Warburg. Drei Tage lang haben sich in dieser Woche junge Menschen über ihre Lebenswelt Gedanken gemacht, Themen benannt, diskutiert und Vorschläge in Form ausgearbeiteter Anträge zu Papier gebracht. Die „Nachhaltigkeitskonferenz“, eine nachgestellte parlamentarische Ausschusssitzung, bildete am Donnerstag den Abschluss des Demokratie-Planspiels „Pimp My Future“ des Hannoveraner Vereins „Politik zum Anfassen“. Die Tagesordnung der Jugendlichen, die unter dem Vorsitz von Bürgermeister Tobias Scherf im Pädagogischen Zentrum tagten, war prall gefüllt.
„Diese junge Generation kann und will noch mehr Eigenverantwortung und Einfluss“, heißt es in dem Planspiel des Vereins. Das Interesse am politischen Geschehen in der Stadt fand sich auch in der Hansestadt. Rund 100 Jugendliche aus den Jahrgangsstufen 9 und 10 der beiden Warburger Gymnasien nahmen am Projekt teil.
Überrascht über das Engagement, zeigte sich Ratsherr Anton Güthoff gleich zu Beginn der Sitzung. Der Christdemokrat freute sich über „die guten Ansichten und Vorschläge der Jugendlichen“. Gemeinsam mit seinen Ratskollegen Rainer Kobusch und Heinz-Josef Bodemann von der CDU, Rainer Backhaus (SPD) und Hermann Ludwig (Grüne) hatte Güthoff zuvor in den von den jungen Schülerinnen und Schüler drei gebildeten Komitees „Planet“, „Mensch“ und „Gleichgewicht“, ähnlich den Fraktionen in einem Parlament, Tipps zur Debattenkultur gegeben und über Verfahren und Arbeit in kommunalpolitischen Gremien informiert. Mitarbeiter aus den Fachbereichen der städtischen Verwaltung hatten an den Tagen zuvor Einblicke in verwaltungstechnische Strukturen und Abläufe gegeben.
Die Themenfelder breit gefächert
„Wenn Politiker kommen, merken sie, dass sie ernst genommen werden“, benennt Natalie Nekolla, Projektleiterin vom Verein „Politik zum Anfassen“, die Bedeutung, Wertschätzung zu erfahren. Dessen Team hatte in Warburg bereits bei der Aktion „Jugend entscheidet“ der Hertie-Stiftung die jungen Menschen dabei unterstützt, Einfluss zu nehmen. Am Ende hatten sich die Jugendlichen im Stadtrat einen Skatepark erstritten, der nun in der Diemelaue entstehen wird.
15 Anträge lagen jetzt in der zweieinhalbstündigen Sitzung der Nachhaltigkeitskonferenz vor. Über sie sollte jeweils diskutiert und abgestimmt werden. Die Themenfelder breit gefächert: Vom gewünschten Fahrstuhl in den Schulgebäuden und der Einrichtung von Schulgärten und neuen Wasserspendern über preisgünstige Bürgertickets in Bus und Bahn sowie der Ausbau des ÖPNV und der Radwege, Ideen zur Lebensmittelrettung, Meldestellen für Menschen, die unter Diskriminierung und Mobbing leiden, Nachhaltigkeits-Workshops und Arbeitsgemeinschaften, „die auf das Leben vorbereiten“, in den Schulen bis hin zu Klimaschutz und Mülltrennung an den Straßen und Plätzen der Stadt.
Gesellschaftlich bewegen die Themen Armut und Ungleichheit die Jugend. Vieles ist aus der Perspektive der Jugendlichen wichtig. „Und gar nicht so weit weg von dem, was wir auf dem Zettel haben“, bemerkt Lokalpolitiker Güthoff. Darunter das Leben in der Innenstadt.
Autofrei und mit jeder Menge Grün
Zu großen Teilen autofrei und mit jeder Menge Grün versehen sollte es nach der Meinung der jungen Warburgerinnen und Warburger sein. Auch vermissen sie einen Treffpunkt für alle Generationen. Derzeit präsentiere sich die Einkaufsmeile recht einseitig, viele der Gebäude stünden leer, hielten die Schüler fest.
„Um die Wirtschaft anzukurbeln, aber auch um soziale Aspekte wie das Aufeinandertreffen von Generationen zu erfüllen, ist uns der Umbau ein Anliegen“, hieß es im Antrag, der eine attraktive Gewerbezone, in der durch viel Pflanzenbewuchs eine ruhige Atmosphäre entstehe, fordert. Der grüne Umbau begegne dem Klimawandel. Derzeit wird von Verwaltung und Rat ein Integriertes städtebauliches Konzept (ISEK) für den zentralen Stadtbereich erarbeitet. Da sollten auch die jungen Stimmen gehört werden.
Über die gestellten, begründeten und mit Finanzierungsvorschlägen versehenen Anträge wurde formal abgestimmt, Mehrheiten der Zustimmung oder Ablehnung fanden sich. Sie wurden zu Protokoll genommen. „Und werden nicht in der Schublade landen“, hofft Alexander Akel, im Behördenhaus Projektkoordinator des Bundesprogramms „Demokratie leben“, das die Tage mit 6.900 Euro sponserte. Die Themen sollten auf die Agenda der kommunalpolitischen Gremien kommen. Kein Schaulaufen also, die Beschäftigung der jungen Menschen mit Demokratie und Lokalpolitik sollte in der Stadt konkrete Wirkung entfalten. „Das ist wünschenswert“, betont Natalie Nekolla.