Blauzungenkrankheit im Kreis Höxter: Winzige Mücke bedroht Warburger Wisente

Warburg-Scherfede. Mitte der Woche warnte der Schafzuchtverband, am Freitag meldete der Kreis Höxter einen ersten Fall: Der Virus, der die Blauzungenkrankheit auslöst, hat jetzt die Region erreicht. Im Waldinfo Hammerhof sorgen sich die Mitarbeitenden um die Tiere in den Gehegen. Vor Jahren hatte die Seuche bei den Wisenten in den beiden Hardehausener Herden arg gewütet. &bdquo;Eine Katastrophe“, sagt Hammerhofleiter Jan Preller. Erst im September vergangenen Jahres, jetzt wieder ein erster Befall in den Niederlanden. Die Tierseuche, ungefährlich für den Menschen, sei sprunghaft herübergeschwappt, schildert Preller den zeitlichen Verlauf. &bdquo;Ohne das kühle Frühjahr wäre sie längst da“, macht sich der Forstexperte keine Illusionen. Übertragen werden die Viren von einer Mücke. &bdquo;Vom Stich der Gnitzen“, sagt Preller. &bdquo;Blutsaugende Minimücken, wenige Millimeter groß.“ Lesen Sie auch: Blauzungenkrankheit im Kreis Höxter bei einem Schaf nachgewiesen Die Blauzungenkrankheit kann tödlich enden. Ein lahmendes Bein, ein staksiger, steifer Gang könnten erste Symptome sein, schildert Preller erste Anzeichen bei Schafen. &bdquo;Geschwollene Maulpartien, geschwollene Köpfe, Speichelfluss, Pusteln und Krusten an Kopf und Maul, Fressunlust, Apathie, Schmerzlaute, stetiges Maulöffnen, Nasenausfluss, Rotznase, geschwollene, blaue Zunge“, doch seien die Symptome vielfältig, &bdquo;treten einzeln oder zusammen, in unterschiedlicher Schwere und Reihenfolge auf“. Ein Drittel der Wisentherde verendet elendig Empfänglich für das Virus sind auch Wiederkäuer wie Ziegen oder Rinder. &bdquo;Aber auch Lamas, Alpakas oder wiederkäuende Wildtiere können erkranken“, schreibt der Kreis. Für Menschen und andere Tiere bestehe keine Gefahr. Der Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten sei unbedenklich. Die letzten Nachweise aus dem Kreis Höxter hatte es im Jahr 2007 gegeben. Damals hatte die Seuche besonders im Wisentgehege in Hardehausen gewütet, waren zehn der damaligen 35 Wisente auf den Wiesen an der Krankheit elendig verendet. Und mit jedem Todesfall war die Sorge um die Zuchterhaltung gestiegen. Unter den Opfern waren auch Zuchtbullen sowohl der Flachland-, als auch der Bergwisentherde. Damit hatte das Programm der Nachzüchtung in dem Gehege einen herben Rückschlag erlitten. Zum Schutz der größten und schwersten Landsäugetiere Europas hatte man vor 66 Jahren das Gehege in Hardehausen, das vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW unterhalten wird, gegründet. Wisente galten seit 1927 als ausgestorben. Ein Nachzuchtprogramm begann 1923. Weltweit gibt es heute wieder etwa 7.200 Tiere, der Großteil lebt im östlichen Europa wieder in freier Wildbahn. Schmerzliche Bilder in Hardehausen &bdquo;Wir haben damit gerechnet“, sagt Preller voller Sorge. Die Krankheit sei seit dem Herbst im Haus immer wieder ein Thema gewesen. &bdquo;2007 hatten die Tiere extrem gelitten“, weiß Preller vom ehemaligen Wisentförster Rainer Glunz und von Wisentwart Hans-Josef Böning. Sie waren damals dabei. Die Lage dramatisch: &bdquo;Hohes Fieber, die Schleimhäute angegriffen, apathisches Verhalten“, zitiert Preller aus ihren Erinnerungen. &bdquo;Die Tiere suchten bewusst die Nähe zum Wasser.“ Um sich zu kühlen. Ihm laufe es bei den alten Geschichten kalt den Rücken herunter, sagt Preller dann und erinnert an &bdquo;Pokemon“. Der Bulle und stattlicher Werbeträger des Zuchtgeheges, sei nach elf Tagen qualvoll eingegangen, ruft er schmerzliche Bilder hervor. Der absolute Tiefpunkt in der erfolgreichen Geschichte der Hardehausener Zucht. &bdquo;Bei den morgendlichen Kontrollfütterungen schauen wir jetzt natürlich besonders genau hin“, merkt Preller an. &bdquo;Im Moment ist es ruhig.“ Innerhalb der Herde der Flachlandwisente tolle der Nachwuchs. Der erste von Zuchtbulle &bdquo;Deisterix“, der vor einem Jahr aus Springe kam. Schutz wird bei den Wisenten zum Problem Drei neu entwickelte Impfstoffe sind auf dem Markt. Seit dem Juni und noch ohne Zulassung. &bdquo;Aber mit Gestattung freigegeben“, erklärt Preller. Ermöglicht durch eine Eilverordnung des Bundesministeriums. Die Impfung biete derzeit den einzigen effektiven Schutz vor klinischen Symptomen und vor der Ausbreitung der Blauzungenkrankheit, sagt Jens Tschachtschal, Leiter der Abteilung Veterinärdienst und Lebensmittelüberwachung des Kreises Höxter. &bdquo;Sie wird dringend empfohlen.“ Die Anwendung bei den Wisenten soll mit dem Tierarzt abgeklärt werden. &bdquo;In Bezug auf die Wirksamkeit“, sagt Preller. Bleibe die Frage nach der Verfügbarkeit. Auch sei die Impfung selbst eine Herausforderung: &bdquo;Eine riesige“, hält Preller fest, &bdquo;der wir uns stellen“. Die Injektion erfolge über das Gewehr. Obwohl die Tiere im Gehege leben, seien es immer noch wilde und sehr schlaue Tiere, denen schlecht beizukommen sei. Selbst in der Futter-Fang-Anlage und beim Verabreichen von Medikamenten. Doch könne die Strategie nicht darauf ausgelegt sein, still abzuwarten, ob der Virus am Tal, das ein mückenfreundliches Kleinklima als Einfallstor vorhalte, vorbeiziehe. &bdquo;Wir werden aktiv impfen, in der Hoffnung, dass der Stoff auch bei Wisenten wirkt“, kündigt der Hammerhofleiter an. Arbeit über Jahrzehnte in Gefahr Anders als im landwirtschaftlichen Bereich interessiere weniger die wirtschaftliche Situation, als der Erhalt des wertvollen genetischen Materials, blicken die Verantwortlichen auf den Bestand. Schwere und tödliche Verläufe: &bdquo;Wenn die Seuche wieder reinhaut und wir wieder ein Drittel verlieren, dann ist die Arbeit über Jahrzehnte in Gefahr“, fürchtet Preller zudem Folgeschäden bei den Tieren, die möglicherweise die Zucht beeinträchtigen. Besucherinnen und Besucher seien trotzdem gern eingeladen, sich die stolzen Hornträger und ihren Nachwuchs in den Gehegen anzuschauen. Der Besuch im Hammer- und Schwarzbachtal: &bdquo;Wunderschön“, wirbt Preller. Wenn da nur nicht die Minimücke wär’.

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