
Oerlinghausen. Wenn der Entwurf für die Wohn- und Pflegeeinrichtung in Lipperreihe so umgesetzt wird wie momentan geplant, leben Margarete und Manfred Schmitz und ihre direkten Nachbarn bald vor einem Klotz. 64 Meter lang und 11,50 Meter vom Boden bis zum Flachdach, haben sie ausgerechnet. Mit Solarmodulen können noch bis zu zwei Meter Höhe hinzukommen. Der Neubau wäre damit bis zu vier Meter höher als ihr eigenes Haus. Die Anwohner schlagen eine Alternative vor - und kritisieren einen weiteren Punkt. Der Investor reagiert auf die Kritik.
Wie berichtet soll auf dem Gelände zwischen Pollmannsweg und Schulstraße auf 7.000 Quadratmeter Fläche eine Wohn- und Pflegeeinrichtung gebaut werden, in der stationäre Heimpflege und betreutes Wohnen angeboten wird. Angrenzend zur Grundschule ist eine lockere Bebauung vorgesehen, im Westen ein vierseitiger, geschlossener Gebäudekomplex. Von dem Haus der Familie Schmitz wird er nur durch den Pollmannsweg getrennt werden. Noch erstreckt sich auf dem überplanten Gelände eine Wiese, die von Fußgängern als Abkürzung zum Kindergarten, zur Grundschule und zum Sportplatz genutzt wird. Hohes Gras, Blumen, Insekten. Dass das nicht so bleiben werde, war dem Ehepaar von Beginn an klar.
Vor etwa zehn Jahren sind sie in die Doppelhaushälfte am Pollmannsweg gezogen. "Dass die Fläche irgendwann bebaut wird, wussten wir", sagt Manfred Schmitz. Aber er hatte mit normalen Wohnhäusern gerechnet, die sich in die Siedlung fügen. Häuser mit Garten, die in etwa so hoch sind wie die umliegenden Häuser, also bis zu 9,50 Meter - wie sein Haus. Stattdessen soll dem Ehepaar nun der "Klotz" in 18 Meter Entfernung vorgesetzt werden.
Verschiedene Meinungen zur tatsächlichen Höhe
Zwei Geschosse mit einer Gesamthöhe von maximal 9,50 Meter sind laut Antrag erlaubt. Das entspricht etwa der Höhe der umliegenden Häuser. Das Haus der Familie Schmitz ist 9,30 Meter hoch. Allerdings liegt der Pollmansweg auf 145 Meter über Normalnull. Der untere Bezugspunkt für das geplante Wohnheim ist wegen der Geländeneigung auf 147 Meter festgesetzt. Das macht schon zwei Meter Höhenunterschied. Erlaubt sind auf dem Flachdach Solaranlagen bis maximal zwei Meter. So kommt Manfred Schmitz auf die fast vier Meter Differenz.
Im Bauausschuss hat Marc Plaßmann, der Technische Leiter des Bauamtes, den Lokalpolitikern den Entwurf des Investors "Portarion" aus Herford vorgestellt. Er sagte später im Gespräch mit der Neuen Westfälischen, dass der Geländeverlauf einen Höhenunterschied bewirken kann, hält vier Meter aber für zu hoch gegriffen. Portarion-Geschäftsführer Thomas Henke bekräftigt auf Nachfrage der Neuen Westfälischen, dass die Vorgaben des Bauamtes eingehalten werden. Der ausführende Architekt vom Büro Drees & Huesmann räumte in der Sitzung aber ein, dass der beschriebene Höhenversatz eintreten könnte.
Bereits in früheren Fachausschusssitzungen hatte es Kontroversen über den Verkauf der benötigten Grundstücke und eine öffentliche Ausschreibung gegeben. Mehrheitlich hatte sich der Rat für die sogenannte große Lösung mit einem Investor entschieden. Einstimmig wurde jetzt der Entwurf genehmigt, bei Enthaltungen der CDU. Und der beinhaltet zwei Punkte, die die Politik offenbar nicht bedacht hat, sagt Manfred Schmitz, der selbst als Gast an der Sitzung teilgenommen hat.
Weil die vorgestellten Entwurfsplanungen seiner Meinung nach einen harmlosen und stark beschönigenden Eindruck erwecken, hat der Maschinenbauingenieur mit weiteren Nachbarn eigene Entwürfe erstellt und den Fraktionsvorsitzenden bereits zugeschickt.
Momentan gibt es zu viele Plätze in der stationären Pflege
Die Anwohner sind nicht grundsätzlich gegen den Bau, sie schlagen deshalb vor, die Planung sozusagen zu spiegeln, mit der lockeren Bebauung am Pollmansweg und dem Gebäudekomplex an der Grundschule. "Da fühlt sich niemand gestört", sagt Manfred Schmitz. Der Investor will sich diese Planung ansehen.
Die Anwohner fragen sich zudem, ob wirklich 80 stationäre Pflegeplätze benötigt werden. Sie halten diese Anzahl für zu hoch kalkuliert. Der Kreis Lippe bestätigt, dass die aktuelle Pflegebedarfsplanung kreisweit einen Überschuss an freien Plätzen in der stationären Pflege sieht. In Oerlinghausen gibt es elf freie Plätze. "Bedarfe werden unterschiedlich gesehen", sagt Investor Thomas Henke und verweist auf die älter werdende Gesellschaft. Bis 2040 werden Pflegeplätze fehlen, ergänzt er. Er stehe dazu in Kontakt mit dem Kreis Lippe. Der teilt auf Anfrage mit, dass der Investor noch keine offizielle Anfrage gestellt habe. Erst dann würde der Kreis das Projekt prüfen. Die Bürger haben ebenfalls noch Gelegenheit, sich zu diesem Bauvorhaben zu äußern.