Neubau mit 21 Wohnungen im Kreis Gütersloh geplant – Anwohner wehren sich gegen Pläne

Verl. Hier lässt es sich gut leben. Viel Grün lockert die Wohnbebauung am Verler Hermannsweg auf, es geht ruhig zu, der Verkehrslärm vom Westring wird durch einen Erdwall geschluckt. Schmucke villenartige Einfamilienhäuser wechseln sich mit Mehrparteienhäusern mit vier, sechs oder sogar acht Wohnungen ab. Sie alle fügen sich stimmig in das Wohngebiet und dessen Charakter ein. Passt hier ein großes Wohngebäude mit stolzen 21 Wohneinheiten hin? Aus Sicht der Verwaltung ist das &bdquo;Vorhaben aus städtebaulicher Sicht insgesamt als verträglich einzustufen“. Die Politik zögert und meldet Beratungsbedarf an, unter den Anwohnern formiert sich Widerstand. Verl gilt als &bdquo;Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt“, sodass in diesem Fall Paragraf 31, Absatz 3 des Baugesetzbuches (BauGB) greifen könnte. Der sieht vor, dass in Einzelfällen und unter bestimmten Voraussetzungen Befreiungen von den Vorgaben eines Bebauungsplanes erteilt werden können. Tiefgarage und oberirdische Besucherparkplätze sind geplant Kommunen können so leichter Planungen genehmigen, die nicht in allen Punkten dem B-Plan entsprechen – so wie in diesem Fall. &bdquo;Grundsätzlich ist auf diesem Grundstück vieles möglich – auch ein sehr großes Objekt“, sagte Rathaus-Mitarbeiterin Nadine Markmann im jüngsten Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen. Dass die Politiker hier überhaupt über dieses und ein weiteres Bauprojekt diskutierten und der Vorgang so öffentlich wurde, hängt damit zusammen, dass sie die Verwaltung einst beauftragt hatten, bei Bauvorhaben, die von der Norm des jeweiligen (Wohn-)Gebietes abweichen, mit ins Boot geholt zu werden. &bdquo;Das ändert aber nichts daran, dass allein die Verwaltung über den Bauantrag entscheidet“, so Erster Beigeordneter Thorsten Herbst. Lesen Sie auch: Immobilie im Kreis Gütersloh wird abgerissen: Fachmarkt eröffnet mit größerer Fläche Laut Investor Leon Ritz teilen sich die 21 Wohnungen in dem potenziellen Neubau mit zwei Geschossen und einem Staffelgeschoss (faktisch also drei Etagen) in 13 Zwei-Zimmer- (50 bis 63 Quadratmeter) und acht Drei-Zimmer-Wohnungen (77 bis 90 Quadratmeter) auf. Dazu kommen eine Tiefgarage mit 24 Stellplätzen sowie acht oberirdische Besucherparkplätze. Investor wolle keinen Ärger mit den Nachbarn haben &bdquo;Wir haben uns mit dem Entwurf, auch was die Architektur betrifft, sehr viel Mühe gegeben. Die Stadt Verl bekäme schönen Wohnraum – darauf bin ich megastolz“, sagte Ritz. Man habe das Wohngebäude mit Absätzen vertieft, sodass das Objekt wie drei Häuser wirke, obwohl es eins ist. Ritz: &bdquo;Und wir ziehen das ganze Objekt zurück, damit die Nachbarn nicht eingeschränkt werden.“ Aus optischen Gründen und weil es nicht so massiv wie ein Pultdach wirkt, möchte der Bauherr entgegen dem Bebauungsplan ein Flachdach installieren. &bdquo;So integriert sich das Objekt viele besser in die Bestandssiedlung“, so Ritz. Er wolle schließlich keinen Ärger mit den Nachbarn haben: &bdquo;Ich möchte den Leuten auf dem Schützenfest oder auf Verler Leben weiter ins Gesicht gucken.“ Leon Ritz machte aber auch deutlich, dass eine abgespeckte Version wirtschaftlich nicht darstellbar sei. Anwohnerin Sylvia Ottofrickenstein stellte nicht in Frage, dass in Verl Wohnraum geschaffen werden muss. &bdquo;Aber die Stadt hat auch eine gewisse Fürsorgepflicht und Verantwortung für eine Nachbarschaft“, sagte sie. &bdquo;Muss es wirklich ein solches Mammutprojekt sein?“ Und: &bdquo;Als wir hier unsere Grundstücke gekauft haben, waren an der besagten Stelle Doppelhaushälften vorgesehen. Dass sich die Struktur in der Stadtbevölkerung seitdem verändert hat, ist uns auch klar – aber muss es wirklich ein solches Mammutprojekt sein?“ Andere Anwohner machten darauf aufmerksam, dass der kleine Stichweg den zusätzlichen Verkehr nicht bewältigen könne. Das gelte auch für die Parkplatzsituation und die Müllbeseitigung. Die Politiker waren ob des Entwurfs nicht gerade euphorisch. &bdquo;Wir sprechen hier von einer großen Ausnahme. Nicht, dass das Schule macht“, gab Karl-Heinz Henkemeier (SPD) zu bedenken. &bdquo;Wir können nicht alles mit dem Argument der Wohnungsknappheit durchwinken“, betonte Paul Hermreck (FWG). &bdquo;Wir möchten die einzelnen Interessen der Beteiligten besser kennenlernen und den Fall in der Fraktion beraten“, sagte Matthias Humpert (CDU). Dem schlossen sich alle Fraktionen einstimmig an. Weiteres Bauprojekt löst weniger Bedenken aus Deutlich weniger skeptisch war die Stimmung beim zweiten Bauprojekt 650 Meter weiter am Westfalenweg. Hier sind zwei zweigeschossige Häuser mit Staffelgeschoss und fünf und sieben Wohnungen sowie eine Tiefgarage geplant. Hierfür soll ein bestehendes, bereits mehrfach erweitertes Haus abgerissen sowie die benachbarte Gartenfläche bebaut werden. Lesen Sie auch: Neue Immobilien für Gütersloh: Bekommt der Investor grünes Licht für Wohnungen? Architekt Eckhard Send stellte die Pläne vor. &bdquo;Das ist eine sinnvolle Nachverdichtung“, fand Paul Hermreck. &bdquo;Dieses Vorhaben sehen wir weniger kritisch“, betonte Matthias Humpert. &bdquo;Das Objekt fügt sich gut in die Umgebung ein“, sagte Martin Johannliemke (SPD). Auch in diesem Fall wird in den Fraktionen weiter beraten.

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