine bessere Durchlüftung der Stadt. Damit die Bachsysteme diese Funktion erfüllen können, brauchen sie mehr Platz. Und damit bieten sie Tieren und Pflanzen mehr Lebensraum und dienen somit dem Artenschutz. "Wichtig ist, dass das Wasser länger im Bachbett bleibt", sagt Carsten Vogt. Und der Gewässerexperte erklärt, warum die tiefen Sieke, die Kennzeichen des Ravensberger Hügellandschaft gar nicht so günstig für die Landschaft sind. "Die tiefen Sieke sind nur halb-natürlich", sagt Vogt. Die von Alters her die Landschaft prägengenden Kerb- oder Muldenkerbtäler seien im 16. und 17. Jahrhundert durch den Menschen verändert worden. Die Bachsohlen wurden begradigt, tiefer gelegt und kastenförmig ausgebuddelt. "So konnte schneller mehr Wasser gen Tal rauschen. Früher gab es einfach viel mehr Regen", erklärt Nolting. Grüne Finger sind wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen Als Beispiel nennt Carsten Vogt den östlichen Arm des Volmerdingsener Bachs zwischen der Öringsener Straße und der Straße "Spielenbusch". Ein Teil des Verlaufs wurde bereits renaturiert, eine Furt wurde angelegt, so dass die schottischen Highland-Rinder, die dort grasen, die Weiden wechseln können. Im Weiteren ist noch der alte tiefe und schnurgerade Bachverlauf zu erkennen. "Der Bach ist hier zum Teil 1,80 Meter tief", sagt Vogt. Und das führe dazu, dass das Wasser der benachbarten Feuchtwiese sich bis zur Bachsohle zurückzieht. Auch für die angrenzenden Ackerflächen hätte das Konsequenzen. "Bliebe das so, verschwindet die Feuchtwiese und damit ein Lebensraum für Pflanzen und Insekten", so Vogt. Also bekommt der Bach auch hier ein breiteres und schattiges Bett.

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