Warburger Gemeindereferentin erklärt: Warum der Mensch Trost braucht

Warburg. Christina Bolte dreht an der Uhr. An der Uhr, auf der die Wochen im Jahreskreis vermerkt sind. Grün steht für die wachsenden Zeiten des Lebens, den Alltag, weiß für die Festzeiten um Weihnachten, Ostern und Pfingsten, Violett für die Wochen davor. &bdquo;Vorbereitungszeiten, die Fasten- und Adventszeit, Auszeiten“, sagt Bolte. Da ziehe sich das Leben ein wenig zurück, nehme wieder neuen Schwung auf. &bdquo;Jede Zeit hat ihre besondere Qualität“, sagt die Gemeindereferentin. &bdquo;Sie bieten Chancen, unterschiedlich das eigene Leben in den Blick zu nehmen.“ Und fragt als Thema der aktuellen Zeit nach dem Trost. &bdquo;Die Natur zieht sich zurück, alles wird leer“, blickt sie in ihrem Büro durch das Fenster auf das welkende Laub der Alleebäume vor dem Kirchenschiff von St. Johannes Baptist. In der katholischen Kirche stehen die Gedenktage Allerheiligen und Allerseelen an. &bdquo;Tod und Trauer, wie gehe ich damit um?“, fragt Bolte. Doch sehnen sich die Menschen nicht nur nach Trost, wenn jemand stirbt. Trennung, Verlust, Krankheit, das Kind, das sich wehgetan hat, spricht sie Weiteres an. Auch lieb gewordene Dinge, die sich verändern, hat sie die Situation ihrer Kirche im Kopf. Das alles führt zum psychischen Schmerz, wirft den Menschen auf sich selbst zurück, trennt ihn vom Alltag und Lebensumfeld, höhlt den Lebenswillen aus. Die Seele trauert. &bdquo;Ein weites Feld“, sagt Bolte. Es gebe vieles, das individuell nach Trost verlange. Trost hat viele Facetten Ein menschliches Bedürfnis, das Bolte und Pastor Andreas Wilke als Thema in den Blick nehmen und gemeinsam mit dem Pastoralrat in den Gemeinden etablieren wollen. &bdquo;Und ab Samstag, 2. November, auf vielfältige Weise angehen“, kündigt Bolte an. &bdquo;Dabei stehen mehrere Facetten des Trostes im Fokus, der aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden wird“, fügt Wilke an. Mittels einer Ausstellung von Trost-Bildern etwa, die Schülerinnen und Schüler des Marianum in der Neustadt-Kirche zeigen, einem Austausch in Lagerfeuer-Atmosphäre, einem Angebot für Familien, einer Kreativwerkstatt, einer Autorenlesung und einer Exkursion zur Künstler-Nekropole nach Kassel. Die Angebote sind offen für alle. Lesen Sie auch: Wenn der Tod zu teuer ist - immer mehr Sozialbestattungen in Höxter &bdquo;Den Trost beschreibt der Philosoph Jean-Pierre Wils als Ummantelung des Leids“, sagt Bolte. Trost ändere nichts an den Tatsachen, &bdquo;aber an deren Verarbeitung“, sagt sie. Helfe, der Spirale der Niedergeschlagenheit und des gefühlten Alleinseins zu entkommen, aus einem verengten Raum wieder ins Weite zu gelangen. Trost biete dem, der Trauernden, der belegten Seele einen Raum, wieder Möglichkeiten zu finden, mit dem Schmerz und der Angst umzugehen. Zu schauen, &bdquo;wie kann es weiter gehen“. Trost als ein positiv besetzter Begriff Trostreiche Zeiten, Trost spenden, vertrösten, getröstet sein, untröstlich sein, nicht ganz bei Trost sein, trostlos. Redewendungen und Beschreibungen, die aktuell nicht mehr so gängig seien. Dabei gehöre Trost zu den Wörtern, &bdquo;die uns anrühren“, sagt Bolte. Wie Heimat, Fernweh, Sehnsucht. Positiv besetzte Begriffe. Gut zu wissen, es gibt etwas in meinem Leben, das mich tröstet. Da lohne es sich, genauer hinzuschauen, gibt sie ihre Erfahrung wieder. Sich abseits romantisierender Vorstellungen zu fragen, &bdquo;was tröstet mich, wie spende ich Trost.“ Das könne ein Baumblatt sein, das von der Natur, ein Foto, das von einem Menschen erzähle, Musik, eine Geschichte, ein Gedicht, ein Wort, eine kurze Begegnung, eine haltende Hand, eine umarmende Geste. &bdquo;Und mein Glaube“, fügt sie an. Der Mensch solle die Augen offen halten für dasjenige, was ihm selbst oder anderen guttue. &bdquo;Es scheint, als wäre uns der Trost abhandengekommen“, weist Bolte dann auf die derzeit trübe Stimmung im Land hin. Krieg und Krisen belasten, bergen kaum tröstliche Gedanken. Sie schlägt dagegen vor, die Zeit zu nutzen, auch um innezuhalten. Und im nebeligen November nicht allein banal getrimmt oder zynisch abgeklärt auf die Vergänglichkeit alles Lebenden hinzuweisen. Der Mensch benötige in seinem Hier und Jetzt einfach auch einmal die lindernde Kraft des Trostes.

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