
Willebadessen. Wandern, Walken, Joggen – das alles geht im Wald bestens. Und der Gang in die Natur wird gerade in der Corona-Zeit gern genutzt. Spaziergänger suchen unter dem Blätterdach und entlang der Nadelbäume Erholung. Doch hatten am Pfingstwochenende „Betreten verboten"-Schilder in Willebadessen an den Wegen für Unverständnis, Unmut und heftige Reaktionen in den Sozialen Medien gesorgt. Konstantin Freiherr von Wrede hatte Teile des Waldes in seinem Privatbesitz für die Öffentlichkeit gesperrt.
Aus gutem Grund, wie er sagt. Denn Klimawandel und Trockenheit hätten den Forst arg in Mitleidenschaft gezogen. So sehr, dass von den Schäden „eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben" ausgehe. Von Wrede denkt unter anderem an die Kinder des Vitus-Kindergartens, die in den Bäumen in der Nähe des Prozessionsweges Brutkästen aufgehängt hatten.
Er befürchte auch daher regelmäßigen Besucherverkehr. Viele Buchen und Linden seien nahezu abgestorben. Ihre teils zentnerschweren Äste und die starke Last des frischen Blätterwerkes und der damit einhergehenden hohen Windanfälligkeit bildeten „ein erhebliches Verkehrssicherungsrisiko" für die Nutzer der Wege. Von Wrede sperrte die Zuwegung ins Waldgebiet mit Bauzäunen und Sicherheitshinweisen. So werde das Betreten des Weges, des Waldgebietes und der Alleen „nur noch auf eigenes, persönliches Risiko möglich".
"Spaziergänger fanden unsere Aktion super"
Leider sei kurz vor Pfingsten „ein in Privatbesitz befindlicher Teil der gut frequentierten Rundwanderwege durch den Besitzer gesperrt worden", hatten die Willebadessener Christdemokraten in ihren Facebook-Auftritt über die Sperrung informiert. Um Gästen und Wanderern, „und das werden über die sonnigen Feiertage sicherlich nicht wenige sein", so Ortsbürgermeister Uwe Cebul, trotzdem die Wanderung über Rundrouten zu ermöglichen, hatten die Mitglieder der Ortsunion „Hinweisschilder mit Leitpfeilen aufgestellt", berichtet Cebul. Diese „Umleitung" sei dann auch von zahlreichen Besuchern genutzt worden.

Die Wanderwege an der Vitus-Kapelle und dem Schmetterlingsweg seien nach vorheriger Ankündigung seitens des Eigentümers gesperrt worden. Daraufhin hatten sich die Parteifreunde im Baumarkt Pfähle besorgt, sie mit Infozetteln und Pfeilen versehen und flugs aufgestellt. „Spaziergänger fanden unsere Aktion super", sagt Cebul. „Es ging uns nicht darum, Namen zu nennen, sondern vor verschlossenen Wegen eine Lösung anzubieten", hält Cebul als Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins fest.
Ein Risikobereich
Doch entzündete sich angesichts der Schilder auch eine heftige Diskussion. Der Risikobereich, so von Wrede, erstrecke sich von der Vitus-Kapelle, der Lindenallee, über das Steinkreuz im Pascheberg bis zu den ehemaligen Klosterteichen am Rande des Kurparks. „Die Beseitigung der relevanten Bäume und Auflösung der Gefahrenquellen würde Kosten in Höhe von nicht weniger als 10.000 Euro verursachen", hält von Wrede in einem Schreiben an die Stadt und die Pfarrgemeinde als Ausrichter der traditionellen Vitus-Prozessionen im Juni fest und kündigte die Sperrung an. Eine Reaktion sei bis heute ausgeblieben, übt er Kritik. Das spreche Bände.
Ein Waldbesitzer habe Rechte, aber auch Pflichten, spricht dagegen Uwe Cebul gesetzliche Vorgaben an. Doch die Verkehrssicherheit sei nicht anders als durch aufwendige, kostenintensive Baumpflegemaßnahmen aufrecht zu erhalten, bemerkt von Wrede und fordert Verwaltung und Politik an einen Tisch. Seit dem Sturmtief „Friderike" im Januar 2018 fürchten die Waldbesitzer um auskömmliche Erträge aus dem Holzverkauf. Die Sozialpflicht eines Eigentümers gerate an eine Grenze, „wenn die die Sanierung eines Waldes die Erträge übersteigt", betont von Wrede. Es entspreche nicht seinem Gerechtigkeitsempfinden, einen Privateigentümer, dessen Besitz einen öffentlichen Nutzen habe, mit Kosten allein zu lassen oder auch zu belasten. Der Freiherr zieht den Vergleich zum Denkmalschutz.
Von Wrede fordert Gesamtkonzept
Im Ort sollte es zu einer Übereinkunft über die gesellschaftliche Nutzung privater Infrastruktur kommen. „Warum soll jemand privat Verantwortung und Kosten übernehmen, obwohl der Bereich öffentlich genutzt wird", fragt sich der Schlossherr und fordert den Ausgleich. Er kenne zahllose Beispiele, „wo man diese Konflikte wunderbar und gut aufgelöst hat", mahnt von Wrede ein Konzept an, das auch andere touristische Themen nicht ausklammert.
Über die Beiträge in den Sozialen Medien zeigt er sich entrüstet. Den Shitstorm, der sich auf den Seiten des CDU-Stadtverbandes entwickelt und auch zu persönlichen Beleidigungen geführt habe, empfindet er als eine willentlich angestoßene Hetzkampagne, „deren Verlauf billigend in Kauf genommen werde", wirft er den Verantwortlichen vor. „Nicht ein einziger Kommentar oder eine Moderation, die mäßigend wirkt", hält er fest. Es sei fürchterlich. An einer sachlichen Info habe niemand Interesse.
Alter Eintrag im Grundbuch gibt Auskunft
Zur Sachlichkeit trägt Bürgermeister Hans Hermann Bluhm bei, der einen Eintrag aus dem Jahr 1913 im Grundbuch zitiert. Dort werde „den Eingesessenen von Willebadessen" das Recht eingeräumt, die Wege zwischen der Vitus-Kapelle und den Fischteichen zu begehen und Prozessionen abzuhalten. Der Eintrag besage auch, „dass der Eigentümer des Gutes verpflichtet ist, diese Wege instandzuhalten".
INFORMATION
Das Regionalforstamt fragt nach
Von der beabsichtigten Sperrung des Waldes hatte das Regionalforstamt Hochstift keine Kenntnis. Die Zuständigkeit des Forstamtes beschränke sich ausschließlich auf den Wald und nicht auf die außerhalb des Waldes gesperrten Wegabschnitte, so Forstamtssprecher Jan Preller.Die Sperrung von Waldflächen bedürfe einer Genehmigung durch die Forstbehörde. Diese Genehmigung könne auf Antrag des Waldeigentümers und nur im Fall der im Landesforstgesetz genannten Gründe erteilt werden. „Diesbezüglich erfolgt derzeit eine Anhörung des Grundbesitzers", so Preller gegenüber der NW.Grundsätzlich bestehe in NRW ein freies Waldbetretungsrecht zum Zwecke der Erholung, das nur mit einer genehmigten Waldsperrung eingeschränkt werden könne. „Ob im vorliegenden Fall Gründe vorliegen, welche die Erteilung einer Genehmigung rechtfertigen, wird im Rahmen der Anhörung geprüft", sagt Preller.Im Fall „einer erkannten Megagefahr" könne der Grundeigentümer kurzfristig den Gefahrenbereich sperren. Eine Genehmigung sei anschließend bei der zuständigen Behörde zu beantragen. Eine Genehmigungsfähigkeit bestehe aber nur für die notwendige Dauer der Gefahrenbeseitigung.